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Die Ehre der Königin

Die Ehre der Königin

Titel: Die Ehre der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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können, sollten wir sie wenigstens für unsere Zwecke nutzen.
    Die Graysons wissen nur, daß ein havenitisches Gericht Captain Harrington des Mordes an der kompletten Crew eines havenitischen Frachtschiffes für schuldig befunden hat. Natürlich besteht Manticore darauf, daß der ›Frachter‹ in Wirklichkeit ein Q-Schiff gewesen sei, das auf frischer Tat bei einer kriegerischen Handlung überrascht wurde (siehe Band 1: »Auf verlorenem Posten«) – was würde Manticore auch sonst behaupten sollen? Allein die Tatsache, daß ein Gericht Harrington schuldig gesprochen hat, wird einen gewissen Prozentsatz der Graysons davon überzeugen, daß sie wirklich schuldig sein muß – ganz besonders, weil sie eine Frau ist.
    Wir haben nichts weiter zu tun, als auf ihre ›bewiesene Schuld‹ in eher traurigem als wütendem Ton hinzuweisen und den ›Zwischenfall‹ als die Katastrophe hinzustellen, zu der es zwangsläufig kommen muß, wenn man jemanden mit den Schwächen einer Frau mit dem Kommando über ein Kriegsschiff betraut.«
    Michaels nickte langsam. Er verspürte ein Schuldgefühl, das ihn überraschte, aber Masterman hatte recht. Die örtlichen Vorurteile machten es wahrscheinlich, daß die Einheimischen eine Geschichte akzeptierten, die auf einem zivilisierten Planeten niemand auch nur eine Sekunde lang geglaubt hätte.
    »Sehen Sie, Captain?« fragte Masterman ruhig. »Damit können wir den Schwerpunkt der graysoninternen Debatte über Manticores Angebot vom kaltblütigen Abwägen von Vorteilen zu einer emotionalen Ablehnung dank der eigenen Vorurteile verlagern. Und wenn ich im Laufe der Jahre eins gelernt habe, dann ist es die Tatsache, daß beim Aufeinandertreffen von unreflektierter Emotion und kühler Vernunft die Emotion stets die Oberhand behält.«
     
    »… und dies, Gentlemen, ist unsere Operationszentrale.« Nach manticoranischen Standards war Andreas Venizelos klein. Sämtliche graysonitischen Offiziere im Raum überragte er jedoch um Zentimeter. Er deutete auf die schimmernden Installationen.
    Admiral Yanakov gelang es, nicht überwältigt zu keuchen; aber als er sich die ausgezeichneten Instrumente anschaute, juckten ihm die Handflächen. Der Holotank durchrnaß mehr als drei Meter, und die Flachbildschirme rings um den Tank zeigten jedes einzelne Schiff im Umkreis von zehn Lichtminuten um Grayson. Und das nicht nur als eine einzelne, durch Farbcodes kommentierte Lichtkennung für Gruppen von Fahrzeugen, sondem als individuelle Einheiten mit graphischen Darstellungen von Masse und Vektor.
    Yanakov trat an einen der Gasten heran und sah dem Mann über die Schulter. Der junge – oder jung aussehende – Mann zeigte mit keiner Regung, daß er sich der Nähe des Hochadmirals bewußt war. Yanakov wandte sich wieder an Venizelos.
    »Könnten Sie den Holotank hochfahren, Commander?«
    Venizelos schaute Yanakov einen Augenblick lang an und dann an ihm vorbei.
    »Captain?«
    Yanakov bemühte sich, sein Gesicht unbewegt zu halten, dann drehte er sich um. Hinter ihm stand Captain Harrington. Ihr gemeißeltes Gesicht verriet keinerlei Emotion. Yanakov zwang sich, ihr in die Augen zu sehen. Das Gefühl der Fremdheit schwoll jedesmal an, wenn er ihre Uniform sah, statt abzuebben, und er vermutete, daß sie aus dem gleichen Gefühl heraus die Aufgaben des Sprechers ihrem Ersten Offizier übertragen hatte.
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir das Holodisplay in Arbeit sehen würden … Captain?« Ihm selbst erschien seine Stimme angespannt, und er verfluchte sich, kurz gezögert zu haben, bevor er ihren Titel aussprach.
    »Selbstverständlich nicht, Admiral.« Ihre melodische Sopranstimme verstärkte Yanakovs Empfindung des Irrealen nur. Sie klang fast genauso wie die Stimme seiner dritten Frau, und die Vorstellung von Anna in einer Uniform empörte ihn.
    »Fahren Sie bitte den Tank hoch, Chief Walters«, sagte Harrington.
    »Aye, aye, Ma’am«, antwortete ein Bootsmann mit militärischer Knappheit, die, an eine Frau gerichtet, äußerst seltsam wirkte. Aber an einen Offizier gerichtet, klingt es überhaupt nicht seltsam! ermahnte sich Yanakov beinahe verzweifelt. Verdammt noch mal, allein das Konzept eines weiblichen Offiziers – sie sagen noch nicht einmal ›Offizierin‹ –, es ist ein Oxymoron!
    Flackernd erwachte der Holotank zum Leben. Die Oberkante des Hologramms reichte fast bis zur Decke. Die eng zusammenstehenden graysonitischen Offiziere gaben leise Rufe des Lobs und des Entzückens von sich.

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