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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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Lauferei hatte es wieder angefangen zu schmerzen. Vielleicht werde ich langsam zu alt für die Polizeiarbeit.
    Schließlich stand er auf und folgte seiner Kollegin.
    Je weiter er sich von den Mauern des Schlosses entfernte, desto mehr ließ das Gefühl der Beklommenheit von ihm ab, das ihn die ganze Zeit über begleitet hatte. Sosehr ihm die Vorstellung missfiel, würde er doch wiederkommen und mit den Lehrern sprechen müssen.
    „Mentoren“, verbesserte er sich selbst und humpelte im Schatten der Bäume zurück zum Wagen.
    Gegen 13.30 Uhr rumpelte der silberfarbene Opel zurück auf den Parkplatz. Klein hielt eine Plastiktüte auf dem Schoß, in der eine äußerst verlockende Aluminiumschale lag. Er hatte gegen das Bedürfnis ankämpfen müssen, sie schon während der kurzen Fahrt zu öffnen. Der appetitliche Geruch der Lasagne brannte ihm beinahe ein Loch in seinen Magen. Nun reichte er Bergmann den Thunfischsalat und kramte anschließend die Schale hervor, an der er sich prompt verbrannte.
    „Guten Hunger“, brachte er gerade noch hervor, ehe er das erste Pizzabrötchen in die fettige Soße eintauchte.
    Zehn Minuten später lehnte Klein seinen Kopf an die halb heruntergelassene Seitenscheibe und wurde regelmäßig von heftigem Aufstoßen erschüttert.
    Bergmann betrachtete ihn von der Seite, schüttelte lachend den Kopf und bemerkte: „Ich geh jetzt eine rauchen. Das ist immerhin gesünder als das, was du deinem Körper antust. Mit dem Fett da drin hätte man einen ganzen Maschinenpark schmieren können.“
    Klein überging ihre Worte und kramte sein Mobiltelefon hervor. Er rief Hecking und Lauterbach an, die die restlichen Parteien aus Lüschers Wohnhaus aufsuchten. Den direkten Nachbarn Lüschers hatten sie noch immer nicht angetroffen, berichteten sie. Auch Laschinsky und Klee, die sich bei Lüschers Bank und dem Hausarzt umhören sollten, hatten bislang nichts Wegweisendes herausgefunden. Klaus Sperber konnte Klein nicht erreichen. Wahrscheinlich war der Kriminaltechniker gerade in den Kellergewölben der Rechtsmedizin, wo es keinen Netzempfang gab.
    Bergmann saß mittlerweile wieder im Wagen und ging die Lehrerliste des Gymnasiums durch. Vier von den Lehrern, die schon zu Lüschers Zeiten unterrichtet hatten, waren auch an diesem Tag im Dienst. Die Uhr zeigte 13.50 Uhr. Wie sie erfahren hatten, würden sich sämtliche Lehrer nach Schulschluss um 14.00 Uhr noch einmal im Lehrerzimmer versammeln.
    „Komm, wir gehen“, sagte Klein. „Mal sehen, ob wir endlich etwas über Lüscher in Erfahrung bringen können.“
    Ein vages Gefühl verriet ihm jedoch, dass dieser Wunsch genau das bleiben würde, was er war. Ein Wunsch.

Freitag, 19. November, 18.15 Uhr
    „So eine verdammte Scheiße!“, brüllte Günther Klein und schlug mit der Faust auf das Armaturenbrett.
    „Verflucht, das bringt uns auch nicht weiter“, antwortete Bergmann gereizt.
    Klein konnte seine Wut kaum unter Kontrolle bringen. Der Nachmittag hatte sich zu einer einzigen Katastrophe entwickelt. Die Befragung der Lehrer am Gymnasium war so gut wie ergebnislos verlaufen. Ja, man habe Herbert Lüscher flüchtig gekannt. Persönliche Kontakte? Nein, engere Bindungen oder gar Freundschaften habe es nicht gegeben. Unauffällig sei er gewesen. Durchaus kompetent, aber über das Berufliche hinaus sehr zurückhaltend. Niemand hatte es ausgesprochen, aber Herbert Lüscher war offenbar ein Mensch gewesen, mit dem man steifen Small Talk führte, wenn es sich nicht vermeiden ließ, und das Gespräch danach sofort wieder vergaß. Der Mathematiklehrer Rudolf Brasser war die längste Zeit gemeinsam mit Lüscher an der Schule gewesen, ganze neun Jahre. Doch auch er konnte keinerlei Aussagen zu Hobbys, privaten Interessen oder sonstigen Details machen, die die Ermittlungen hätten voranbringen können.
    Gegen 16.00 Uhr waren sie noch einmal ins Schloss zurückgekehrt, um den letzten Versuch des Tages zu starten. Sie wollten mit Dr. Michael Schliefenstedt sprechen, der dem Dienstplan zufolge den Nachmittagsunterricht in Biologie geben sollte. Es stellte sich heraus, dass sich Herr Schliefenstedt krankgemeldet hatte, kurz nachdem die Ermittler am Vormittag das Internat verlassen hatten.
    Klein war außer sich gewesen und hatte sofort vermutet, dass die feindselige Sekretärin einen heimtückischen Rachefeldzug gegen ihn begonnen hatte. Jennifer Bergmann war es mit viel Geduld gelungen, ihn wieder zu beruhigen.
    Frustriert waren die beiden in den Wagen gestiegen

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