Die Elfen
Esstisch. Welch eine Verschwendung!, dachte Mandred. Der Tisch war viel zu groß für einen einzigen Bewohner. Dann erinnerte er sich daran, dass Nuramon von seiner Familie gesprochen hatte. Einst hatte vielleicht seine ganze Sippe hier gelebt. An diesem Tisch fanden leicht zwölf Leute Platz. Es musste niederschmetternd sein, allein mit seinen Erinnerungen in einem solchen Haus zu wohnen. Mandred wurde sich bewusst, dass dies der Grund war, warum er nicht mehr in Firnstayn leben wollte. Dort allein mit seinen Erinnerungen an Freya zu sein, das wäre nichts für ihn. So sehr er Alfadas liebte, er könnte dort nicht mehr glücklich sein.
Mandred war müde und setzte sich in einem Nachbarzimmer an ein Fenster, an dem ein schweres Kissen einen hervorragenden Ruheplatz bot. Von hier aus konnte er bis zum Gebirge blicken. Es wirkte jetzt weniger bedrohlich als eben noch, da Nuramon von den Dunkelalben und deren Kindern gesprochen hatte. Hatte er nicht gesagt, sie hätten dort einst gelebt? Was wohl aus den Kindern der Dunkelalben geworden war? Während Mandred darüber nachdachte, sank er in einen ruhigen Schlaf .
Er träumte von einer Männerstimme im Wind, die zu ihm flüsterte. »Zeit, mein Schweigen zu brechen. Erzähle mir, was dir geschah!«
Und Mandred berichtete der Traumstimme von dem Manneber und seinem Versagen im Eis, von seiner Rettung durch Aikhjarto, von der Elfenjagd, von seinem Sohn und der Suche nach Noroelles Kind.
Als Mandred geendet hatte, wartete er auf ein weiteres Flüstern im Wind. Doch die Stimme schwieg, und der Wind verflog.
Mit einem Mal schreckte er auf. Er schaute hinaus. Es war dunkel geworden. Der Wind bewegte sanft die Äste und Blätter.
Mandred gähnte und streckte sich. Er hatte das Gefühl, nur kurz eingenickt zu sein. Tatsächlich aber musste er einige Stunden geschlafen haben, denn es war Nacht. Er schaute sich um. Die Barinsteine spendeten warmes Licht. Dann bemerkte er einen Duft. Fleisch! Er sprang auf und ging nach nebenan zum Esstisch. Dort lag rohes Gemüse, das offensichtlich frisch geerntet war.
Durch die offene Tür zur Küche konnte er Nuramon sehen, wie er vor dem Steinofen stand und irgendetwas hineinschob. Mandred war erstaunt. Nicht nur, dass Alaen Aikhwitan es duldete, dass Nuramon in ihm lebte, er ließ es sogar zu, dass hier ein Feuer gemacht wurde! Wie es schien, machte es der Eiche nichts aus.
Da wandte sich der Elf um und trat zu Mandred ins Zimmer. »Endlich bist du wach. Mir war gar nicht aufgefallen, wie erschöpft du warst. Ich war in der Zwischenzeit draußen im Wald und habe gejagt.« Der Elf nahm das Gemüse vom Tisch.
Mandred schämte sich. Er hatte die Jagd verpasst und faul herumgelegen und geschlafen. »Der Platz am Fenster ist einfach zu gemütlich, um dort wach zu bleiben.«
Nuramon lachte. »An dem Fenster hat meine Mutter oft gesessen und mit Aikhwitan gesprochen.«
Beklommen sah der Jarl zurück. Die Vorstellung, dass ein Geist während seines Schlafs in ihm gewesen war, erschreckte ihn. »Mir war so, als hätte ich eine Stimme gehört.« Er erzählte dem Elfen, was geschehen war.
Nuramon ließ das Messer fallen, mit dem er das Gemüse geputzt hatte. Er wirkte überrascht und auch ein wenig beleidigt. »Da verbringe ich mein ganzes Leben hier, und Aikhwitan spricht nicht ein Wort zu mir. Ein Mensch aber kommt zufällig des Weges, und schon plaudert er mit ihm.« Er schüttelte den Kopf. »Verzeih! Natürlich spricht er mit dir. Immerhin hat Aikhjarto dich gerettet. Das muss er gespürt haben.«
Mandred fühlte sich unwohl. Er hatte nicht um die Gunst eines Baumes gebeten und hatte Nuramon nicht beleidigen wollen. Bäume! Wer hätte gedacht, dass sie so versponnen sein konnten. Gut, dass sie in seiner Welt schwiegen! Er packte Nuramon am Arm. »Komm! Vielleicht spricht er auch zu dir.«
Sie gingen zum Fenster und lauschten. Doch im Rauschen der Blätter war nichts zu hören. Das Flüstern kehrte nicht zurück. Und zuletzt zweifelte Mandred daran, ob er die Stimme wirklich gehört hatte oder ob es nicht doch ein Traum gewesen war.
»Ich kann ihn hier überall spüren, aber mehr nicht!«, sagte Nuramon. Der Elf gab sich Mühe, seine Enttäuschung zu überspielen, doch es gelang ihm nicht. »Lass uns das Essen machen.«
In der Küche angekommen, sah Mandred die Quelle des Duftes. Da brieten einige Stücke Fleisch vor sich hin. Er war erstaunt, wie rasch Nuramon das Fleisch vorbereitet hatte. Nirgendwo hier in der Küche waren Reste von
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