Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
einziges ausreichen wird. Ein einziges, und mit mir als einzigem Fahrgast ... Die anderen werden nicht zurückkommen!«
Oisin nickte, während es in seinen Gedärmen loderte und sein Kopf röter war denn je.
»... Aber sie dürfen nichts davon erfahren, kannst du mir folgen? Das wird unser kleines Geheimnis bleiben.«
Der andere nickte wieder.
»Schön«, sagte Blade. »Und jetzt gib mir die Taube.«
Der Gnom tat unwillig, wie ihm geheißen. Blade öffnete die kleine Käfigtür und streckte die Hand hinein.
»Eine wirklich schöne Taube. Wie schade das alles ist...«
Ohne dass der Gnom Zeit gehabt hätte zu reagieren, drehte er dem Vogel den Hals um und warf ihn ins Wasser.
»Was habt Ihr da getan?«, rief Oisin verzweifelt.
Ohne zu antworten, sprang Blade leichtfüßig auf das zwei- ten Floß und löste es vom Ponton. Dasselbe tat er mit dem dritten, von dem aus er wieder einen Satz ans Ufer machte. Er sah ihnen kurz nach, wie sie forttrieben und in den Nebelschwa- den verschwanden. Dann erst wandte er sich wieder dem Gnom zu. Alle Freundlichkeit war aus seiner Stimme verschwunden.
»Verstecke dich mit deinem Floß, und sei hier jeden Abend bei Einbruch der Nacht, bis ich wiederkomme. Und denk daran, Gnom: Mit diesem Fläschchen überlebst du nur wenige Tage. Ich bin deine einzige Rettung. Sei also pünktlich ...«
Nachdem Frehir wieder fort war, blieb die Königin Lliane allein mit Uther zurück und lehnte sich gegen den Stamm der großen Weide. Ohr und Wange gegen die Rinde gepresst, sprach sie zum Herz des Baums und mischte, was sie von der Sprache der Pflanzen kannte, unter ihre magischen Beschwörungsformeln: Das Rauschen der Blätter, das Knarren der Äste, das Ächzen des Holzes ...
Bald begann die alte, schlafende Weide von den Wurzeln bis in die belaubten Astspitzen zu beben. Langsam und unmerklich glitten die Zweige über den Torfboden. Die Äste spannten sich, der Stamm neigte sich, die Blätter verflochten sich. So formte sich um den Ritter und die Königin ein undurchdringlicher Vorhang, eine geheime, vor allen Blicken geschützte Kammer.
Als Frehir mit Tills leblosem Körper in den Armen wiederkam, erwartete Lliane ihn am Waldrand. Sie führte ihn bis zu der Weide und brachte, während er Tills Körper in den Schutz des Laubs bettete, seine Tiere in Sicherheit. Sie streichelte den Kopf des Hundes, der leise jaulte, weil er sich Sorgen um den Zustand seines Herrn machte, und hielt dem Falken die Faust hin, damit er sich darauf niederlassen konnte.
»Nobler Vogel, du, der du höher fliegst und weiter siehst als irgendein lebendiges Wesen außer den großen Adlern in den Bergen von Moiran, entfalte deine Flügel und suche heilende Kräuter und Pflanzen. Oll-iach, die alles heilende Mistel, Bunge und Vogelmiere, Bilsenkraut, Klee und Ziest ... Flieg!«
Sie warf die Faust hoch und der große weiße Falke flog auf und hoch über den Wipfel der Weide davon.
Der Hund neben ihr winselte noch immer.
»Wir werden sie heilen«, sagte sie und kraulte mit den Fingern sein Fell. »Mach dir keine Sorgen ...«
Uther erwachte und fuhr mit einem Schreckensschrei hoch. Dann spürte er auf seiner Stirn die Berührung unendlich sanfter Hände, die magisch das Fieber vertrieben, das in ihm brannte. Jemand hob seinen Kopf an und führte eine Feldflasche an seine Lippen.
»Trinkt«, sagte die Königin. »Das ist Eichenwasser ... Auch Mistel und noch einiges andere. Das wird Euch kurieren ...«
Uther nahm einen Schluck und ließ seinen Kopf in den Nacken fallen. Er bemerkte Till, der in seiner Nähe saß, gegen den Stamm der Weide gelehnt. Der Grüne Elf nickte ihm zu und kniff die Augen zusammen, was man als eine Art freundschaftliches Lächeln deuten konnte. Dann wurde ihm wieder schwarz vor Augen.
Der Falke segelte durch den dunklen Himmel, mit vom Regen schwerem, weißem, grau getupftem Gefieder. So weit das Auge reichte, ein Labyrinth aus Grün: Teiche, Torfgruben und dichtes Gebüsch, aber keine Spur von Leben. Nicht weit entfernt war die Hügelkette zu sehen, die den Beginn der Schwarzen Marken anzeigte, und ihn schauderte unwillkürlich. Er drehte über seinen rechten Flügel ab und überflog ein Wäldchen, das Frehir, der Barbar, der die Gegend erkunden sollte, mit großen Schritten durchmaß. Dick in Felle vermummelt und Arme und Beine mit Schlamm bedeckt, um sich zu tarnen. Der Vogel stieß ein kurzes, amüsiertes Glucksen aus. Man musste schon ein Mensch sein, um zu glauben, man könne sich
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