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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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erweichen.
    »Ich höre Sie förmlich laut denken«, sagte eine tiefe Stimme, und als ich mich umwandte, stand George Callahan hinter mir. Er zog einen Stuhl heran. »Sie schicken Phil ihre Gedankenströmungen runter, hab ich recht?«
    Ich forschte in seinem Gesicht nach Anzeichen von Häme, aber er blickte nur mitfühlend drein. »Nur ein bißchen harmloses Voodoo.«
    »Ja, ich mach das auch öfter. In fünfzig Prozent der Fälle funktioniert’s sogar.« Wir lächelten uns an. »Ich hab Sie gesucht. Wissen Sie, mir ist weiß Gott nicht wohl bei dem Gedanken, so ein junges amisches Mädchen lebenslang hinter Gitter zu schicken. Aber Mord bleibt Mord, und ich hab mir eine Lösung überlegt, von der wir alle was haben.«
    »Was bieten Sie uns?«
    »Sie wissen, daß sie mit lebenslänglich rechnen muß. Ich biete Ihnen zehn Jahre, wenn sie sich des Totschlags schuldig bekennt. Und bei guter Führung ist sie in fünf, sechs Jahren wieder draußen.«
    »George, fünf oder sechs Jahre im Gefängnis würde sie nicht überleben«, sagte ich ruhig.
    Er blickte nach unten auf seine verschränkten Finger. »Sie übersteht leichter fünf Jahre als fünfzig.«
    Ich starrte angestrengt auf den Boden über Richterin Ledbetters Büro. »Ich melde mich bei Ihnen.«
    Mein Berufsethos zwang mich dazu, meiner Mandantin einen Einigungsvorschlag der Anklagevertretung zur Kenntnis zu geben, und diesmal war ich in Sorge, wie meine Mandantin reagieren würde. Sie war in dem Glauben erzogen worden, daß man sich entschuldigte und dann jedwede Bestrafung akzeptierte. Georges Vorschlag würde es Katie ermöglichen, diesem Alptraum ein Ende zu machen, und zwar auf eine Weise, die in ihrem System absolut Sinn ergab.
    Sie war beim Bügeln in der Küche. »Ich muß mit dir reden.«
    »Okay.«
    Sie strich den Ärmel von einem der Hemden ihres Vaters glatt – lavendelfarben – und plättete ihn dann mit einem Bügeleisen, das auf dem Herd erhitzt worden war. Nicht zum ersten Mal fiel mir auf, daß Katie eine perfekte Ehefrau abgeben würde – als Amische war sie dazu praktisch geboren. Wenn sie lebenslänglich ins Gefängnis müßte, würde sich diese Bestimmung nie erfüllen. »Der Staatsanwalt hat dir ein Angebot gemacht. Wenn du sagst, daß du falsch gehandelt hast, schränkt er die Anklage und das Strafmaß ein.«
    Katie drehte das Hemd um und runzelte die Stirn. »Und müssen wir dann trotzdem noch vor Gericht?«
    »Nein. Dann ist es vorbei.«
    Katies Miene erhellte sich. »Das wäre wundervoll!«
    »Du hast seine Bedingungen noch nicht gehört«, sagte ich knapp. »Wenn du dich des Totschlags schuldig bekennst, bekommst du nicht lebenslänglich, sondern zehn Jahre. Aber wahrscheinlich wirst du nach der Hälfte der Zeit auf Bewährung entlassen.«
    Katie stellte das Bügeleisen wieder auf den Herd. »Aber ich müßte trotzdem ins Gefängnis.«
    Ich nickte. »Das ist der Nachteil bei dem Angebot. In einem Prozeß würdest du eventuell freigesprochen, dann müßtest du überhaupt nicht ins Gefängnis. Du würdest dich festlegen, ohne zu wissen, wie die Alternative aussieht.« Doch noch während ich das sagte, wußte ich, daß ich das falsche Beispiel gewählt hatte. Ein Amischer nahm das, was sich ihm darbot – er wartete nicht auf Besseres, denn das könnte auf Kosten eines anderen Menschen geschehen.
    »Wirst du es denn schaffen, daß ich freigesprochen werde?«
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube, mit vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit hätten wir dich freibekommen. Aber jetzt, wo ich nur noch so wenig Zeit habe, eine neue Verteidigung vorzubereiten, kann ich dir nichts versprechen. Ich glaube , ich kann einen Freispruch erreichen. Ich hoffe es. Aber ich kann es dir nicht versprechen, Katie.«
    »Ich muß nur sagen, daß ich etwas Falsches getan habe?« fragte Katie. »Und dann ist es vorbei?«
    »Dann gehst du ins Gefängnis«, stellte ich klar.
    Katie griff zum Bügeleisen und drückte es fest auf die Schulter des Hemdes. »Ich nehme das Angebot an«, sagte sie.
    Ich sah zu, wie sie bügelte, diese junge Frau, die soeben beschlossen hatte, für ein Jahrzehnt ins Gefängnis zu gehen. »Katie, darf ich dir etwas sagen, als deine Freundin, nicht als deine Anwältin?« Sie blickte auf. »Du weißt nicht, wie es im Gefängnis zugeht. Es ist nicht nur voller englischer Menschen – es ist voller schlechter Menschen. Ich denke nicht, daß das die richtige Entscheidung ist.«
    »Du denkst nicht wie ich«, sagte Katie leise.
    Ich schluckte

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