Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Kelly gestern aber nochmal glimpflich davongekommen«, staunte Jenny beeindruckt im Parkhaus. Sie war gemeinsam mit Alison gekommen, um Cassidy zu verabschieden und sah sie zum ersten Mal in voller Größe mit ihrem Sturmgewehr im Arm.
»Und du kannst echt nicht bei uns bleiben?«, bettelte Alison. »Eine Ausbildung hast du doch gar nicht mehr nötig!«
Cassidy schüttelte traurig den Kopf. Wenn es nur um sie ginge, wäre sie mit Sicherheit ins Haus Argon eingezogen.
»Caiden braucht meine Hilfe«, antwortete sie sehnsüchtig. »Faith hat ihn bestimmt schon wer weiß wohin verschleppt.«
Jade räusperte sich beim Gepäck verstauen, um sie daran zu erinnern, dass Faiths Schicksal zur Geheimsache erklärt worden war.
»Oh warte! Wir haben noch was für dich!«, sagte Jenny und zappelte voller Vorfreude auf den Fußspitzen herum. Alison griff daraufhin in ihre Schultasche und holte die Flasche Haarfestiger hervor. »Wohin auch immer es dich mit Herrin Jade verschlägt, deine Gegner sollen wissen, dass du Stil hast!«
»Dass sie eine von uns ist«, korrigierte Alison sie streng.
»Ähm ... natürlich«, grinste Jenny.
Cassidy betrachtete die bunt lackierte Spraydose in ihren Händen und wusste nicht so recht, was sie damit anfangen sollte. Sie erinnerte sich an die Geschenke der Einwohner von Eagle Village, von denen Angel ihr erzählt hatte. Handgranaten, Munition und Kuchen. Sinnvolle Dinge für das harte Leben in der Endzeitsteppe. Insgeheim überlegte sie, ob man mit dem Haarspray Gegner von sich fernhalten könnte. Immerhin hatte sie am Vorabend heftig davon niesen müssen, ohne das Zeug überhaupt ins Gesicht zu bekommen. Außerdem entdeckte sie einen Warnhinweis über den entflammbaren Inhalt.
Als Cassidy einen Platz an ihrem Armeegürtel für die unhandliche Dose suchte, fingen Alison und Jenny plötzlich an zu kichern, als hätten sie sich gerade einen Insiderwitz erzählt.
»Haben wir dich voll erwischt!«
Jenny nahm ihr sanft das Spray aus der Hand und verstaute es wieder in der Tasche. Sie kramte kurz darin und holte stattdessen einen durchsichtigen Zippbeutel hervor, der vier orangefarbene Pillenbehälter enthielt.
»Ich bin den ganzen Morgen durch unser Hospital gelaufen und hab versucht, ein paar nützliche Sachen für dich zu sammeln«, erklärte sie stolz und reichte Cassidy die Tüte. »Das sind feinste Antibiotika von den Hawkern, Codein gegen Schmerzen und Zeraphonin. Mit dem Letzten musst du aber verdammt vorsichtig sein, sonst ...«
»Ihr wollt ihr Scar andrehen!?«, fuhr Jade dazwischen und riss Cassidy den Beutel aus der Hand. »Seid ihr noch zu retten? Das Zeug ist nur den Prätorianern erlaubt!«
Nun wurde auch Angel neugierig, die sich bis eben mit Dog im Hintergrund gehalten hatte.
»Was ist da drin?«
»Zeraphonin ist ein extrem starkes Schmerzmittel, das wahnsinnig schnell süchtig macht«, erklärte Jade mit dem tadelnden Blick einer enttäuschten Bacchae. »Auf dem Schwarzmarkt nennt man es Scar und es ist im gesamten Imperium verboten!«
»Verzeihung, Herrin«, flüsterte Alison eingeschüchtert und senkte den Kopf in Erwartung ihrer Bestrafung.
Jenny hingegen gab sich nicht so leicht geschlagen. »Herrin«, begann sie respektvoll. »Ich bin mir über die Nebenwirkungen von Zeraphonin im Klaren und habe die Pillen entsprechend dosiert. Sie enthalten nur ein Viertel der Dosis der Prätorianischen Garde. Und ich hätte Cassidy natürlich über die Risiken aufgeklärt.«
Jade zog den Zippverschluss auf und untersuchte die Kapseln, ohne Jenny dabei aus den Augen zu lassen.
»Hm«, meinte sie kurz darauf. »Meinetwegen. Aber wenn sie von dem Zeug süchtig wird, kümmert ihr euch um den Entzug!« Mit diesen Worten drückte sie Cassidy den Beutel in die Hand.
»Wir wollen nur, dass du sicher wieder zu uns zurückkehrst«, stammelte Alison unter Jades strengem Blick. »Mit deinem Bruder.«
»Mir wird schon nichts passieren«, versuchte Cassidy sie zu beruhigen und zog sie vom Geländewagen weg.
»Ist das Zeug wirklich so gefährlich?«, fragte Angel, als sie mit Dog und Jade allein war.
»Eine starke Überdosis kann sie umbringen und ein paar Kapseln ziehen möglicherweise einen wochenlangen Entzug nach sich«, bestätigte die Bacchae und trat näher an sie heran. »Aber Jenny weiß, was sie tut. Sie ist die einzige Medizinstudentin, die Yolandas Krankenzimmer betreten darf.«
Angel nickte ihr ein wenig beruhigt zu.
»Dann wolltest du Cassidy also nur einen Schrecken
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