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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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ausländischen Gästen gemacht – hielt mich fest und verlangte die Bezahlung der Rechnung.
    Als ich ihn endlich abschütteln konnte, war es zu spät.
    Eine Sache von Sekunden.
    Sandra und Middling hatten noch keine paar Worte gewechselt, als sich drei, vier Männer auf den Amerikaner stürzten, ihm den Mund zuhielten, ihn mit Gewalt auf die Straße zerrten und in ein Auto stießen.
    Um Sandra kümmerten sie sich nicht.
    Wir rannten auf die Straße, sahen aber nur noch die Schlusslichter eines mit Vollgas davonbrausenden Autos. Wir hasteten zurück und mußten feststellen, daß nunmehr auch die blonde Diana mit den beiden Typen verschwunden war.
    Die Entführung war so schnell und unerwartet vor sich gegangen, daß dabei auch Tebsters Leute abgehängt worden waren.
    Eine Katastrophe!
    Wir standen herum, beschuldigten einander gegenseitig.
    Es brachte uns nicht weiter, weder am nächsten Tag noch in der nächsten Woche.
    Und dann fanden wir Doc Middling.
    Ganz unerwartet: auf der Titelseite italienischer Tageszeitungen.
    Sie brachten ein Foto des Vermissten in Passbildgröße, und darunter stand, der bekannte US-Wissenschaftler sei das bedauerliche Opfer eines Verkehrsunfalls mit anschließender Fahrerflucht geworden.
    Natürlich war das aufgelegter Mord, auch wenn es uns die römische Polizei zunächst nicht abnehmen wollte. Damit hatte sich nicht nur das Schicksal eines Einsamen in tragischer Weise erfüllt, es war auch klar, daß die Täter – wer immer sie sein mochten – ihr Ziel erreicht haben mußten:
    Sie konnten erst auf Doc Middling verzichten, wenn keine Informationen mehr aus ihm herauszupressen waren.
    Eigentlich hätten wir gleich abreisen können. Der Fall war geplatzt wie eine faule Frucht. Der Erfolg ist nun einmal der Stiefbruder des Misserfolges. Weder Sandra noch ich konnten erwarten, lauter geklärte Fälle hinter uns zu lassen.
    Es gab eine kleine Aufhellung: Die blonde Diana machte einen typisch weiblichen Fehler. Sie konnte sich nicht so ohne weiteres von ihrer verwegenen Garderobe – Miniröcke, Fledermausblusen und Bikinis – trennen. Sie schickte deshalb, sicher ohne Wissen ihrer Hintermänner, einen Taxifahrer zum Hotel Excelsior, um die Rechnung zu bezahlen und ihr Gepäck abholen zu lasen.
    Einer der Tebster-Leute hängte sich an die Fährte und stellte fest, daß Diana unter falschem Namen in ein zweitklassiges Hotel umgezogen war. Von da an stand sie unter ständiger Kontrolle. Als sie in ein Reisebüro ging und ein Ticket nach New York kaufte, war der Teufel von der Kette.
    Diesmal zögerte die römische Polizei nicht länger und nahm die Blondine mit. Sie wurde einem Dauerverhör unterzogen, verwickelte sich in Widersprüche, aber viel weiter kamen wir nicht, vermutlich, weil dieses eindeutige Geschöpf selbst nicht wußte, warum es Doc Middling in die Falle gelockt hatte.
    Man zeigte der Verhafteten Fotos der beiden Typen aus dem Patacca. Bekannte von Bekannten, behauptete sie. Die römische Polizei wußte es besser: Es handelte sich um zwei Neapolitaner – die Namen waren der Polizei bekannt –, die im Verdacht standen, der Mafia anzugehören.
    Damit rundete sich das Bild: Cosa Nostra-Gangster in den USA mußten von dem M-Präparat erfahren, daß Verbrechen ausbaldowert, ihre Mafia-Komplizen in Italien es inszeniert haben.
    »Die Bande hat also das Präparat«, spielte Sandra den Fall noch einmal durch. »Wie geht es nun weiter?«
    »Die Mafia wird ihre Beute an eine italienische Chemie-Firma verkaufen – so sie nicht von vornherein in ihrem Auftrag gehandelt hat. Sie wird es unter einem klangvollen Namen als eigene Entwicklung herausbringen.«
    »Stop!« unterbrach mich Sandra. »Dann brauchen wir ja nur abzuwarten, bis das neue Super-Antibiotikum auftaucht.«
    »Nur«, entgegnete ich bissig. »Nur kommen mindestens zweitausend Krankenhäuser in Frage, und wir haben höchstens fünfzehn Leute.«
    »Weißt du«, sagte sie, »daß die Schwester meiner Mutter Generaloberin der Schwestern von Samaria ist?«
    »Was sagst du da?«
    »Dieser Orden widmet sich der unentgeltlichen Krankenpflege. Er ist in vielen Krankenhäusern Italiens vertreten. Wenn wir meine Tante so weit bringen …«
    Ganz wohl war Sandra nicht vor der Begegnung, und so machte sie zur Bedingung, daß ich sie begleitete. Wir fuhren in die Via Sistina, wo der Orden seinen Hauptsitz hatte.
    Das Haus roch nach Ruhe und Frömmigkeit. Wir wurden über lange halbdunkle Gänge geführt. Auf einmal waren wir

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