Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
aus den verschiedensten Tempeln des Zwischenlandes geraubt hatten.
Andir äußerte keinen Ton, ging nicht zu Boden, ließ den hellen Stab auch nicht fallen, sondern umklammerte ihn mit beiden Händen, bis die Knöchel unter seiner bleichen Haut hervortraten.
Magolas murmelte eine Formel, die die Kräfte des dunklen Stabes sammelte, und hob den Stab weit über seinen Kopf. Aus Augen und Mund des Totenschädels schoss pure Finsternis, Myriaden pechschwarzer Teilchen. Allerdings quollen sie nicht als eine Art schwarzer Rauch oder wimmelnder Schwarm hervor, sondern zischten als gebündelter Strahl blitzartig in Andirs Richtung. Der Strahl traf Andir voll. Diesmal stöhnte der Elbenmagier auf und wand sich vor Schmerz, während gleichzeitig seine Augen grellweiß aufglühten und der geflügelte Affe am Ende des hellen Stabs zum Leben erwachte.
In einer der Pranken des goldenen Götzen entstand eine Kugel aus Licht, die er Magolas entgegenschleuderte.
Magolas wich zurück, doch der Lichtball erwischte ihn, dehnte sich blitzschnell aus und hüllte ihn ein. Der Schrei des Großkönigs hallte schauerlich von den Tempelmauern wider, während er schon gar nicht mehr in seinem hell leuchtenden Gefängnis zu sehen war. Dann verdunkelte sich der Lichtball, wurde zu schwarzem Rauch, der zu den an der Decke aufgehängten Schädeln emporstieg.
Magolas lag am Boden und rang nach Atem. Für einen kurzen Moment gewannen seine Augen jene Färbung zurück, die ihnen eigentlich von Natur aus eigen war, und das Weiße darin war zu sehen. Doch das währte nur wenige Herzschläge lang, dann hatte die Finsternis wieder Besitz von ihm ergriffen und füllte seine Augen vollkommen aus. Er rappelte sich auf.
Andir trat auf ihn zu. Auf der weißen Kutte aus Elbenzwirn zeigte sich ein schwarzer Rußfleck, verursacht durch den dunklen Strahl, der Andir getroffen hatte. Der Elbenmagier wischte mit der Hand darüber, und der Ruß fiel als schwarzer Staub von ihm ab; auf dem Elbenzwirn blieb nichts zurück.
Erneut ließ Magolas schwarze Strahlen aus dem Totenkopf schießen. Andir hob den weißen Stab, hielt ihn mit beiden Händen vor sich, als wollte er damit einen Schwertstreich abwehren, und ein unsichtbares Schutzfeld umgab ihn plötzlich, von dem der Strahl aus schwarzen Teilchen abprallte; zunächst wurde er nach oben abgelenkt und zertrümmerte reihenweise die von der Decke hängenden Schädel. Die Totenköpfe waren so unterschiedlich und vielfältig wie das Leben in den Gefilden des Zwischenlandes selbst. Augenlose Schädel zerplatzten ebenso wie jene, die von Wesen stammen mussten, die Elben oder Menschen ähnlich waren. Schon ein paar wenige Partikel des dunklen Strahls genügten, um sie der Reihe nach zu zerstören. Die Splitter glühten auf und bildeten ein groteskes Feuerwerk unter der Dachkuppel des Tempels.
Andir veränderte die Haltung des Stabes ein wenig, sodass der dunkle Strahl in Richtung des Altars abgelenkt wurde. Er traf das im Stein steckende Schwert des Eisenfürsten Comrrm, das plötzlich zu vibrieren und zu summen begann.
»Nein!« Magolas ließ den Strahl aus Finsternis abbrechen.
Das Schwert zuckte empor, brach aus dem Stein, flog in die Höhe, drehte sich dabei auf chaotische Weise um den eigenen Schwerpunkt, sodass man fast den Eindruck gewinnen konnte, zwei unterschiedliche Kräfte würden darum ringen.
Dann flog es in Magolas’ Hand. Er umfasste es zitternd, so als hätte er Mühe, die Kräfte dieses Schwerts zu bändigen, während er mit der anderen Hand den Zauberstab hielt.
Im nächsten Moment schleuderte er das Schwert seinem Bruder entgegen. Mit der Geschwindigkeit eines Geschosses, wie sie von den Schlachtkatapulten an der Aratanischen Mauer auf die Gegner abgefeuert wurden, sauste die Klinge mit ihrer Spitze voran auf Andir zu. Dieser wehrte den Angriff mit dem Zauberstab ab. Die Klinge landete klirrend auf dem Marmorboden.
Magolas streckte erneut seine freie Hand aus, und das Schwert kehrte zu ihm zurück. Magolas schien zumindest den Kampf um die Klinge für sich entschieden zu haben. Erneut schleuderte er das Schwert. Doch diesmal fing Andir es auf.
»So wirst du mich nicht umbringen können, Bruder!«
Andir warf das Schwert zurück – und die Klinge des Eisenfürsten durchschlug den dunklen Zauberstab in Magolas’
Hand!
Die Spitze mit dem Totenschädel fiel zu Boden, der Schädel zersprang, und vor Magolas’ Augen verwandelte sich der Marmorboden in den Schlund der Finsternis, über den
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