Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
was ich kann, um ihren Sturz abzufangen.« Er lächelte sanft. »Und als dein Psychologe muß ich dir sagen, daß du in diesem Fall zu persönlich engagiert bist.«
    Ich mußte lächeln. » Mein Psychologe?«
    »Und das mit Vergnügen, Ma’am. Ich wüßte niemanden, den ich lieber behandeln würde.«
    »Tut mir leid. Ich bin nicht verrückt.«
    Er küßte zärtlich eine Stelle hinter meinem Ohr. »Noch nicht«, murmelte er. Er zog mich in seine Arme, ließ seine Lippen über mein Kinn und meine Wange gleiten, bevor sie sich auf meinen Mund legten. Mit einem leichten Erschrecken merkte ich, wie gut ich ihn nach all den Jahren noch immer kannte – unsere Küsse, die Stellen, an denen seine Hände auf meinem Rücken und meiner Taille ruhten, wie sein Haar sich anfühlte, als meine Finger hindurchglitten.
    Seine Berührung brachte Erinnerungen zurück und hinterließ ein Wirrwarr von neuen Gefühlen. Mein Herz pochte heftig gegen Coops Brust. In seinen Armen war ich wieder zwanzig, und die ganze Welt breitete sich vor mir aus wie eine große Festtafel.
    Ich blinzelte, und plötzlich sah ich Coop und den Teich wieder klar. »Du hast die Augen auf«, flüsterte ich.
    Er streichelte mein Rückgrat. »Als ich sie das letzte Mal zugemacht habe, bist du verschwunden.« Also hielt ich auch meine auf und staunte, weil ich zwei Dinge sah, die ich nie für möglich gehalten hätte: mich selbst, wie ich nach einem langen Umweg nach Hause kam, und den Geist eines Mädchens, das über das Wasser ging.
    Ich wich in Coops Arme zurück. Hannahs Geist? Nein, das konnte nicht sein.
    »Was hast du?« fragte Coop leise.
    Ich schmiegte mich wieder an ihn. »Dich«, sagte ich. »Nur dich.«

9
M anchmal, wenn Jacob Fisher in seinem winzigen Assistentenbüro in der Englischfakultät saß, konnte er es kaum fassen. Es war noch gar nicht lange her, daß er Shakespearedramen unter Futtersäcken im Stall versteckt hatte, daß er die ganze Nacht beim Schein einer Taschenlampe gelesen hatte, um am nächsten Morgen hundemüde seine Arbeit zu erledigen, trunken von dem, was er gelernt hatte. Und jetzt war er hier umgeben von Büchern und wurde dafür bezahlt, sie zu analysieren und junge Menschen zu unterrichten, die die gleichen Sterne in den Augen hatten wie er damals.
    Als es an der Tür klopfte, hob er den Blick von einer Anthologie. »Herein.« Er sah in das unbekannte Gesicht einer Frau. »Ich suche Jacob Fisher.«
    »Sie haben ihn gefunden.«
    »Ich bin Detective-Sergeant Lizzie Munro. Von der East Paradise Township Police.«
    Jacob dachte an die vielen Unfälle mit Kutschen, an die vielen Farmgeräte, die tödliche Unfälle verursacht hatten. »Meine Familie«, brachte er heraus. »Ist was passiert?«
    Die Polizistin musterte ihn aufmerksam. »Ihre Familie ist gesund «, sagte sie schließlich. »Dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    Jacob nickte und deutete auf einen Schreibtischstuhl.
    »Soweit ich weiß, sind Sie bei den Amischen in East Paradise aufgewachsen?« fragte die Polizistin.
    Jacob spürte ein unbehagliches Kribbeln im Rücken. Seit er als Englischer lebte, war er mißtrauisch geworden. »Darf ich fragen, warum Sie sich dafür interessieren?«
    »In Ihrem Heimatort ist vermutlich eine Straftat begangen worden.«
    Jacob klappte die Anthologie zu. »Hören Sie, nach dieser Kokaingeschichte waren Ihre Kollegen schon bei mir. Ich lebe zwar nicht mehr als Amischer, aber das heißt nicht, daß ich meine alten Freunde mit Drogen versorge.«
    »Es geht nicht um diese Drogensache. Ihre Schwester ist wegen Mordes angeklagt worden.«
    »Was?« Nachdem er die Fassung wiedergewonnen hatte, fügte er hinzu: »Das kann nur ein Irrtum sein.«
    Munro zuckte die Achseln. »Das wird sich zeigen. Wußten Sie, daß Ihre Schwester schwanger war?«
    Jacob konnte seinen Schock nicht verbergen. »Sie … hat ein Kind bekommen?«
    »Sieht ganz so aus. Und dann hat sie es anscheinend getötet.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist das Absurdeste, was ich je gehört habe.«
    »Ach ja? Dann sollten Sie mal in meiner Branche arbeiten. Wann haben Sie Ihre Schwester zuletzt gesehen?«
    Er überlegte kurz und sagte: »Vor drei, vier Monaten.«
    »Hat sie Sie davor regelmäßig besucht?«
    »Regelmäßig würde ich nicht sagen«, wich Jacob aus.
    »Verstehe. Mr. Fisher, hat sie in der Zeit, die sie bei Ihnen war, irgendwelche Freundschaften geschlossen oder sich in jemanden verliebt?«
    »Sie hat hier niemanden kennengelernt«, sagte Jacob.
    »Ach,

Weitere Kostenlose Bücher