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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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kommen, dann ist alles hier geräumt.‹ Und er zwinkerte mir zu und ging mit den Vieren in mein Haus, setzte sich hin und rief nach Essen und Trinken.«
    »Und was hast du gemacht?«, fragte ich.
    »Was sollte ich machen?«, fragte er schulterzuckend. »Ich bin mit reingegangen und habe mich zu ihnen gesetzt und wir haben gebechert, bis wir alle ziemlich gut abgefüllt waren. Schließlich steht Gunnar Raudi auf und sagt, er muss pissen und geht raus. Nach einer Weile merken wir, dass er noch immer nicht zurück ist und müssen schrecklich lachen, weil jemand sagt, vielleicht ist er ja in die Grube gefallen. Aber ich hatte gesehen, wie er mir beim Rausgehen zugeblinzelt hatte, also sage ich zu Ospak, er soll doch mal nachsehen, denn Gunnar ist vermutlich so besoffen, dass er nicht mehr oben und unten unterscheiden kann. Aber auch Ospak kommt nicht wieder und ich mache eine kurze Bemerkung, dann lege ich den Kopf auf den Tisch und tu so, als sei ich eingeschlafen. Also steht Styrmir auf und geht ebenfalls raus und die beiden Thrall trinken weiter und lachen sich schief, weil ich laut schnarche. Aber schließlich erscheint Gunnar Raudi, mit blutiger Klinge, und sie pissen vor Angst auf meinen Boden … Und das war’s«, sagte mein Vater. »Gunnar sagt den beiden Thrall, sie sollen die Leichen von Ospak und Styrmir zu Stammkel bringen und ihm sagen, dass er den Anspruch auf den Hof vergessen soll. ›Die Köpfe behalte ich‹, sagt er, ›die stecke ich auf Pfähle, dort oben können sie nach Stammkels nächster Dummheit Ausschau halten.‹ Und genauso machte er es.«
    Er unterbrach seine Erzählung und kniff die Augen zu,
dann rieb er sie, wahrscheinlich hatte er zu lange ins Feuer gestarrt. »Bis das alles vorüber war, konntest du schon laufen und machtest viel Unfug. Und obwohl Stammkel mich danach in Ruhe ließ, hatte ich die Lust an der Sache verloren, also verkaufte ich den Hof und brachte dich zu Gudleif.«
    Er sah mich an, seine Augen tränten vom Feuer und mein Herz klopfte wie verrückt, denn es sah aus, als vergieße er echte Tränen. »Ich wollte immer wiederkommen«, sagte er. »Aber ich wusste, bei Gunnar Raudi bist du sicher. Sicherer als bei mir.«
    Ich wollte noch weiter fragen, aber er stützte sich auf meine Schulter und stand auf, dann klopfte er mir auf den Rücken, wie man es mit einem Pferd oder einem Hund macht, und ging in die Dunkelheit. Ich blieb am Feuer sitzen und meine Gedanken wirbelten durch meinen Kopf wie die Funken über dem Feuer.
    Irgendwann war ich dann doch eingeschlafen, und ich träumte. Oder vielleicht dachte ich nur, dass ich träume. Oder aber ich glitt in die Geisterwelt, die andere, die im Halbdunkel liegt.
    Ich war wieder in Denghiziks Grab, allein, in einer Dunkelheit so tiefblau wie die Nacht, wenn der Mond hinter den Wolken ist. Die Reihen der Soldaten saßen geduldig da, sie waren tot, aber ihre Augen folgten mir, und Hild saß vor dem Thron, an den sie am Hals angekettet war.
    Ich tat einen Schritt auf sie zu und die Soldaten bewegten sich. Ich tat einen weiteren Schritt und sie erhoben sich, wobei es summte und rauschte wie von einem Heuschreckenschwarm.
    Dann rannte ich und sie drängten vorwärts, eine Wand, die mir die Sicht nahm, wie ein Schwarm Fledermäuse,
wie ein Wirbelwind aus Staub und Wut, der aus nichts als Erinnerung bestand.
    Und plötzlich stand ich da und sah in Hilds große dunkle Augen, und sie lächelte mich an. Ich hob mein Schwert und hackte Denghiziks verdorrte Hand ab, die Hilds Kette festhielt.
    Ganz langsam, wie unter Wasser, fiel sie zu Boden, während sich vertrocknete Hautfetzen und Knochensplitter von ihr lösten …
    Ich wachte auf. Ich lag am Feuer und blickte in Hilds glänzende Augen. Sie saß rittlings auf mir, ihr Gesicht nahe an meinem. Sie bewegte die Lippen und verzog mühsam den Mund, und ihre Worte klangen wie eine Art keuchendes Zischen: »Geh … nicht … mit uns. Du musst am Leben bleiben …«
    Glänzende Augen, feucht von … Tränen? Ich sah, wie die Pupillen wieder groß wurden, bis das Schwarze die Augen fast vollständig ausfüllte, ihre Hände umschlossen mein Gesicht und ich spürte, wie sie zitterte. Doch plötzlich erhob sie sich mit einer abrupten Bewegung, blieb noch einen Moment über mir stehen und ging dann in die Dunkelheit davon.
    Ich atmete schwer und hörte, wie es in meinen Ohren dröhnte. Einen Augenblick lang hörte ich weiter nichts, dann strömten sämtliche Geräusche dieser Welt wieder auf mich

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