Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
Vom Netzwerk:
BRING’S HINTER DICH!!»
    Da geschah etwas Unerwartetes: Ein Blitz flammte auf, und in diesem schrecklichen Sekundenbruchteil sah Grove etwas Furchtbares: Das Gesicht des Mannes verwandelte sich wie von Geisterhand – das Fleisch erschlaffte wie ein schrumpelnder Luftballon, alles Feuer erlosch in den Augen. Das blutrünstige Grinsen schmolz zu einem Ausdruck gekränkten Entsetzens. «Ohhh – G – Gott – n – nein», stammelte Ackerman plötzlich und versuchte verzweifelt, Grove etwas mitzuteilen.
    «WAS?! REDE MIT MIR, ACKERMAN! SCHEISSE, WAS WOLLEN SIE DENN?»
    Der Revolver wackelte, der große Mann zuckte zusammen, als kämpften innere Kräfte um die Kontrolle über seinen Körper. Plötzlich erkannte Grove irgendwo tief vergraben in seinem Hinterkopf die Anzeichen: die klassischen dissoziativen Bewegungen einer Person, die unter MPS litt, einer multiplen Persönlichkeitsstörung. Aber hinter dieser Erkenntnis lauerte wie ein riesiger schwarzer Leviathan etwas Dunkleres und Bedeutsameres.
    «Lassen S – Sie i – i – ihn nicht», stammelte der Killer, eine Träne auf der Wange. Den Arm mit der Waffe ließ er jetzt hängen, seine Stirn war zerfurcht, die Augen hatte er in Todespein zusammengekniffen.
    «Was soll ich ihn nicht lassen?! WAS DENN?!» Grove kochte vor Wut und Schmerz, seine Beine waren bleischwer, wie festgeschweißt an das Felsgestein. Die Dunkelheit kehrte zurück, diesmal noch tiefer. Absolute Schwärze. Grove rang keuchend nach Atem, bemüht, seinen Angreifer zu sehen.
    Die gebrochene Stimme in der Dunkelheit: «Lassen Sie sich nicht von ihm töten… S – Sie sind derjenige, den er will… Sie sind es… und Sie sind es schon immer gewesen.»
    Sie erreichten den Rand der Lichtung – zwei taktische Einsatzkräfte vom SWAT aus Portland, das erst wenige Minuten zuvor eingetroffen war, sowie ein Agent vom Außenbüro in Olympia –, exakt in dem Moment, als ein weiterer Blitzschlag das Gelände erleuchtete. Simms, der ältere der beiden SWAT-Leute, übernahm die rechte Flanke, sein Sturmgewehr fest in den behandschuhten Händen, mit den Augen in den aufflackernden Regen blinzelnd. Der jüngere Mann, Karras, schwer beladen mit Kevlarweste und regennasser taktischer Ausrüstung, übernahm die linke Seite und signalisierte dem dritten Mann, Boeski, mit einer schnellen Abwärtsbewegung der Faust, er solle die Nachhut bilden und Verfolger, wenn nötig, unter Beschuss nehmen. Dann schwangen sich Simms und Karras wie schwer bewaffnete Balletttänzer gleichzeitig über die Felskante und kauerten sich auf das regennasse Plateau. Simms sah den niedergestreckten Special Agent – Zorn mit Namen – sofort und gab Karras ein Signal, indem er mit flacher Hand die Luft horizontal durchschnitt. Karras, der weniger Erfahrene von den beiden, biss frustriert die Zähne zusammen und stampfte mit dem Stiefel aufs Moos. Er war außer sich vor Wut darüber, dass sie Leute im Wald so leicht verlieren konnten, obwohl es vor Ort von taktischen Einsatzkräften wimmelte, aber schuld waren dies verfluchte Gewitter und die unberechenbare Weise, in der sich Geräusche im Wald ausbreiten. Aber auf den Luxus von Gefühlen musste er sehr schnell verzichten, denn sie befanden sich im Augenblick in höchster Alarmbereitschaft, und die Gesten von Simms, der zwanzig Meter entfernt auf der sturmgepeitschten Klippe mal die Fäuste ballte und dann wieder mit dem Finger auf irgendetwas zeigte, sagten dem Second Class Young Tactical Sergeant Anton Karras alles, was er wissen musste. Simms machte einen schnellen Abstecher zu dem Mann am Boden und stellte fest, dass er nicht mehr zu retten war. Doch der andere, Grove, und der Verdächtige mussten sich hier noch irgendwo aufhalten. Sie waren bewaffnet, und so wild wie Simms in Richtung der nahe gelegenen Wälder gestikulierte, wahrscheinlich gefährlich nahe und unmittelbar bedrohlich. All das spielte sich innerhalb weniger Sekunden ab, bevor ein durchdringender Laut ertönte, der aus dem nahen Gehölz aus Fichten und Tamaracklärchen kam. Unwillkürlich kauerten sich die beiden Officers in den Matsch und streckten ihre gekrümmten Rücken nach oben wie verschreckte Tiere. Ihre gedrillten Muskeln entsannen sich aber, wie die Waffen in Anschlag zu bringen waren, und reagierten blitzschnell. Darüber hinaus jedoch wagte keiner von beiden eine Bewegung, weil der animalische Laut, der wie eine markerschütternde Fanfare durch den Regen schallte, für menschliche Ohren nicht zu

Weitere Kostenlose Bücher