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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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wie eine silberne Zündschnur. »Hier.« Er warf Logan die an eine Mini-Dynamitstange erinnernde Packung zu. »Betrachten Sie’s als vorgezogene Weihnachtsgratifikation. Und jetzt ab mit Ihnen an die Arbeit.«
    Die Kollegen von der Lothian and Borders Police zeigten sich hocherfreut, als sie hörten, dass Logan eine Leiche in der Gerichtsmedizin hatte, bei der es sich möglicherweise um Geordie Stephenson handelte. Aber bevor sie eine Riesenparty mit Torte und Luftballons schmissen, wollten sie doch erst einmal sichergehen, dass es sich bei Logans Kandidaten wirklich um Malk the Knifes Mann fürs Grobe handelte. Also mailten sie ihm alles, was sie über den Kerl auf Lager hatten: Fingerabdrücke, Vorstrafenregister und ein schönes großes Foto, das Logan sich in Farbe ausdruckte, und zwar gleich zwölfmal. Geordie hatte ein großes Gesicht mit groben Zügen, eine auffällige Fönfrisur und einen Pornostar-Schnauzbart. Genau das richtige Gesicht, um damit unter Androhung von Gewalt Geld einzutreiben. Als Leiche sah er zwar um einiges ramponierter und bleicher aus, aber es handelte sich eindeutig um denselben Mann, den sie mit abgehackten Knien aus dem Hafenbecken gezogen hatten. Völlige Gewissheit brachten schließlich die Fingerabdrücke, die exakt übereinstimmten.
    Logan rief die Kollegen in Edinburgh an, um ihnen die Neuigkeit mitzuteilen. Geordie Stephenson trieb seine Schulden jetzt in den ewigen Jagdgründen ein. Die Kollegen versprachen Logan, ihm ein Stück Torte zu schicken.
    Nachdem sie den Mann nun eindeutig identifiziert hatten, mussten sie nur noch herausfinden, wer ihn umgebracht hatte. Und Logan wäre jede Wette eingegangen, dass es etwas mit Geordies Spielleidenschaft zu tun hatte. Das hieß, dass sie als Erstes die Aberdeener Buchmacher abklappern mussten. Den Leuten Geordies Konterfei vor die Nase halten und beobachten, wer dabei ins Schwitzen kam.
    Auf dem Weg nach unten schaute Logan noch rasch in seiner kleinen Soko-Zentrale vorbei, um sich zu vergewissern, dass weiterhin alles reibungslos lief. Auf Inschs Anweisung hatte er sich eine Polizistin gesucht, die den Telefondienst übernahm und die Hausermittlungen koordinierte. Die junge Frau hatte strohblondes Haar und dichte Augenbrauen und machte einen tüchtigen Eindruck. Sie saß an dem überfüllten Schreibtisch, trug ein Headset und nahm gerade eine weitere mutmaßliche Identifizierung des toten Mädchens zu Protokoll. Anschließend erstattete sie Logan Bericht über die jüngsten Entwicklungen, was ganze drei Sekunden in Anspruch nahm: Es gab keine. Sie versprach, ihn auf dem Handy anzurufen, falls sich daran etwas ändern sollte.
    Nachdem das erledigt war, musste er nur noch Constable Watson vom Gericht abholen und loslegen.
    Watson saß noch im großen Verhandlungssaal, wo sie die Zeugenaussage eines hünenhaften jungen Mannes mit Pockennarben im Gesicht verfolgte. Als Logan neben ihr Platz nahm, blickte sie auf und lächelte.
    »Wie läuft’s?«, flüsterte er.
    »Allmählich wird’s interessant.«
    Der junge Bursche im Zeugenstand war kaum älter als einundzwanzig. Der Schweißfilm auf seinem fleischigen, geröteten Gesicht glänzte im hell erleuchteten Gerichtssaal. Er war ein Koloss. Nicht fett, nur starkknochig. Massiger Unterkiefer, Hände wie Schaufeln, lange, sehnige Arme. Der graue Anzug, den die Staatsanwaltschaft ihm geliehen hatte, damit er einen glaubwürdigeren Zeugen abgab, war ihm viel zu klein und spannte bei jeder Bewegung an den Nähten. Seine schmutzig blonden Haare sahen aus, als seien sie längere Zeit nicht mehr mit einem Kamm in Berührung gekommen, und er fuchtelte nervös mit seinen gewaltigen Pranken herum, während er nuschelnd von seiner Begegnung mit Gerald Cleaver berichtete.
    Ein elfjähriger Junge, den sein Vater im Suff so schlimm verprügelt hat, dass er drei Wochen im Kinderkrankenhaus in Aberdeen verbringen darf. Und da kommt er dann vom Regen in die Traufe. Gerald Cleaver, der auf der Station Nachtdienst hat, praktiziert seine ganz eigene Form der »Krankenpflege«, während das Kind ans Bett gefesselt ist. Zwingt es zu Handlungen, die einem Pornodarsteller die Schamröte ins Gesicht treiben würden.
    Der Staatsanwalt entlockte ihm behutsam die Einzelheiten; seine Stimme blieb sanft und beruhigend, auch als die Tränen zu fließen begannen.
    Während der Junge sprach, wandte Logan seine Aufmerksamkeit abwechselnd dem Angeklagten und den Geschworenen zu. Die fünfzehn Männer und Frauen schienen

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