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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Waagschale geworfen. Ich hoffte jetzt, er habe die peinlichen Ereignisse vergessen oder doch wenigstens, dass ich ihm noch geschätzte 20 Euro für die Zeche schuldete.
    Aber Maletzke war nicht anwesend. Hinter dem Tresen spülte eine mürrisch dreinblickende Studentin Biergläser, eine zweite hockte am Stammtisch und lackierte sich mit großer Ausdauer die Fußnägel. Es gab auch nicht viel zu tun, ganze drei Gäste saßen vor ihren Getränken, ein depressiver Angestellter, der in einen Colarest hineingrübelte, ein Jungmann, dessen Blick dem Flachbildschirm galt, auf dem nicht mehr Erika Walnüsse knackte, sondern der Sänger Sting ein Konzert absolvierte, und eine mächtige Frau um die Dreißig, nicht dick, sondern durchtrainiert, kurze blonde Haare und damit beschäftigt, der Nagelarbeit der Serviererin zuzuschauen.
    Ich bestellte mit lauter Stimme ein Bier und machte mir sofort zwei Feindinnen. Die Studentin hinter dem Tresen schreckte auf und warf mir einen Blick zu, der nichts Gutes verhieß, ihre Kollegin murmelte, ohne von ihren Zehen aufzusehen, »dann geh halt zu Jessica an die Theke und hol dir eins.« Ich ging zu Jessica an die Theke und holte mir ein in 7 Sekunden gezapftes 7-Minuten-Pils. Sie verlangte Vorkasse und ich das Wechselgeld bis auf den letzten Cent zurück. Das »Café Noir« schien wahrlich nicht der Ort, meinen Freundeskreis entscheidend zu vergrößern.
    In Ordnung. Schnell austrinken und gehen, hier gab es keine Künstler. Ich fragte dennoch: »Kennt hier einer Isländer?«, was keine Reaktion hervorrief – nein, stimmte nicht. Die blonde Walküre schwenkte ihre Augen von der Nägelbemalung zu mir hinüber, betrachtete mich genau und sagte dann, mit überraschend hoher Stimme: »Darfs auch eine Isländerin sein?« Ich nickte. »Dann hast du gerade eine gefunden. Komm und setz dich her, mir ist sowieso langweilig. Mein Name ist Nancy Halgrimsdottir und bring mir noch ein Bier mit.«

229
    Es stellte sich rasch heraus, dass auch Nancy Halgrimsdottir nicht auf dem Laufenden war, was die Entwicklung der hiesigen Kneipenszene anbetraf. Ein ausgiebiges Stipendium im italienischen Bologna – denn natürlich war Nancy Bildhauerin und arbeitete in Schwermetall – hatte sie von hier ferngehalten und jetzt, kurz nach ihrer Rückkehr, musste sie feststellen, dass die Karawane des Hippen und Trendyhaften das »Café Noir« längst verlassen hatte und anderswo weilte. Das bereitete mir gehörige Sorgen, denn es war zu befürchten, auch die »Bauernschenke« komme über kurz oder lang in den Genuss unserer Künstler- und Schriftstellerszene.
    Nancy Halgrimsdottir war keine Frau, die man schönsaufen konnte, was mir sehr entgegenkam, denn ich hatte mir vorgenommen, mich nicht an Alkohol zu gewöhnen. Die isländische Walküre WAR schön, auf ihre Art, ein Muskelpaket mit originellen Zügen, wachen Augen in einem intelligenten Gesicht, vollständig in dicke Cordstoffe gekleidet, die Hände die eines malochenden Arbeiters, mit Schwielen und hervortretenden blauen Äderchen. Das Auffälligste an ihr war jedoch die Körpergröße. Lichte 1,90, schätzte ich, eher mehr, sofort wünschte ich mir, es gäbe viele saudiarabische Frauen von solcher Statur, die sich verbotenerweise hinter das Lenkrad eines Autos setzten und losfuhren, je dem keifenden Mann den Stinkefinger zeigten und bei Bedarf auch eine Faust in die Machoschnauze hauten. Nun ja, Mann wird mal träumen dürfen.
    »Wieso willst du eigentlich Isländer kennenlernen?«, fragte Nancy, »Ist das eine neue Form von perversem Sex? Mit Tieren ist out, jetzt Isländer?« Sie meckerte ein gefährliches Lachen und leerte ihr Glas wie nicht anders zu erwarten auf ex, hielt es in Richtung der noch immer mit Zehenkunst beschäftigten Bedienung hin und erklärte: »Entweder das Glas hier ist in drei Minuten voll oder ich steck dir deine Käsestangen einzeln und nacheinander in den Arsch oder wahlweise sonst wo hin.« Oha. Der deprimierte Angestellte am Nebentisch sprang sofort auf, warf einen Schein auf den Tisch und machte sich aus dem Staub. Der von Sting schwer gepackte Jugendliche glotzte seinen Was-geht-hier-ab-Blick, das Mädchen hinter der Theke hatte »zu tun« und verschwand in der Küche. Die mit zehnfacher Penetrierung bedrohte Serviererin blies hektisch den Nagellack trocken, erhob sich und watschelte auf den Fußballen zum Bierhahn. »Geht doch«, sagte Nancy Halgrimsdottir und dann: »Und nun zu dir. Also? Was ist dein Begehr?«
    Ich erzählte

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