Die Eiserne Festung - 7
zum Verlust der Macht.
Das verstand Rayno. Seiner Erachtens hatte Clyntahn praktisch all seine Ziele erreicht. Weiterer Aufschub würde also nur sehr wenig bewirken, was die interne Dynamik jener Vikariats-Mitglieder betraf, die den bevorstehenden Schlag überlebten. Das bedeutete, dass sich Clyntahn im Augenblick nur aus rein persönlichen Gründen zurückhielt. Nachdem er praktisch alle politischen Ziele erreicht hatte, genoss er jetzt die Zufriedenheit des in ihm schlummernden Raubtiers und beobachtete seine dem Untergang geweihten Feinde, wie sie von Vorahnungen gequälten wurden.
Falls sonst noch jemand bemerken sollte, was der Großinquisitor gerade tut, wird ihn die Vorstellung nur umso mehr ängstigen, ihn in Zukunft etwa gegen sich aufzubringen. Also erschlägt Clyntahn selbst jetzt noch zwei Wyvern mit einer Klappe.
Das Einzige, was den Großinquisitor unter Umständen in seiner Zufriedenheit noch stören mochte, war die Möglichkeit, dass die Familien einiger Feinde ihm vielleicht doch entwischt waren. Doch weder er noch Rayno machten sich allzu große Sorgen darüber, es könnte noch weiteren Familien gelingen. Rayno hatte immer noch nicht herausgefunden, wie die Familien (vor allem der Wylsynns) spurlos hatten verschwinden können. Er vermutete, dass es bei diesem Spiel noch einen bislang unbekannten Teilnehmer gab, jemanden, von dem auch Stantyn nichts wusste und daher auch nichts hatte verraten können. Die Art und Weise, in der die besagten Familien verschwunden waren, konnte man nur als ... geschickt bezeichnen. Das Muster glich dem Verschwinden von Erzbischof Erayk Dynnys' Familie. Auch das hatte er nie aufzuklären vermocht. Aber er entwickelte allmählich widerwilligen Respekt vor der Person, die es geschafft hatte, sie aus den Tempel-Landen herauszuschaffen. Die Dynnys waren sogar bis nach Charis gelangt, ohne auch nur eine einzige Spur zu hinterlassen. Keinen einzigen Fußabdruck! Nur zu gern hätte der Adjutant General den Vorsitz, sollte der Verantwortliche hierfür zum Tode verurteilt und hingerichtet werden - aus Respekt vor den Leistungen seines Gegners.
Doch wie gut besagter Gegner auch sein mochte, keine der anderen Familien würde verschwinden können. Sie alle wurden rund um die Uhr von handverlesenen Inquisitoren bewacht. Gut, bei den Wylsynns war das nicht anders gewesen. Aber dieses Mal hatte er jeder Familie Zweierteams zugewiesen. Daher schien es dem Adjutant General zutiefst unwahrscheinlich, dass er so viele Verräter in seinen Reihen haben sollte - falls das überhaupt die Erklärung für das Verschwinden der Wylsynns war. Nein, die anderen Familien würden nicht ohne sein Wissen einfach verschwinden! Tatsächlich wünschte er sich sogar fast, die eine oder andere Familie würde es versuchen. Dann nämlich würde das die Inquisitoren zu den bereits Verschwundenen führen. Insgeheim war Rayno davon überzeugt, dass das die einzige Möglichkeit für ihn wäre, dieser Familien noch habhaft zu werden.
Nicht, dass er die Absicht hatte, die Jagd aufzugeben. Aber in der Zwischenzeit ...
»Habt Ihr schon darüber nachgedacht, wann genau die Verhaftungswelle beginnen soll, Euer Exzellenz?«, fragte er schließlich.
»Ich denke, einen Fünftag oder so können wir ihnen noch geben, meinen Sie nicht auch, Wyllym?« Die Frage des Adjutant General schien die gute Laune des Großinquisitors wiederhergestellt zu haben. Er lächelte jovial. »Es gibt doch keinen Grund, die anderen nicht noch ein wenig Zeit mit ihren Familien verbringen zu lassen, oder?«
»Vermutlich nicht, Euer Exzellenz.« Rayno erwiderte das Lächeln seines Vorgesetzten, das aber deutlich zurückhaltender.
Im Gegensatz zu Clyntahn zöge Rayno keinerlei persönliche Befriedigung daraus, die Feinde des Großinquisitors zerschmettert zu wissen. Er freute sich auch nicht darauf, deren Familienangehörigen der peinlichen Befragung zu unterziehen. Zugegeben war das eindeutig die effektivste aller Techniken der Schueleriten, Informationen zu erhalten. Dass sie nicht in der Lage wären, diese Technik auch bei den entkommenen Familien anzuwenden, erklärte vielleicht zumindest einen Teil von Clyntahns Frustration. Doch Rayno selbst würde das Ganze nur zu gerne so weit vermeiden wie eben möglich. Wirklich zwingend erforderlich wäre es wohl kaum. Sie hatten schon jetzt reichlich Beweise; sie konnten sich darauf verlassen, dass die Beschuldigten letztendlich geständig wären (letztendlich waren die Beschuldigten am Ende
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