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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Withens Moors blickte, wenn er geradeaus sah. Dort über den Luftschächten schwebten dünne Dampffetzen, die von dem Zusammentreffen der kühlen Morgenluft mit der Hitze herrührten, welche den Hochspannungsleitungen entströmte.
    Eine merkwürdige Vorstellung, dass sich in sechzig Metern Tiefe unter den Schächten drei verlassene Eisenbahntunnel befinden sollten, und nicht weit davon entfernt die jeweiligen Eingänge, beschützt von Stahltoren und Warnschildern. Cooper musste an die Arbeiter denken, die im neunzehnten Jahrhundert
die ursprünglichen Tunnel gebaut hatten. Die meisten von ihnen waren keine irischen Einwanderer gewesen, wie er immer gedacht hatte. Vielleicht stammte dieses Vorurteil von seiner klischeehaften Vorstellung – der irische Arbeiter in klobigen Stiefeln, ein Tuch um den Kopf, das nackte Hinterteil aus der Hose ragend.
    Nur steckte mehr dahinter. Irische Migranten hatten eine wichtige Rolle beim Bau des englischen Kanalsystems und Eisenbahnnetzes gespielt. Später waren sie auf anderen Gebieten der Bauindustrie tätig gewesen. Gab es nicht sogar eine kleine Insel vor der Westküste Irlands, von der fast alle Männer im arbeitsfähigen Alter in den Tunnelbau gegangen waren? Sie waren alle miteinander verwandt und trugen sogar denselben Familiennamen, der Cooper jedoch nicht mehr einfallen wollte.
    Aber weshalb waren die Bauarbeiter von Woodhead ausnahmslos Engländer gewesen? Viele von ihnen stammten aus Yorkshire und auch aus Cheshire. Woodhead lag damals in der Grafschaft Cheshire, sogar ganz Longdendale. Also waren eigentlich die Männer aus Yorkshire fremd in der Gegend gewesen.
    Cooper überlegte gerade, ob er in der Zentrale anrufen und sich vergewissern sollte, dass er auch wirklich nichts verpasste, als ihn ein lautes Klopfen am Fenster auf der Beifahrerseite hochschrecken ließ. Er stieß sich den Kopf an dem Haltegriff am Dach an und rieb sich schuldbewusst den Schädel, in der Erwartung, Diane Fry oder einen anderen Vorgesetzten zu erblicken, der ihn bei einem Nickerchen ertappt hatte. Aber er hatte ja gar nicht gedöst, nur nachgedacht.
    Doch es war nicht Diane Fry oder ein anderer Vorgesetzter. Nicht einmal Gavin Murfin grinste ihn durch das Fenster an und freute sich diebisch, ihn erschreckt zu haben. Das Gesicht, das er sah, gehörte Lucas Oxley.
    Cooper war so überrascht, dass er etwas länger brauchte, bis er reagierte. Oxley versuchte, den Türgriff zu drücken, aber
natürlich war der Wagen von innen verriegelt. Dabei wurde seine Hutkrempe gegen die Scheibe gepresst und am Rand nach oben geschlagen, so dass Cooper deutlich die Augen des Mannes sehen konnte und nicht von seinem bleichen, erschrockenen Gesicht abgelenkt wurde. Sichtlich ungehalten klopfte Oxley erneut an die Scheibe und deutete ihm an, das Fenster herunterzukurbeln.
    Cooper drückte auf den Knopf für den elektrischen Fensterheber. Es war schlicht nicht zu glauben, aber Lucas Oxley schien tatsächlich endlich mit ihm reden zu wollen.
     
     
    »Damit Sie mich nicht falsch verstehen«, wiegelte Lucas Oxley sofort ab. »Aber es bin nicht ich, der mit Ihnen reden will.«
    Ben Cooper hatte den Funk leiser gedreht und Oxley aufgefordert, sich zu ihm in den Wagen zu setzen. Aber Oxley hatte sich nicht einmal herabgelassen, diese törichte Idee auch nur in Betracht zu ziehen, und Cooper hatte sein Angebot sofort bereut. Das hier war unbekanntes Terrain für ihn, und er musste sich erst Schritt für Schritt vorwärts tasten.
    »Damit habe ich kein Problem, Sir.«
    »Es ist unser Ryan«, fuhr Oxley fort. »Er sagt, er will Ihnen was erzählen.«
    »Vernünftiger Bursche.«
    »Aber nur, wenn ich dabei bin.«
    »Sicher, Sir. Ich hätte ohnehin auf Ihrer Anwesenheit bestanden. Ryan ist schließlich noch minderjährig.«
    »Er ist fünfzehn.«
    »Eben.«
    »Ich habe natürlich versucht, ihm das auszureden«, erklärte Oxley. »Ich weiß nicht einmal, was er Ihnen sagen will – er wollte nicht damit rausrücken. Und momentan haben wir weiß Gott andere Probleme. Aber der Bursche ist stur. Stur wie -«
    »Wie sein Vater?«
    Cooper wurde fast mit einem Lächeln belohnt. Oxleys Mund
verzog sich leicht, aber er schniefte kurz und schaffte es gerade noch, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu bringen.
    »Unser Ryan ist kein übler Kerl«, fuhr er fort. »Aber er ist nicht wie die anderen. Er kann stur sein wie ein Maulesel.«
    »Ich verstehe.«
    Oxley musterte Cooper eindringlich. »Keiner meiner Söhne ist schlecht. Es

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