Die Eingeschworenen Raubzug
herzog.
Aber, wie Großnase schlecht gelaunt bemerkte, es müssten schon fliegende Fische sein, wenn sie mit der Fjord Elk mithalten wollten. Mittlerweile mussten wir das Wasser aus unseren ledernen Flaschen schon durch zwei Lagen feinsten Leinens filtern, um den Dreck loszuwerden, der darin schwamm.
Dann brach mit einem mächtigen Knall ein Riemen, als ein Blatt seitwärts auf eine Welle traf. Die Splitter flogen, der Rest schoss hoch, der Schild wurde über Deck geschleudert und ein Mann heulte auf, weil sein Unterarm gebrochen war.
In diesem Moment rief Storchenbein, der als Ausguck im Bug stand: »Land in Sicht!«
Mein Vater sah Einar erwartungsvoll an, doch der zog die Brauen zusammen und sagte gar nichts. Mein Vater fluchte kurz, dann schrie er: »Riemen einholen! Segel reffen! Bewegt euch!«
Einen Augenblick dachte ich, Einar würde aufspringen, und bereitete mich darauf vor, ihm in den Arm zu fallen. Aber er verlagerte nur sein Gewicht, als wolle er eine Arschbacke anheben und furzen, dann saß er wieder still und starrte düster aufs Deck.
Die Elk verlor an Geschwindigkeit. Nach der schnellen Fahrt fühlte es sich an, als würden wir nur noch dümpeln.
»An die Riemen.«
Steif und nass standen wir auf und nahmen unsere Plätze auf den Seekisten ein. Ich ruderte mit den anderen und der Bug der Elk drehte sich. Langsam, sehr langsam bahnte sie sich ihren Weg durch die Dünung und
schaukelte wie ein ersoffenes Schwein, alle Eleganz war von ihr abgefallen.
Wir glitten in den Schutz einer Bucht neben einer langen, grauen Landzunge, wo hartes Gras wogte, gelbbraun wie Weizenstroh. Doch ringsum zeigte sich hier und da im Rot und Gelb der Sträucher auch schon etwas Grün. Seetang und Flechten überzogen die Steine am Strand, der aus grobem Sand bestand, doch auf den Wiesen dahinter spross frisches Gras und auch in den Birken und Weiden zeigten sich die ersten grünen Spitzen. Zwei kleine Bäche flossen hier zusammen und bildeten am Strand eine flache Mündung, die man bei Flut kaum wahrnahm.
Wir wateten an Land und zogen die Elk so weit herauf, wie wir es mit unsicheren Beinen und bei dem niedrigen Wasserstand schafften. Die Vögel sangen und überall roch man den harzigen Geruch des Frühlings. Alles jubelte, als die Sonne herauskam. Geir Großnase fing ein neues Gedicht an und die Eingeschworenen bereiteten sich auf einen längeren Aufenthalt vor.
Wir bauten einfache Hütten aus biegsamen Ästen, über die wir das Vadmal legten, das wir zum Ausbessern des Segels mit uns führten. Einige Männer hatten Spuren von Wild gesehen und zogen auf die Jagd, unter ihnen Steinthor und Großnase, die vorausstürmten wie Spürhunde. Hring und zwei andere zogen Gräben im flachen Sand, um Fische zu fangen, die mit der Flut hereinkommen würden, während ich die lange Krümmung des Strandes nach Seetang und Muscheln absuchte, bis mir der Rücken wehtat.
Am Abend wurden Feuer angezündet und alle konnten sich satt essen. Die Jäger waren mit einigen kleinen Tieren und einer Wildente zurückgekommen, die Steinthor im
Flug erlegt hatte. Er behauptete zwar, es sei ein Zufallstreffer gewesen, doch die anderen widersprachen ihm. Großnase hatte sein Ziel leider verfehlt und schimpfte noch immer, weil er den Pfeil verloren hatte.
Alle legten ihre Sachen aus, um sie am Feuer zu trocknen, und auch ich hatte etwas Warmes gefunden, in das ich die Frau einwickelte. Sie lag in einer trockenen Hütte, wo ein Feuer ganz allein für sie brannte, denn Einar wusste, wie wertvoll sie war. Martin war ebenfalls dazu abkommandiert, sich um die Frau zu kümmern, was wohl als Bestrafung gedacht war.
Mich störte es nicht. Die Frau zu pflegen war sehr viel angenehmer als die Knochenarbeit, die ich wahrscheinlich sonst zu verrichten gehabt hätte: stundenlang für Valgard auf der Elk Wasser zu schöpfen etwa.
Und überhaupt, es war etwas um diese Frau. Mit Martins Hilfe hatte ich sie ausgezogen. Er war keine große Hilfe dabei gewesen, denn er hatte darauf bestanden, seine Augen abzuwenden, was die Sache nicht gerade einfacher machte.
In dem schwachen, flackernden Licht der Hornlaterne, die mit altem, dickflüssigem Waltran gefüllt war, sah man, dass sie weiß war wie der Bauch eines Fisches, wodurch sich ihre Striemen und Blutergüsse noch deutlicher abhoben.
Illugi Godi, der uns gerade einen Eimer Seewasser für kalte Umschläge brachte, zog bei ihrem Anblick scharf die Luft ein und sah Martin wütend an.
»Vigfus«, seufzte der
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