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Die Eiskrone

Die Eiskrone

Titel: Die Eiskrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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genommen, und niemand wird mehr mit dem Gefängnis drohen. Dir ebenso wenig wie mir.«

 
6
     
    Roane holte Lebensmittel zusammen, suchte Stiefel heraus und legte einen Coverall für die Prinzessin zurecht. Dabei überlegte sie sich immer wieder, wie sie in diese Sache hineingeraten war. Plötzlich schien ihr die ganze Schulung, die sie ausschließlich auf ›gut‹ und ›böse‹ gedrillt hatte, als zweifelhafte Angelegenheit.
    Ludorica hatte inzwischen den Inhalt eines Behälters versucht. »Das ist aber gut! Wieso ist es heiß? Ich sah doch selbst, daß du es nicht von einem Herd weggenommen hast.«
    »Das gehört zu unserer Lebensweise«, erklärte sie nur kurz, denn sie war unendlich müde. Am liebsten hätte sie jetzt sehr lange geschlafen, doch es ging nicht. So nahm sie zwei Tabletten, die ihre Müdigkeit linderten. Dann erst konnte sie essen.
    Roane und die Prinzessin waren nahezu von gleicher Größe, und Roane zeigte ihr, wie sie mit der Fingerspitze am Verschluß entlangstreifen mußte, damit sie in den Coverall schlüpfen konnte. Ludorica war sehr beeindruckt.
    »Mit Kleidern macht ihr euch aber keine Mühe«, meinte sie dann. »Spitzen, Bänder, Schnallen und all diese Sachen sind doch sehr schön.« Als sie das Kleidungsstück angezogen hatte, besah sie sich kritisch. »Lange werde ich das Ding hier wohl nicht tragen. Warte nur, bis wir nach Yatton kommen, Roane. Oh, wie schön wirst du in unseren Kleidern aussehen! Ich werde dich für all deine Mühe reichlich entschädigen. Schade, daß dein Haar so kurz ist. Nun, vielleicht wächst es schnell. Ah, ich weiß! Du kannst eine Charn-Haube tragen und dazu ein breites Band …«
    Roane lachte. Ihr war, als sei sie aus einer harten, realen Welt in ein Phantasiereich versetzt worden. Wie wäre es sonst möglich, mit einer Prinzessin von Reveny in einem kargen Lager zu sitzen und sich von Kleidern und Hauben erzählen zu lassen?
    Roane war vorsichtig und tat alles, was nur möglich war, um ihre Spur nach Yatton zu verwischen. Was mußte sie unbedingt an Werkzeugen mitnehmen? Die Lampe, frisch mit einem Extraenergiesatz ausgestattet; Detektor und Kommunikator mußten zurückbleiben, weil sie auf Lagerinstrumente abgestellt waren; der Stab? Nein; irgendwo mußte sie eine Linie ziehen, wo sie aufhören wollte, den Service zu betrügen. Aber einen kleinen Sanitätskasten würde sie mitnehmen.
    »Solltest du mir nicht helfen, dieses Ding hier abzunehmen?« fragte die Prinzessin und deutete auf ihren Eisenkragen, von dem noch die Kette herunterhing.
    »Komm näher zum Licht, damit ich besser sehen kann.«
    Die Prinzessin bückte sich, und Roane fand ein kleines Schlüsselloch, das ihr im schwachen Licht des Turmes entgangen war. Sie brachte einen Werkzeugkasten herbei, versuchte ein paar Instrumente, fand schließlich eines, dessen Spitze in das Loch paßte, und mit einem leisen Klicken sprang der Eisenkragen auf.
    »Ah!« Ludorica rieb sich den Hals, an dem sich rote Striemen zeigten, aber Roane entnahm dem Sanitätskasten eine Salbe, mit der sie den Hals der Prinzessin einrieb. »Ah, das nimmt sofort den Schmerz weg«, stellte Ludorica erfreut fest. »Ihr habt wundervolle Sachen. Ich habe dein Essen in mir, deine Kleider an meinem Leib und nun auch dieses Wundermittel auf meiner Haut. Ich fühle mich so wundervoll, als könnte ich jederzeit mit Reddick fertig werden.«
    Roane suchte noch etliche Dinge zusammen, die ihr nützlich erschienen, darunter einen Stunner. Er diente dem persönlichen Schutz, und wollte ein Unbefugter ihn benützen, dann zerstörte er sich selbst. Er tötete auch nicht, sondern schläferte nur ein. Schaltete man den höchsten Wirkungsgrad ein, dann konnte er Gehirnschäden hervorrufen; eine mittlere Dosis lähmte für eine Weile.
    Nachdem Roane noch einmal alles genau überprüft hatte, legte sie ihren Gürtel um die Taille. Die Prinzessin hatte die Kette um den Eisenkragen gewickelt und trug diesen in der Hand.
    »Warum nimmst du das Ding mit?« erkundigte sich Roane.
    »Ich hatte es an meinem Körper und will es herzeigen, wenn ich meine Geschichte erzähle. Wenn eine Prinzessin von Reveny wie ein Tier angekettet wird, dann erhebt sich die ganze Bevölkerung gegen den Bösewicht. Ich weiß nicht, was Reddick inzwischen gegen den Thron unternommen hat, aber das, was er mir antat, wird allen eine Warnung sein, die ihn bisher für einen Edlen gehalten haben. Wenn ich erst Nelis erreicht habe …«
    Roane sah sich noch einmal im Lager

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