Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
innerhalb der
Burg aufhielt – in die Bibliothek zu schicken.
Mays
kleine Hand war eiskalt, die Augen des Kindes waren geschlossen, doch die Lider
flatterten unruhig. Ihr Gesicht war kalkweiß und der Atem ging flach und
rasselnd.
Marion
wand sich mit Tränen in den Augen ab, und in diesem Augenblick wusste sie, dass
sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sie hätte sich bis zum Rest
ihres Lebens schuldig gefühlt, wenn sie verhindern würde, dass Joan von der Existenz
eines weiteren Zeittunnels erfuhr.
Dòmhnall
befand sich bereits in der Bibliothek und blickte seiner Frau fragend entgegen.
Als sie sich niederließ, ohne ein Wort zu sagen, räusperte er sich lautstark.
„Willst
du nicht eine Andeutung dessen machen, was Mr Lamont zu sagen hat? Geht es um
Mays Krankheit?“
„Ja,
im Großen und Ganzen...“
„Was
soll das heißen? Hättest du die Güte, mir Genaueres zu erklären?“
Ein
lahmes Lächeln umspielte Marions Lippen. „Gedulde dich bitte noch ein paar
Minuten, Liebster. Robin und die anderen werden gleich hier sein.“
Wie
auf ein geheimes Kommando öffnete sich die Tür und Ewan sowie Joan traten mit
besorgten Mienen ein. Gleich darauf folgte Robin, dessen Unsicherheit
offensichtlich war.
Nachdem
alle Platz genommen hatten, eröffnete er das Wort. Er hatte sich auf dieses
folgenschwere Gespräch vorbereitet, dennoch fiel es ihm nicht leicht, den
richtigen Anfang zu finden.
Schließlich
gab er sich einen Ruck, straffte den Rücken und begann mit fester Stimme zu
reden.
„Als
ich in Inverness war, entdeckte ich Folgendes ...“
*
Ungläubig
starrten Dòmhnall und Ewan Robin an, doch in Joans Augen trat ein leiser Glanz.
Sie war es auch, die zuerst ihre Sprache wiederfand.
„Robin,
weißt du, was das bedeutet?“ Sie sprang auf. „Ich kann noch einmal in die
Zukunft reisen, um mein Kind zu retten!“
„Das
kommt überhaupt nicht in Frage!“, riefen der Laird und sein Sohn wie aus einem
Munde, und Marion knetete gequält ihr Spitzentaschentuch in den Händen.
Auch
Ewan stand nun auf und nahm seine Frau sanft bei den Schultern. „Mit diesem
Gedanken darfst du noch nicht einmal spielen, mo Ghràidh . Ich will dich
nicht verlieren.“
Verwirrt
blinzelte sie ihn an. „Wenn ich es nicht tue, werden wir unsere Tochter
verlieren.“
Ewan
warf einen hilflosen Blick zu Robin hinüber, der ernst auf seine Hände starrte.
„Mr Lamont, redet meinem Weib diesen Unsinn aus.“
„Ihr
hört, was sie gesagt hat. Es scheint tatsächlich Mays einzige Chance zu sein,
aus der Zukunft Medizin zu beschaffen. Wenn ich jünger wäre, würde ich mich zur
Verfügung stellen, aber ich fürchte, mein altes Herz spielt dabei nicht mehr
mit – und somit wäre niemandem geholfen, wenn ich die Zeitreise übernehmen
würde.“
„Ich
bin gesund!“, begehrte Joan hitzig auf, ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet.
„Wir müssen sofort aufbrechen, um diesen Brunnen zu finden.“
Mit
gerunzelter Stirn hatte Dòmhnall die Unterhaltung verfolgt, nun erhob er das
Wort. „Mr Lamont. Wie groß ist die Aussicht, dass meine Schwiegertochter
ungeschädigt zurück kommt?“
„Das
weiß ich leider nicht, Sir. Zunächst müssen wir zu Mrs Durban nach Inverness,
um uns nach dem genauen Standort des Brunnens zu erkundigen.“
„Aha.“
Der Laird nestelte nachdenklich an seinem Vollbart, dann fragte er Joan: „Hat
sich Mays Zustand verschlechtert?“
„Nein,
das Fieber ist etwas gesunken, doch der Husten ist unvermindert stark.“
Nun
trat Ewan vor, umarmte seine Frau und sagte in bestimmtem Ton: „Ich erlaube dir
die Zeitreise nur, wenn ich dich begleiten kann.“
„Du?“
Sie sah ihn entgeistert an. „Aber ...“
„Nichts
aber. Wie dir bekannt sein dürfte, habe auch ich die Fähigkeit, durch die Zeit
zu reisen. Und ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ich dich
beschützen werde – egal, in welchem Jahrhundert.“
Ratlos
wandte sich Joan den anderen zu und bemerkte, dass man allgemein derselben
Meinung war.
„Warum
eigentlich nicht?“ Robin nickte zustimmend. „Niemand weiß, ob Joan in der
‚richtigen’ Zeit landet – falls die Reise überhaupt gelingt. Aber Eile ist
geboten. Wenn auch Ihr zustimmt, Sir, sollten wir baldmöglichst aufbrechen.“
Vor
Aufregung gaben Joans Beine nach, und sie lächelte Ewan dankbar an, als er sie
noch enger an sich presste und ihr somit den nötigen Halt gab.
*
Auch
Màiri wurde eiligst unterrichtet, sie kam bereits mit dem Boten, der ihr
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