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Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Titel: Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meljean Brook
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unergründlichen Augen … und einem Handschuh, der zu einer Dame gehörte.
    Wentworth . Der Familienname sagte ihm nichts. Er hatte kaum Kontakt zu den Adligen, die unter der Horde geboren worden waren; sie hatten kein Geld, das sie investieren, oder Waren, mit denen sie handeln konnten. Wenn sie die Tochter eines Adligen war, war ihre Mutter womöglich eine Hure der Horde gewesen. Die meisten von ihnen waren allerdings nach der Revolution nach Amerika ausgewandert. Und so auch die Mischlingskinder, die sie zur Welt gebracht hatten. Warum war die Inspektorin geblieben?
    »Wer ist sie?«
    Scarsdale hob den Kopf. Nach einem langen Blick in Rhys’ Gesicht schloss er erneut die Augen. »Ich kenne diesen Ausdruck. Ein hübsches Schiff erscheint am Horizont, und du willst seine Ladung. Lass dieses hier vorbeisegeln.«
    Rhys schüttelte den Kopf. Scarsdale hatte ihn missverstanden. Er wollte sie nicht stehlen. Er hatte wenig Polizisten getroffen, die nicht käuflich waren, und er bezweifelte, dass Wilhelmina Wentworth anders war. Er wollte einfach nur ihren Preis wissen.
    Ein Kratzen an der Tür hielt ihn von einer Antwort ab. Mrs Lavery kündigte die Inspektorin an.
    Mit geradem Rücken und straffen Schultern kam sie hereingerauscht. Ein zartes Geschöpf, aber nicht schwach. Ihre dunklen Augen schienen ihn augenblicklich ganz zu erfassen, der Blick war kühl und abwägend. Die unterschwellige Erregung, die sie zuvor gezeigt hatte, war nicht mehr zu spüren – doch er wusste, dass sie da war. Wessen würde es bedürfen, damit sie sie erneut zeigte?
    Im Flur draußen stand der rothaarige Riese und betrachtete sie. Beschützend, doch nicht, wie ein Mann eine Frau betrachtet.
    Das gefiel Rhys mehr, als es sollte. Er hatte nicht vor, sie zu erobern. Doch schon bei ihrem Anblick spürte er Verlangen in seinem Inneren – kein sexuelles Begehren, doch den dringenden Wunsch, sie zu besitzen. Vielleicht hatte Scarsdale ihn früher durchschaut als er sich selbst.
    Doch egal, welche Wirkung sie auf ihn hatte, Rhys würde es nicht zulassen, dass sie ihn erneut aus der Fassung brachte.
    »Sind Sie fertig?«
    »Ja. Niemand hat seinen Sturz gesehen oder kennt ihn«, sagte sie. Für eine kleine Frau mit dieser abgehackten Sprache hatte sie eine tiefe, volle Stimme. »Wenn wir seine Identität festgestellt haben, gibt es wahrscheinlich noch ein paar Fragen – vielleicht wird dann auch das Motiv klar.«
    »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Ihr weicher Mund wurde schmal, bevor sie nickte. »Ich werde Chefinspektor Hale über Ihre Bitte in Kenntnis setzen.«
    Sie wussten beide, dass es keine Bitte gewesen war – und sie wussten beide, dass man ihm berichten würde. Er gestand ihr den kleinen Sieg zu, dass sie ihn nicht persönlich informieren würde.
    Sie warf einen kurzen Blick zu Scarsdale, bevor sie sich in der Bibliothek umsah, und Rhys bemerkte, dass es seit Betreten des Raums das erste Mal war, dass sie den Blick von ihm abgewandt hatte.
    Vorsicht oder Neugier? Beides stellte ihn zufrieden.
    Ihr suchender Blick blieb bei einem Schiffsmodell hängen, das neben seinem Schreibtisch stand. »Ist das die Marco’s Terror ?«
    Vor langer Zeit hatte der Papst in Rom auf Bitten des Großen Khan der Goldenen Horde eine Handvoll Gelehrter, Missionare und Wissenschaftler über die Seidenstraße zu deren Hauptstadt Xanadu geschickt, angeführt von venezianischen Händlern: den Polo-Brüdern und dem jungen Marco Polo. Nach zwei Jahrzehnten war Marco allein zurückgekehrt und hatte sich wie ein Wahnsinniger über Missionare, die getötet worden waren, und Werkstätten, wo Wissenschaftler gezwungen wurden, Kriegsmaschinen zu erfinden, ereifert. Seine Warnungen und seine Nachtangst wurden als Hirngespinste abgetan, doch zweihundert Jahre später, als die Kriegsmaschinen aus Asien heranrollten, begriff in Europa jeder, dass sie auf ihn hätten hören sollen. Mit der Marco’s Terror hatte Rhys dafür gesorgt, dass die Horde, Händler und Sklaventreiber auf ihn gehört hatten.
    Doch jetzt hatte er nicht viel zu sagen.
    Seine Antwort war einfach »Ja«.
    Scarsdale setzte sich auf und griff nach seiner Absinthflasche auf dem Sofatisch. »Der Schrecken der sieben Meere! Der Albtraum der Seefahrer!« Er schenkte sich eine kleine Menge der grünen Flüssigkeit ein und ließ sich wieder zurücksinken. »Und jetzt bist du Euer verdammte Hoheit!«
    Scarsdale hätte das Trinken lassen sollen, bis die Inspektorin gegangen war.
    Ein kleines Lächeln

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