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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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waren in das Spielchen eingeweiht, das Lothar und Georg veranstaltet haben. Lothar hatte irgendwie herausgefunden, was seine Schwester Lydia in der Spedition trieb, die Sache mit den Osterhasen, den geheimen Nachrichten. Oder hatte Georg es herausgefunden? Ja, ich glaube, es war Georg. Und hat es Ihnen dann erzählt, er vertraute Ihnen. Sie haben das Ganze in die Hand genommen, das war Ihre Chance, aber es wurde gefährlich. Der Konsul mit seinen Leuten, die Gebhardts – und dann verschwindet Georg, dann wird Lothar ermordet, Sie geraten in Panik. War doch so, oder?«
    »Ich verstehe kein Wort.« Krause war es warm geworden. Er hörte die eine da draußen rumoren, Schubladen ziehen, Türen öffnen und schließen.
    »Und dann der Doktor«, fuhr Oxana fort. »Dem war die Sache mit dem Bergwerk zu heiß geworden, wahrscheinlich hatte er auch noch moralische Skrupel. Aber sie brauchten das Geld. Haben Sie Leute angeheuert? Die Sie beschützen sollten, die Drecksarbeit für Sie erledigen? Könnte ich mir vorstellen. Oder haben Sie sich mit einem der beiden Konkurrenten geeinigt? Einen Deal vorgeschlagen? Großmuschelbach als ideales Experimentierfeld für die geldlose Gesellschaft? Oder war es ganz anders? SIE haben Georg und Lothar beseitigt, der Doktor war Ihnen zusätzlich in die Quere gekommen?«
    Nancy erschien in der Tür. »Ester? Kommst mal? Da steht ein Schrank im Weg.« Das war die Gelegenheit. Die Frau zu seiner Linken erhob sich, machte zwei Schritte weg. Krause sprang auf, zog dabei die Waffe aus der Tasche, machte selbst zwei Schritte zu Sonja Weber hin, riss sie herum, packte mit einer Hand ihren Hals, drückte ihr mit der anderen den Lauf des Revolvers gegen die Schläfe. »Die Märchenstunde ist vorbei, meine Damen!« Haha, wie sie nun dastanden, Statuen, Kunstwerke! »Alle zum Sofa! Hinsetzen!« Sie taten es, es wurde eng. Krause überlegte. Alle töten? Zu laut, zu viel Sauerei, zu auffällig. Abhauen, Sonja als Geißel mitnehmen? Auch nicht die beste Idee. Außerdem war Wegrennen nicht seine Sache, hatte er nie gemacht. Er war immer an seinem Ort geblieben, passiv, aus dem Hinterhalt agierend. Ihm fehlte das Charisma des Doktors, aber er war einfach --- cooler? Ja, so sagte man das heute. Er war eine coole Sau.
    Er musste warten. Auf IHN warten. Blick zur Uhr. Knappe halbe Stunde, dann wäre er hier, war so abgemacht, hoffentlich verspätete er sich nicht. Bis dahin die Furien in Schach halten. Immer aufmerksam sein, nicht nachlassen. Es wurde ihm immer heißer, er schwitzte. Roch Sonjas Haare, roch Sonjas Angst. Er würde schießen, gar kein Zweifel. Das war seine Chance, niemand sollte sie ihm vereiteln.

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    »Sorry«, hatte Honig gesagt und seine Hand, die zwischen Hermines Beinen lag, zurückgezogen. Was sollte sie jetzt davon halten? Erleichtert sein? Vielleicht war es nur eine Steigerung des perfiden Spiels. Du schöpfst Hoffnung – und dann wendet sich das Blatt wieder, der Fall ist umso tiefer, umso traumatischer. »Ich will mir ja dieses Machogehabe abgewöhnen«, erklärte Honig, »ich verehre die Frauen, schließlich bin ich selbst irgendwie eine.« Ach so, klar. Hermine sagte nichts. Sie starrte durch die Frontscheibe des Wagens, versuchte zu erkennen, wohin Honig mit ihr fuhr. Sie waren auf dem platten Land, die Namen auf den Wegweisern sagten ihr nur, dass sie sich von der Stadt entfernten. Irgendwann bremste der Wagen ab und bog in einen Feldweg ein.
    Sie würde sich wehren. Eine Hermine ging mit fliegenden Fahnen unter, das war schon immer so gewesen, auch wenn diese Schlacht ihre letzte sein sollte. Bloß nicht an Jonas denken. Der war alt genug, der würde klarkommen. Nicht an Moritz denken. Der war zu alt, um selbst klarzukommen, aber er würde jemand anderes finden, der ihm dabei half. Sie beruhigte sich tatsächlich. Was schlecht war. Sie sollte sich aufregen, wütend werden, Energie sammeln. Diesem Schwein ins Lenkrad greifen, versuchen abzuhauen. Vor ihnen tauchte zwischen den kahlen Bäumen ein Haus auf. Holzhaus, Ferienhütte, was auch immer. Kein Prunkbau, Blumenkästen vor den Fenstern, ein wenig verkommen, hätte mal wieder einen Anstrich nötig gehabt. Honig stellte den Wagen vor der Tür auf einer kleinen Lichtung ab, das Motorgeräusch wich einer idyllischen Stille ohne Vogellärm, irgendetwas tickte. »Wir wären da, Gnädigste. Bitte ganz langsam aussteigen. Keine Fluchtversuche. Zwecklos.«
    Die Frau, die durch das Fenster hinaussah, musste Lydia Gebhardt sein.

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