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Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Titel: Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Pásztor
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umzudrehen. Auf dem Rückweg nimmt er die Karaffe mit und verschwindet in der Küche. Statt des Saxofons perlen jetzt leise Pianoklänge aus den Lautsprecherboxen, aber vielleicht ist es auch eine ganz andere Platte, und vielleicht war es vorhin gar kein Saxofon. Jazz ist nicht meine Welt.
    »Na, das war doch schon mal eine Ansage«, sagt Marek und steigt von der Sofalehne. »Bleib dran, Schwesterchen. Man trifft sich immer zweimal. Ich helf dir auch beim Suchen, aber erst, wenn du alle Vollmachten unterschrieben hast.«
    »Wozu brauchst du die überhaupt?« Ich bin so froh über die Aussicht auf einen Themenwechsel, dass ich aufpassen muss, nicht zu enthusiastisch zu wirken. »Neue Geldanlagen? Erzähl doch mal.«
    »Immobilien«, sagt Marek. »Hör auf, Interesse zu heucheln, Mila. Ich erzähl dir morgen gern mehr, falls du dann noch was darüber hören willst.«
    Ich sehe meinen Bruder an, wie er sich jetzt wieder der Länge nach auf der Couch ausgestreckt hat, schmalbrüstig und zart, mein milchweißer Zwilling könnte er sein, wären da nicht diese goldblonden Locken, in die unsere Legnica-Großmutter immer so gerne griff, weil ihr schweigender Ehemann angeblich früher die gleichen besessen hatte. Marek grinst und zwinkert mir zu und steckt sich seinen Zeigefinger wie einen Pistolenlauf ins Ohr, und ich mache es ihm nach, und dann gleitet er würgend und zuckend vom Sofa, während ich mich mit einem Aufstöhnen vornüberfallen lasse, bis ich neben ihm auf dem Teppich liege und wir unser Leben laut und professionell zusammen aushauchen. Helmut ist mit einer Schale Pistazien neben uns aufgetaucht und sieht aus, als würde er sich ernstlich genieren. Marek nimmt meine Hand und sagt zu mir »Aber nicht wirklich«, unsere Durchhalteparole aus alten Zeiten, und ich antworte »Aber nicht wirklich«, so wie es sich gehört.
    »Was ist aber nicht wirklich?«, fragt Helmut und stellt die Schale auf den Tisch.
    »Aber nicht wirklich«, sagt Marek und drückt meine Hand noch einmal, »das hat früher bei uns bedeutet ›Halb so schlimm‹ oder ›Daran stirbt man nicht‹ oder ›Ich hab dem Feind auch unter Folter nichts Nennenswertes verraten‹. ›Ich tu nur so‹ geht natürlich auch. Auf jeden Fall wirkte es immer extrem beruhigend, wenn man es sagte.« Er setzt sich auf und erklimmt wieder das Sofa.
    »Und wenn man es vom anderen hörte, auch. Man konnte fast jede Katastrophe damit entschärfen.« Ich sollte diesen Ausdruck unbedingt wieder in mein Repertoire aufnehmen.
    Helmut setzt sich zu Marek und beginnt Pistazien zu schälen, er wirft die Hüllen zurück in die Schüssel und legt die nackten grünbraunen Früchte in einer Reihe auf der Tischplatte ab, und immer, wenn es acht sind, wirft er sie sich in den Mund und beginnt wieder von vorn. Menschen sind so wundersame Wesen. Marek sieht, dass ich mitzähle.
    »Das ist zwanghaft«, sagt er. »Er muss sich immer acht Dinge auf einmal in den Mund stecken. Acht Weintrauben. Acht Gummibärchen. Acht Schwänze, wenn er könnte.«
    »Aber nicht wirklich«, sagt Helmut unbeeindruckt.
    Wenn Marek in meinem Beisein den zotigen Schwulen gibt, räume ich meistens das Feld. Ich habe ihn nie gefragt, warum er das macht, aber ich nehme an, dass er damit ein paar Fakten geraderücken und mich auf meinen Schwesternplaneten zurückschicken will. Ich fürchte mich nicht vor einer Welt, in der es Dinge wie Fisting, Klappensex oder Analfissuren gibt, aber für die Grobheit seiner Sprache habe ich kein eigenes Korrektiv, und das verunsichert mich. Ich fühle mich ausgeschlossen. Ich denke, das ist in Ordnung so. Helmut schält seine Pistazien jetzt gemächlicher als zu Beginn. Er sieht mich an, als hätte er durchaus noch Kapazitäten für eine weitere Runde, um meine wahren Motive in Bezug auf Simon auszuloten, dabei habe ich das erste Verhör noch nicht mal ausgewertet.
    »Ich geh schlafen, Männer«, sage ich. »Danke für eure Hilfe. Wirklich.«
    »Schön, dass du da bist«, sagt Helmut.
    Das Gästezimmer liegt im Obergeschoss, mein Bett ist groß und rund und hat sicher schon aufregendere Dinge gesehen als mich, wie ich in einem alten Dr-Who-T-Shirt mit einem Buch unter die Decke krieche. Kaum liege ich, stelle ich fest, dass ich die Handtasche mit meinem Handy unten vergessen habe. Man kann schließlich nie wissen. Ich ziehe meine Strickjacke über und gehe barfuß auf der Treppe nach unten in Richtung Wohnzimmer, und mit jedem Schritt werden die Stimmen von Marek und Helmut

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