Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
– dass er höchstpersönlich diese Mistkerle, die sie so verletzt hatten, in der Luft auseinandernehmen würde. Aber damit zerstörte er wahrscheinlich nur ihre hauchdünne Selbstbeherrschung. Und außerdem ließ die Situation ihnen keine Zeit für Trost.
Barrie rappelte sich auf die Füße, die Thermo-Plane eng um sich geschlungen. Als Zane danach griff, löste sie die Finger unwillig. Es bedurfte keiner Worte der Erklärung, warum sie die Decke nicht aufgeben wollte. Ihr war immer noch eiskalt, das wusste Zane, und sie war sich ihrer kaum bedeckten Blöße verlegen bewusst.
„Schlingen Sie es sich um die Hüfte“, wisperte er und knotete die leichte Plane wie einen Sarong um ihre Taille, sodass sie ihr bis zu den Knöcheln reichte. Er ging in die Hocke und prüfte, ob Barrie genügend Schrittfreiheit hätte, sollten sie plötzlich gezwungen sein loszurennen.
Als er sich wieder aufrichtete, legte sie kurz die Hand auf seinen Arm und zog die Finger direkt wieder fort, so als sei selbst diese kurze Berührung zu viel. „Danke.“
„Sehen Sie jetzt genau zu“, ordnete er an. „Achten Sie auf meine Zeichen.“ Er erklärte ihr die wenigen Gesten, die sie brauchen würden: die gehobene Faust, die „stopp“ besagte, die offene Handfläche, die „anhalten“ hieß, das Signal zum Weiterlaufen und das, um Deckung zu suchen. In Hinblick auf Barries Zustand und ihre Erschöpfung bezweifelte er, dass sie mehr als diese vier simplen Kommandos behalten konnte. Sie brauchten ja auch nicht weit zu gehen. Sollten mehr als diese vier Anweisungen nötig werden, dann steckten sie bis zum Hals in Schwierigkeiten.
Barrie folgte Zane zur Tür hinaus und zur westlichen Treppe. Zane spürte ihr Zögern, den ersten Schritt in den dunklen Abgrund zu setzen. Er wies sie an, wie sie sich mit dem Rücken an die Wand zu pressen hatte, wie sie mit der Fußspitze die Stufen ertasten konnte. Einmal stolperte sie, und er hörte, wie sie unterdrückt die Luft einsog. Sein rechter Arm schoss zurück, schlang sich um ihre Taille, um sie zu stützen, während sie zwei Stufen hinter ihm stand. Mit gleitender Geste hob er sie von den Füßen und riss sie an seine Seite. Sie fühlte sich weich in seinem Arm an, schlanke Hüften, wohl proportioniert, und Zane atmete tief ein, als ihr Duft ihm warm in die Nase stieg. Sie saß praktisch auf seiner Hüfte, ihre Hände fest auf seinen Schultern. Nur unwillig beugte er sich ein wenig hinunter und setzte Barrie zurück auf ihre Füße.
„Tut mir leid“, flüsterte sie in der Dunkelheit.
Zanes Respekt für sie wuchs. Sie hatte nicht erschreckt aufgeschrien, auch wenn sie fast gefallen wäre, auch wenn er sie so hart gepackt hatte. Stattdessen hielt sie sich eisern unter Kontrolle, konzentrierte sich auf ein einziges Ziel: Freiheit.
Nach diesem falschen Auftreten war sie noch vor sichtiger, hielt noch mehr Abstand zu ihm, auch wenn ihm das nicht behagte. Auf der letzten Stufe wartete er ab, bis Barrie bei ihm war. Da sie ihn nicht sehen konnte, sagte er leise: „Hier“, damit sie nicht in ihn hineinprallte.
Schwaches Licht wurde sichtbar. Zane reckte vorsichtig den Kopf. Niemand zu sehen. Mit einer knappen Handbewegung winkte er Barrie zu sich heran, und sie trat aus dem Dunkel des Treppengangs hinaus und neben ihn.
Vor ihnen lag eine große Doppeltür, die zur Straße führte. Doch Zane lauschte auf den langsam steigenden Geräuschpegel, den der hereinbrechende Morgen mit sich brachte. Von linker Hand erschallte eine laute Stimme, und Zane fühlte, wie Barrie zusammenzuckte. Hastig, bevor der Wortschwall ihres Entführers sie nervös machte, schob Zane sie in das nächstliegende Zimmer – eine Abstellkammer mit einem hohen, einzelnen Fenster.
„Wir gehen durch das Fenster. Bis zum Erdboden auf der anderen Seite sind es keine anderthalb Meter, also nichts Gefährliches. Ich hebe Sie hoch. Wenn Sie auf der anderen Seite sind, ducken Sie sich gegen die Hauswand. Machen Sie sich so klein wie möglich. Verstanden?“
Barrie nickte nur stumm. Sie bahnten sich den Weg durch die vollgestellte Kammer, über Kisten und Gerümpel hin zum Fenster. Zane zog sich am Sims hoch, bis er mit einem Knie auf der Fensterbank hockte, den anderen Fuß abgestützt auf einem wackeligen Stapel alter Kartons. Der Riegel war seit Langem nicht mehr benutzt worden, er war eingerostet, die Scharniere steif. Zane zwängte das Fenster auf und zog eine Grimasse, als das Quietschen ertönte, auch wenn er wusste, dass
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