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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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kann wohl keiner begreifen. Aber sie kann es auch nicht leicht gehabt haben. Das häßliche junge Entlein, aufgewachsen mitten unter schönen Schwänen. Ständig weggestoßen und ignoriert zu werden. Es war nicht so, daß man jemals richtig bösartig zu ihr gewesen ist, Julia war einfach nur - unerwünscht. Zum Beispiel hat Alex sie in der Zeit, als wir in Frankreich wohnten, nie erwähnt. Ich war ungeheuer erstaunt, als ich nach Schweden zog und feststellte, daß Alex eine kleine Schwester hat. Sie redete mehr von dir als von Julia. Ihr müßt wohl eine ganze besondere Beziehung gehabt haben.«
    »Ich weiß eigentlich nicht. Wir sind Kinder gewesen. Wie alle in dem Alter waren wir Busenfreundinnen, wollten uns nie trennen und so. Wäre Alex nicht weggezogen, wäre mit uns wohl dasselbe passiert wie mit anderen Teenagern: Wir hätten uns um dieselben Jungs geprügelt, hätten unterschiedliche Modeartikel bevorzugt, wären in der gesellschaftlichen Rangordnung auf verschiedenen Stufen gelandet und hätten uns wegen anderer Freundinnen verlassen, die besser zu der Phase paßten, in der wir uns befanden - oder befinden wollten. Aber es stimmt schon, Alex hat auf mein Leben, auch jetzt als Erwachsene, großen Einfluß gehabt. Ich habe wohl dieses Gefühl, daß man mich im Stich gelassen hat, nie ganz abschütteln können. Als wir uns als Erwachsene wieder über den Weg liefen, war sie mir fremd. Auf irgendeine merkwürdige Weise ist es, als ob ich sie jetzt wieder kennenlerne.«
    Erica dachte an den Stapel Seiten, der bei ihr zu Hause immer mehr anwuchs. Bisher hatte sie nur eine Sammlung von Eindrücken und Berichten, vermischt mit eigenen Gedanken und Reflexionen. Ihr war nicht einmal klar, in welche Form sie das Material gießen sollte, sie wußte nur, daß sie sich die Sache einfach vornehmen mußte. Ihr schriftstellerischer Instinkt sagte ihr, daß sie hier die Chance hatte, etwas wirklich Echtes zu schreiben, aber sie hatte keine Ahnung, wo die Grenze zwischen ihren Bedürfnissen als Autorin und ihrer persönlichen Beziehung zu Alex verlief. Die Neugier, die man brauchte, um etwas zu schreiben, trieb sie auch dazu an, in einem bedeutend persönlicheren Bereich nach der Lösung des Rätsels von Alex’ Tod zu suchen. Sie hätte sich entscheiden können, Alex und ihr Schicksal fallenzulassen. Hätte dem ganzen betrüblichen Clan um Alex den Rücken zudrehen und sich mit sich selbst und ihren eigenen Problemen beschäftigen können. Statt dessen stand sie in einem Zimmer voller Menschen, die sie eigentlich nicht kannte.
    Plötzlich fiel ihr etwas ein. Fast hätte sie das Bild vergessen, auf das sie in Alex’ Schrank gestoßen war. Jetzt erinnerte sie sich auf einmal, warum ihr die warmen Töne, mit denen Alex’ nackter Körper auf die Leinwand gebannt war, so bekannt erschienen. Sie drehte sich zu Francine um.
    »Weißt du, als ich dich in der Galerie getroffen habe …«
    »Ja?«
    »Da hing ein Bild gleich neben der Tür. Ein großes Gemälde mit ausschließlich warmen Farben, Gelb, Rot, Orange .«
    »Ja, ich weiß, welches du meinst. Was ist damit? Sag jetzt nicht, daß du ein Angebot darauf machen willst.« Francine lächelte.
    »Nein, aber ich frage mich - wer hat das denn gemalt?«
    »Ja, das ist eine ziemlich traurige Geschichte. Der Maler heißt Anders Nilsson. Stammt übrigens hier aus Fjällbacka. Alex hat ihn entdeckt. Er ist ungemein begabt. Leider hängt er auch an der Flasche, was ihn vermutlich um jede Möglichkeit als Künstler bringt. Heutzutage reicht es nicht, seine Bilder an eine Galerie zu geben und auf Erfolg zu hoffen. Du mußt dich auch als Maler erfolgreich selber promoten, dich auf Vernissagen zeigen, Veranstaltungen besuchen und dem Bild des >Künstlers< in jeder Hinsicht entsprechen. Anders Nilsson ist ein heruntergekommener Säufer, den man nicht im Haus haben möchte. Wir verkaufen hin und wieder ein Bild an Kunden, die ein Talent erkennen, wenn sie es sehen, aber ein Fixstern am Kunsthimmel wird Anders nie werden. Wenn ich es richtig kraß ausdrücken soll, dürften seine Möglichkeiten am größten sein, wenn er sich zu Tode saufen sollte. Tote Maler sind beim breiten Publikum immer gut angekommen.«
    Erica schaute das zarte Wesen vor sich verwundert an. Francine bemerkte ihren Blick und fügte hinzu: »Ich wollte nicht so zynisch klingen. Es macht mich nur wütend, daß jemand soviel Talent hat und es mit einer Schnapsflasche vergeudet. Er hatte Glück, daß Alex seine Bilder gefunden

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