Die Eishölle
Chance. Ich war dankbar, dass wir sie zuerst im strahlenden Licht der Eishölle gesehen hatten, denn mein Verstand wäre unweigerlich ins Wanken geraten, wenn sie in der tintenschwarzen Finsternis der äußeren Berge oder im Zwielicht, das jetzt herrschte, über uns hergefallen wären. Obwohl sie allem Anschein nach über Schleichwege zu Van Damm und Holden gelangt waren, war ich mir keinesfalls sicher, dass es tatsächlich so war. Die Kreaturen drangen offensichtlich über die Eishölle in das unterirdische Gewölbe ein, und wenn sie sich nicht sehr zurückgehalten hatten, hielten sie sich weder in der Stadt Croth noch in jenem Labyrinth auf, dass zwischen uns und der Außenwelt lag. Andernfalls wären wir sicherlich viel früher auf eine Spur von ihnen gestoßen.
Wie Scarsdale vermutet hatte, konnten sie uns durchaus überholt haben. Aber genauso gut konnte Holden mit angespannten Nerven und nach seinem gesundheitlichen Zusammenbruch während einer ähnlichen Behandlung geschrien haben. Das erklärte Van Damms anhaltendes Schweigen nicht, doch bestand noch die Möglichkeit, dass er etwas Ungewöhnliches bemerkt hatte und daraufhin losgegangen war, um nachzuschauen. Dies waren die Überlegungen, die ich anstellte, während wir den letzten Abschnitt des Tunnels entlang eilten, der uns noch von unseren Gefährten trennte.
Dass es sich nicht um logische oder geordnete Gedanken handelte, spielte keine Rolle. Ich hatte vor panischer Angst fast den Verstand verloren, wenn auch nur zeitweise. Prescotts plötzlicher, schockierender Tod hätte genügt, und meine Reaktion darauf bestand darin, meinem inneren Ich fieberhaft zu versichern, dass es für alles eine vernünftige, wenn nicht gar alltägliche Erklärung geben konnte, wie absonderlich die Dinge dem äußeren Anschein nach auch sein mochten. Meine weitschweifigen Erörterungen waren gerade an diesem Punkt angelangt, als Scarsdale laut ächzte und mich am Arm zog.
Wie auf Befehl bremsten wir den Handwagen und blieben instinktiv hinter ihm. Wir hatten die Stelle erreicht, an der wir unsere Gefährten zurückgelassen hatten. Nachdem das Rumpeln des Handwagens aufgehört hatte, erfüllte eine unnatürliche Stille die kilometerlangen Tunnel, die sich vor uns erstreckten. Nur das Funkgerät knisterte…
Achtzehn
I
Erneut muss ich in der Wahl der Worte äußerst präzise sein, um der Öffentlichkeit die erschütternden Fakten der Großen Nordexpedition darzulegen. Wir waren, wie ich bereits sagte, fast an der Stelle, an der wir Van Damm und Holden verlassen hatten. Das Erste, was wir im Schein unserer Helmlampen erkennen konnten, war das Glitzern einiger kleinerer Objekte, die auf dem harten Tunnelboden lagen. Sowohl Scarsdale als auch ich hatten mittlerweile natürlich unsere Revolver gezogen, und da ich am weitesten von der Tunnelwand entfernt war, lief ich vor den Handwagen und bückte mich, um unseren Fund zu untersuchen.
Ich las mehrere gebrauchte Hülsen auf und gab sie Scarsdale, ohne ein Wort zu verlieren.
»Das waren die Schüsse, die wir gehört haben«, sagte Scarsdale mit grimmiger Miene und steckte die gebrauchten Patronen in seine Tasche. »Er hatte also Zeit nachzuladen.«
Wir zogen den Handwagen die wenigen verbliebenen Meter weiter und stießen auf einige vom Haupttunnel abzweigende Gänge. Wir schauten uns genau um. Ich nahm als Erster den Ekel erregenden Gestank wahr, der mit jedem Schritt stärker wurde. Es fiel mir schwer, meine Nerven ruhig zu halten, und wäre nicht Scarsdales unerschütterliche Haltung gewesen, hätte ich wahrscheinlich die Flucht ergriffen.
Ohne eine sichtbare Gefühlsregung bedeutete er mir, den Handwagen anzuhalten. Seine kehlige Stimme hallte laut durch die Korridore. Während das umherwandernde Echo in den kilometerlangen Höhlen verklang, lauschten wir verzweifelt auf eine Antwort von Holden oder Van Damm. Nach einigen weiteren Rufen, die von einem schwachen, trippelnden Geräusch aus großer Entfernung beantwortet wurde, das mich veranlasste, meinen Revolver fester zu packen, hievten und stießen Scarsdale und ich den Handwagen über die letzten dreihundert Meter.
An dieser Stelle hatten wir einige Ausrüstungsgegenstände zurückgelassen, darunter eine Trage, auf der sich der zugedeckte Holden ausgeruht hatte. Zunächst sahen wir auf dem Tunnelboden durcheinander geworfene Decken, dann die Trage selbst, die falsch herum da lag, und zuletzt die von ihr ausgehenden Spuren jener schleimigen Ausscheidungen, die wir
Weitere Kostenlose Bücher