Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
in die Hand. Frank schaute Angel misstrauisch an, erkannte aber an ihrem schadenfrohen Blick, dass ihm zumindest keine körperliche Gefahr drohte. Vorsichtig öffnete er den Deckel und traute seinen Augen nicht. Zwölf handgedrehte Zigarren feinster Qualität schienen ihn für seine übertriebene Wachsamkeit förmlich auszulachen. Da er es sich nicht leisten konnte, während einer Krise das Gesicht zu verlieren, bedankte er sich höflich mit einem Handschlag, nickte anschließend jedoch seinen Leuten zu, die daraufhin die Vultures zu einer vergitterten Baracke führten, die er als provisorisches Gefängnis auserkoren hatte.
Dog warf Angel einen vorwurfsvollen Blick zu, behielt aber jeglichen Kommentar für sich. Voller Sorge verfolgte Cassidy, wie ihr Bruder abgeführt wurde und hoffte, dass Monroe ihn sofort freilassen würde, nachdem Angel Gelegenheit bekommen hatte, mit ihm zu reden. Nur Faith schien das Ganze völlig kalt zu lassen. Stolz, unbeugsam und mit einem scheinbaren Anflug von Neugier betrat sie die heruntergekommene Wellblechbaracke, als würde sie in eine frisch renovierte Villa einziehen.
Die Menge konnte ihre Helden nun endlich begrüßen. Sie reichten ihnen Wasserbecher und versorgten die befreiten Nachbarn aus Eagle Village mit dem Nötigsten. Nachdem diese den Sattelschlepper verlassen hatten, fuhr Butch ihn auf Befehl des Generals zu den Feldern im hinteren Teil des Lagers, um die Einfahrt nicht zu versperren. Angel folgte unterdessen Monroe in die Tankstelle, vermied dabei aber jedes Anzeichen von Kritik. Cassidy versuchte mit ihrem Bruder zu sprechen, doch die Wachposten vor der Baracke ließen laut Anweisung des Generals niemanden hinein. Als sie ihre Verwandtschaft mit einem der Gefangenen zur Sprache brachte, standen die Männer kurz davor, sie ebenfalls einzusperren, woraufhin sich Cassidy entschied, es nicht zu übertreiben und zum Lazarett zurückkehrte.
»Wie geht’s dir?«, fragte sie Johnny, der sich keuchend versuchte aufzurichten.
»Es sieht schlimmer aus, als es ist«, antwortete Kim für ihn. »Die Kugeln sind durch die Beine hindurch geflogen und in zwei Wochen wird er wieder laufen können.«
»Wir haben keine zwei Wochen!«, erwiderte Johnny erbost über seine eigene Unvorsichtigkeit, die ihn nun ans Bett fesselte. Cassidy lehnte nachdenklich den Kopf gegen die Lazarettwand. Er hatte Recht. Die Sicarii würden in weniger als sieben Tagen ihren Angriff auf Silver Valley starten.
»Was ist mit Mitch?«, fragte sie Steven. Der Arzt war gemeinsam mit einer Krankenpflegerin damit beschäftigt, die unzähligen Glassplitter aus seinem Gesicht zu entfernen. Er hatte seinen ungewöhnlichen Patienten narkotisiert, um störungsfrei arbeiten zu können.
»Schwer zu sagen«, murmelte er geistesabwesend. »Schön wird er nicht mehr, aber zumindest ein Auge ist unbeschädigt.«
Cassidy verließ die Baracke, um nach ihrer Freundin zu sehen. Sie schlenderte entspannt auf die Tankstelle zu und erwartete, dass man sie wie gewohnt passieren lassen würde. Diesmal versperrten ihr die Wachen jedoch den Weg.
»Was zum Teufel war das, Frank?«, hörte sie Angels Stimme aus dem Inneren. Sie klang sehr erregt; immerhin hatte der General das von ihr gegebene Versprechen auf Asyl und gute Behandlung gebrochen. »Ich sagte, was zum Teufel war das?«, schrie sie wütend und schleuderte dabei das Schachbrett vom Tisch. Damit sandte sie ein deutliches Signal. Noch nie hatte einer von ihnen das Ritual des unvollendeten Spiels verletzt.
»Ich habe dich verstanden!«, antwortete Monroe gereizt. »Ich habe dir meine Gründe genannt. Sie sind der Feind! Anders als du sind sie nicht verwundet zurückgelassen worden. Sie sind freiwillig hier und könnten jederzeit einen Angriff durchführen. Dieses Risiko kann ich nicht eingehen!«
»Und was ist mit meinem Wort? Zählt das nichts mehr? Oder das einer von ihnen Cassidys Bruder ist?«
Die Wachen vor der Tankstelle hörten genau wie die Teenagerin das lautstarke Gespräch und musterten sie nun argwöhnisch. Plötzlich fühlte sich das Mädchen völlig fehl am Platze, klimperte unschuldig mit ihren blauen Augen und trat eiligst den Rückzug an. Butch und Victor räumten unterdessen zusammen mit einigen Dorfbewohnern den Sattelschlepper aus. Viel Munition war nicht mehr übrig, dafür jede Menge leere Nahrungsbehälter und Wasserflaschen. Als sie Cassidy bemerkten, hoben sie die Köpfe und legten eine Pause ein.
»Wie sieht‘s aus?«, fragte Butch
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