Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Schaltungen kontrolliert. Hier könnten wir höchstens die Buchhaltung des gesamten Imperiums betreiben oder strategische Artillerieschläge berechnen, aber beides würde die Aufmerksamkeit von Zhang Yuen auf sich ziehen. Du kennst sicher seine Einstellung.«
»Keine hochentwickelte Technologie für Barbaren«, brummte Angel.
Jade nickte augenrollend. »Darum lassen wir die Kisten ausgeschaltet, bis wir sie wirklich einmal brauchen. Die Wasserpumpen und der generelle Stromverbrauch führen das Geothermalkraftwerk ohnehin bereits an die Belastungsgrenze.«
»Ihr verfügt also doch über etwas Hightech«, stellte Angel dabei fest.
»Sicher«, bestätigte Jade. »Wir dürfen sie nur nicht zu sehr zeigen.«
»Was ist dann mit den Drohnen? Denen über unseren Siedlungen. Stammen die von euch?«
»Nein. Yuen hat sie für uns gesteuert.«
»Hm«, murrte Angel. Inzwischen überraschte es sie nicht mehr, dass Zhang Yuen die ganze Zeit mit falschen Karten gespielt hatte. »Weiß Jiao davon?«
»Die würde ihrem Vater den Hals umdrehen«, scherzte Jade. »Du hättest sie mal erleben sollen, als ich ihr von Scarlets wahrem Schicksal erzählt habe.«
Angel wirkte ein wenig erleichtert, dass Jiao wieder einmal vom Haken war. Sie würde die quirlige Rebellin noch brauchen und außerdem blieb Cassidy dadurch ein böses Erwachen erspart. Nachdem nun eine ihrer dringendsten Fragen beantwortet war, weckte das Archiv ihr Interesse. »Was wollen wir eigentlich hier?«, fragte sie. »Noch mehr Experimente mit Gehirnspinnen?«
»Ich will dir jemanden vorstellen.«
Sie waren bei einer kreisrunden Safetür angekommen, die sich nur durch zwei gleichzeitig gedrehte Schlüssel öffnen ließ. Einen davon besaß Jade, den anderen bediente ein in zivile Sachen gekleideter Mann, der sie seit dem Treppenhaus begleitet hatte.
»Drei ... zwei ... eins«, zählte er rückwärts. Auf eins klickte die Mechanik des dicken Stahlschotts und das daran befestigte Rad ließ sich aufdrehen. Es war so groß wie das Steuer eines PKW. Als entsprechend massiv erwies sich die mannshohe Luke, die Jade und der Wärter nur gemeinsam aufzuziehen vermochten.
Kaum öffnete sich die schwere Panzertür, drang Musik aus dem Inneren. Dahinter erwartete sie zu Angels Überraschung ein vergleichsweise luxuriös eingerichteter Raum, der nur aufgrund seiner künstlichen Beleuchtung und der allumschließenden Stahlummantelung an eine Gefängniszelle erinnerte. Anstelle von Fenstern hing das Foto eines grünen Vorgartens mitsamt Vogeltränke, Blumenbeeten und blauem Himmel als Ersatz an der Wand. Der Metallboden wurde von aneinandergelegten Teppichen bedeckt. Eine Sitzecke legte sich um einen hölzernen Couchtisch, auf dem ein Radio den Sender der Stadt spielte. Dahinter lud ein gut gefülltes Bücherregal zum gemütlichen Lesen ein. Am Ende des Sofas reckte sich eine pechschwarze Katze, die von den lauten Türgeräuschen geweckt worden war. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es eine kleine Küchenzeile, die jedoch keinen Wasseranschluss besaß. Dafür standen mehrere große Wasserflaschen zur Verfügung. Abfälle und Abwasser wurden genau wie Fäkalien in speziellen Behältern gesammelt. Trotzdem stank es nicht danach. Die Luft war angenehm frisch und sauber, da der Safe ebenso wie der Rest des ehemaligen Archivs mit dem Klimasystem des Tempels verbunden war. Ohne Fenster war das auch bitter nötig, denn wenn sich die Safetür schloss, versiegelte sie den Tresor luftdicht.
»Hallo Pedro«, rief Jade von der Tür aus in Richtung der Sitzecke.
Neben der Katze hockte ein etwa zwölfjähriger Junge im Schneidersitz mit einem Buch in der Hand. Er las nicht darin und hatte vermutlich seit dem lauten Klicken der Türschlösser auf sie gewartet. Als Jade ihn ansprach, legte er das Buch beiseite, drehte das Radio leiser, stand auf und verbeugte sich leicht. Es war keine Kratzfußverbeugung wie die von Henry, sondern einzig eine Begrüßung.
»Herrin«, erwiderte er knapp.
Erst jetzt übertrat Jade die Türschwelle und setzte sich gemeinsam mit Angel zu dem Jungen. Der Gefängniswärter machte die Tür hinter ihnen wieder zu, aber das Schloss blieb offen.
»Wie geht es dir?«, fragte sie.
Pedro stand da wie angewurzelt und drehte sich lediglich in ihre Richtung.
»Gut.«
»Setz dich doch«, bat ihn Jade. Er gehorchte aufs Wort und setzte sich stumm auf seine Ausgangsposition. »Wie laufen deine Studien?«
»Herrin Yolanda versucht noch immer, mich für Mathematik zu
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