Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
Konvoi in Bewegung.
Caiden saß erneut am Steuer des Sattelschleppers mit Cassidy auf dem Beifahrersitz. Jetzt, wo sie sich mit ihrem Bruder ausgesprochen hatte, konnte sie die Aussicht genauso wie seine Gegenwart genießen. Sie unterhielten sich ausgelassen über die Abenteuer des letzten Monats. Caiden war besonders neugierig, was Silver Valley anging. Bei den Vultures gab es nur Gerüchte von dem magischen Juwel der Wastelands. Angeblich war es eine uneinnehmbare Festung voller Reichtümer, unbegrenztem Wasservorkommen und eigenständiger Stromversorgung. Cassidy ließ es sich nicht nehmen, über die verdrehten Ansichten der Gang zu lachen. Trotz der offensichtlich vorhandenen Spione glich der Nachrichtenfluss eher einer Märchenerzählung als einem Tatsachenbericht.
Angel hockte mit angezogenen Beinen auf dem Beifahrersitz des Humvees. Stundenlang schaute sie nachdenklich aus dem Fenster, bis Butch seine Neugier nicht mehr zügeln konnte.
»Nun sag schon, was ist?«, platzte es aus ihm heraus. Überrascht drehte Angel den Kopf herum und blickte ihn an, als ob die Antwort offensichtlich sei.
»Hast du vielleicht eine Idee, wie ich das alles Frank beibringen soll?«
»Du meinst, dass du mehreren hochrangigen Vultures die Absolution erteilt hast und sie einfach so mit in unsere Stadt führen willst?«
»Zum Beispiel!«, erwiderte sie mit ratlos erhobenen Händen.
»Wie ich Monroe kenne, wird er deinem Urteil vertrauen. Ich denke, er wird sich über die Verstärkung freuen.«
»Was ihn weniger begeistern dürfte, ist, dass wir keinerlei Ausrüstung gefunden haben. Der Truck ist gut ausgestattet, aber die Munition für die Geschütze ist fast erschöpft«, rief Victor von der Rückbank.
Angel antwortete nicht. Erneut blickte sie aus dem Fenster und ließ die Landschaft an sich vorbeiziehen. Ausrüstung , das war ihr Auftrag gewesen. Und sie war daran gescheitert. Ihr Blick fiel in den Rückspiegel, in dem sich das mächtige Wüstenschlachtschiff auftürmte. Oder vielleicht doch nicht?
***
Die Heimreise verlief angenehm zügig. Bereits kurz nach Mittag erreichten sie Temple Town und entschieden, trotz der Eile für fünfzehn Minuten Pause zu machen. Die Toiletteneinrichtung des Sattelschleppers, eine eingebaute Baustellenlatrine zwischen Aufleger und Zugmaschine, war hoffnungslos überlastet und der Humvee hatte nicht mal eine. Die meisten Passagiere sprangen wie vom Blitz getroffen aus dem Anhänger und stürmten auf die nächstbeste Ruine zu. Verzweifelt - und erfolglos - versuchte Cassidy die Menschen davon abzubringen, die Schützengräben für ihre Notdurft zu benutzen.
Faith streckte sich unterdessen in der Nachmittagssonne und ging ein paar Schritte durch die zerstörte Stadt. Dieser Ort wurde auf jeder Vulturekarte mit einem roten Punkt markiert, den erfahrene Gangmitglieder mieden. Sie fühlte sich unwohl und konnte es kaum abwarten, die Reise fortzusetzen.
»Hey. Kann ich kurz mit dir reden?«, rief Kim ihr zu. Geschmeidig und mit einem spitzen Lächeln auf den Lippen drehte sich die junge Amazone um. Das grelle Sonnenlicht spiegelte sich in unzähligen Klingen und Wurfmessern und blendete die rothaarige Frau so sehr, dass sie sich mit einer Hand vor den Augen schützen musste.
»Wieso habt ihr Angel nichts von dem echten Versteck gesagt?«
Faith hockte sich auf den Boden und spielte mit ihren Händen im feinen Wüstensand.
»Weil deine Angel davon weiß«, säuselte sie, ohne Kim dabei aus den Augenwinkeln zu verlieren. Ihr schockierter Gesichtsausdruck wirkte wie Balsam auf Faiths erschöpfte Seele. »Sie wusste es von dem Moment an, wo sie das Schlachtfeld untersucht hat! Wir konnten euch die ganze Zeit beobachten, als ihr unser ach so geheimes Waffenlager auseinandergenommen habt. Während ihr Amateure euch über den geschenkten Sieg gefreut habt, sah sie sich die Toten genauer an. Es dauerte nicht lange, bis sie realisierte, dass nur Sklaven und alte Männer vor ihr lagen. Ich erinnere mich sogar an dich. Angel hat immer noch kein eigenes Fernglas. Sie lässt sich heute wie damals deins geben.« Faith lachte leise. »Ich weiß nicht, ob sie uns gesehen hat, aber ich glaube nicht.« Die junge Frau stand auf und musterte blinzelnd Kims Augen. »Wenn du also wissen willst, warum das Thema nicht zur Debatte steht, dann frag deine heldenhafte Anführerin doch einfach selbst!«
Mit diesen Worten schlenderte sie zurück zum Sattelschlepper. Kim war verwirrt und fassungslos. Sie erinnerte
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