Die Elite
äußerst beunruhigende Entwicklung.
Meine Beine hatten jede Menge Kratzer abbekommen und nun, da die Anspannung nachließ, spürte ich das Brennen. Am Oberschenkel hatte ich außerdem eine kleine Prellung, von der ich nicht wusste, wie ich sie mir zugezogen hatte. Ich hatte Durst, und als ich es mir bequem machte, spürte ich, wie sehr mich die Anstrengung des Tages mitgenommen hatte. Ich lehnte meinen Kopf gegen den Baum und schloss die Augen, um ein wenig auszuruhen. Völlig erschöpft schlief ich ein.
Etwas später hörte ich das Geräusch von Schritten. Ich riss die Augen auf, und der Wald kam mir auf einmal viel dunkler vor. Wie lange hatte ich geschlafen?
Mein erster Impuls war, wieder auf den Baum zu klettern, und ich lief auf die andere Seite, wobei ich auf die Überreste der Tasche trat, die das Rebellenmädchen bei sich gehabt hatte. Doch dann hörte ich jemanden meinen Namen rufen.
»Lady America! Wo sind Sie?«
»Lady America?«, brüllte eine andere Stimme. Dann, nach einer Weile, wurde mit lauter Stimme ein Kommando erteilt: »Durchsucht alles gründlich. Verteilt euch und schaut genau hin.«
»Jawohl, Sir!«, antworteten mehrere Männer im Chor.
Ich spähte um den Stamm herum und kniff die Augen zusammen, um die Gestalten, die sich im Schatten bewegten, besser erkennen zu können. Ich war mir nicht sicher, ob sie wirklich hier waren, um mich zu retten. Doch einer der Männer, der trotz seines leichten Hinkens kein bisschen langsamer als die anderen war, räumte schließlich alle Zweifel aus.
Ein kleiner Fleck schwindenden Sonnenlichts fiel auf Aspens Gesicht, und ich rannte los. »Ich bin hier!«, rief ich. »Hier drüben!«
Ich lief direkt in seine Arme, und diesmal kümmerte es mich nicht, wer uns sah.
»Gott sei Dank«, flüsterte er in mein Haar. Dann wandte er sich an die anderen: »Ich habe sie! Sie lebt!«
Aspen beugte sich vor, hob mich hoch und wiegte mich in seinen Armen. »Ich hatte solche Angst, dass wir irgendwo deine Leiche finden würden. Tut dir etwas weh?«
»Die Beine, aber nur ein bisschen.«
Sekunden später umringten uns weitere Wachen, die Aspen zu seinem erfolgreichen Einsatz gratulierten.
»Lady America«, fragte der Befehlshaber, »sind Sie verletzt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nur ein paar Kratzer an den Beinen.«
»Hat man Ihnen wehgetan?«
»Nein. Die Rebellen haben mich gar nicht eingeholt.«
Er wirkte ein wenig überrascht. »Ich glaube nicht, dass eins der anderen Mädchen sie hätte abhängen können«, bemerkte er.
Ich grinste und entspannte mich endlich. »Von den anderen Mädchen ist ja auch keine eine Fünf.«
Einige der Wachmänner grinsten und auch Aspen schmunzelte.
»Da ist was dran. Kommen Sie, wir bringen Sie zurück.«
Der Befehlshaber ging voraus und rief den anderen Wachen zu: »Seid auf der Hut. Sie könnten noch immer hier irgendwo in der Gegend sein.«
Während ich ihm folgte, sagte Aspen leise zu mir: »Ich weiß, du bist schnell und clever, trotzdem hatte ich Angst.«
»Ich habe den Officer angelogen«, flüsterte ich.
»Was meinst du damit?«
»Sie haben mich schließlich doch eingeholt.«
Entsetzt blickte Aspen mich an.
»Sie haben mir nichts getan, keine Sorge, aber ein Mädchen hat mich gesehen. Sie machte einen Knicks und rannte dann weg.«
»Sie machte einen Knicks?«
»Ich war auch überrascht. Sie wirkte überhaupt nicht bedrohlich. Eigentlich sah sie eher wie ein ganz normales Mädchen aus.«
Ich dachte an Maxons Beschreibung der beiden Rebellengruppierungen und mutmaßte, dass das Mädchen aus dem Norden stammen musste. Es war keinerlei Aggressivität von ihr ausgegangen, nur das Bestreben, ihre Aufgabe zu erfüllen. Doch der Angriff der letzten Nacht ging, wie uns Aspens Befehlshaber nach jüngsten Informationen mitteilte, auf das Konto der Südrebellen. Bedeutete das also, dass die Angriffe nicht nur dicht aufeinanderfolgten, sondern auch von verschiedenen Gruppierungen ausgeführt wurden? Beobachteten uns die Nordrebellen womöglich und warteten, bis wir irgendwann erschöpft waren? Der Gedanke, dass sie den Palast ausspionierten, war irgendwie erschreckend.
Gleichzeitig mutete der Angriff in seiner Unverfrorenheit fast schon grotesk an. Waren sie einfach zur Vordertür hereinspaziert? Und wie lange hatten sie sich im Palast aufgehalten und ihre Schätze zusammengeklaubt? Wobei mir wieder etwas einfiel.
»Sie hatten Bücher bei sich, und zwar eine ganze Menge«, sagte ich.
Aspen nickte. »Das scheint
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