Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
laufenlassen?«, fragte Cassidy. Seit sie von Faith über die Bacchae und ihre Vorgehensweise gehört hatte, ließ sie die Frage nach dem Grund von Jades Handeln nicht mehr los.
»Genau!«, bekräftigte Dog ihre Skepsis. »Angel hat jede freie Minute damit verbracht, einen Vergeltungsschlag gegen euch zu planen!«
Jade schlenderte unbeschwert auf einen Obststand zu, schnappte sich einen Apfel und biss wohlig schnurrend hinein. Der Verkäufer nickte ihr grüßend zu und ließ sie gewähren.
»Und tut sie das immer noch?«, nuschelte sie kauend hervor.
»Nein«, antwortete Dog enttäuscht.
»Jiao«, murmelte Cassidy.
»Genau«, bestätigte Jade. »Jiao hat ihr die andere Seite von uns mordlüsternen Unmenschen gezeigt, nicht wahr?«
»Deswegen hast du uns zu ihr geschickt?«, kombinierte Cassidy. »Aber warum der Angriff an der Schlucht? Wir waren doch fast da!«
»Der alte Yuen hätte euch vielleicht nicht gleich erschossen, aber mit Sicherheit niemals willkommen geheißen, wie Jiao es stattdessen getan hat«, sagte Jade. »Ich musste also einen Weg finden, der sie gegen ihre Befehle verstoßen lässt.«
»Und dafür hast du um ein Haar Sharon umbringen lassen?«, rief Cassidy wütend.
»Das ... war anders geplant«, gab Jade etwas verlegen zu, biss dabei aber gleichzeitig ohne Reue in den saftigen Apfel. »Normalerweise trägt doch jeder von euch eine schusssichere Weste. Ihr beide habt sie nie abgelegt, seit ich euch aufgegabelt habe. Woher sollte ich wissen, dass gerade Sharon in genau diesem Moment keine tragen würde?«
»Wegen der Strahlenkrankheit, die wir alle für eine Schwangerschaft gehalten haben«, erinnerte sich Cassidy.
»Shawn hat ausschließlich Hohlspitzmunition von mir bekommen. Damit hätte er nicht mal die dünnsten Kevlarschichten durchschlagen. Und er durfte nur auf den Torso schießen, nirgendwo anders hin. Ein kalkuliertes Risiko sozusagen. Der Rest der Söldner hat mit ungefährlicher Munition gefeuert, die nach hundert Metern vom Himmel gefallen ist. Deren Ziel war nur, Jiao mit ihrem Hubschrauber anzulocken. Sie sollte Sharon sehen und sie mitsamt ihren notleidenden Freunden in Sicherheit bringen, was ja auch hervorragend funktioniert hat.«
»Wie, ungefährliche Munition?«, fragte Dog ungläubig. »Die hörte sich verdammte echt an!«
Jade biss ihr letztes Stück vom Apfel ab und warf den Rest in Richtung eines Mülleimers, verfehlte ihn aber knapp. Bevor sie ihren Abfall aufheben konnte, stürzten sich zwei Tauben von den Dächern und stritten sich gurrend um den Griebs. Jade zuckte zurück und wollte gerade zu einer weiteren Erklärung ansetzen, da musste sie Cassidy und Dog von der Straße scheuchen, um das Pferdegespann mit den Schulkindern vorbeizulassen.
»Teil der Bezahlung der Söldner waren beträchtliche Munitionsvorräte«, begann sie erneut, als das Pferdegetrappel nachließ. »Bei denen fehlte allerdings ein Großteil der Treibladung. Nach spätestens einhundert Metern sind die Projektile vom Himmel gefallen, wenn sie nicht sofort Ladehemmung hatten. Der Ranger Shawn Summers war der Einzige mit der notwendigen Reichweite, um euch gefährlich zu werden.«
»Deswegen sind die also immer weiter vorgerückt.« Cassidy raufte sich die Haare, während sich das Bild der Geschehnisse in ihrem Kopf wie ein Puzzle zusammensetzte.
»Mh-hm«, bestätigte Jade nickend. »Die müssen recht schnell darauf gekommen sein, denn in Arnac wollten sie Angel am liebsten an die Wand stellen, als sie ihnen stolz mein Amulett präsentiert hat.«
»Was sollte das überhaupt mit dem Anhänger? Jiao meinte, Angel hätte damit die ganze Stadt übernehmen können!«
»Naja, früher einmal vielleicht«, antwortete Jade schulterzuckend. »Heutzutage reicht es höchstens, um durch Straßensperren von Cor Decat zu kommen. Und natürlich, um mich zu informieren, wenn das Amulett irgendwo eingesetzt wird.«
»Was hab ich dir gesagt? Sie spielt nur ein verdammtes Spiel mit uns!«, grollte Dog zu Cassidy. »Erst nimmt sie uns gefangen, dann lässt sie uns wieder frei, schickt uns ins Ungewisse und legt im nächsten Moment einen Hinterhalt aus!«
»Ich hab nie behauptet, dass ich euch helfen würde!«, fauchte Jade plötzlich und drückte die beiden in einen dunklen Hauseingang hinein. »Meine einzige Aufgabe ist es, das Imperium zu schützen!«
Dabei zeigte sie äußerst wirkungsvoll auf die Kinder und Jugendlichen, die in den Hinterhöfen Fußball spielten, sich beim Verstecken suchten oder
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