Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
ihm auf die Schulter. »Ich schlage vor …«
Er warf einen Blick auf sein summendes Handy.
»Ich nehme nur schnell diesen Anruf entgegen.« Er ließ Gösta an seinem Schreibtisch zurück.
Wenige Minuten später kehrte er triumphierend zurück.
»Jetzt haben wir vielleicht den Anhaltspunkt, nach dem wir gesucht haben. Das war Torbjörn. Blut haben sie keins mehr unter dem Esszimmerfußboden gefunden, aber etwas viel Besseres.«
»Was denn?«
»Hinter der Fußleiste steckte eine Kugel. Mit anderen Worten, in dem Zimmer, wo sich die Familie befand, wurde vor ihrem Verschwinden eine Waffe abgefeuert.«
Patrik und Gösta sahen sich ernst an. Kurz zuvor waren sie ratlos gewesen, aber nun kam wieder Schwung in die Ermittlungen.
Erica hatte direkt nach Hause fahren und Anna ablösen wollen, aber ihre Neugier gewann die Oberhand, und so durchquerte sie Fjällbacka und steuerte Mörhult an. Nachdem sie kurz überlegt hatte, beim Minigolfplatz links abzubiegen und zu den Bootshäusern hinunterzufahren, beschloss sie, es lieber bei ihnen zu Hause zu versuchen. Es war bereits später Nachmittag.
Im Türspalt steckte ein geblümter Holzclog. Sie warf einen Blick in den Flur. »Hallo?«
Im Haus waren Geräusche zu hören, und kurz darauf erschien John Holm mit einem Küchenhandtuch in den Händen.
»Verzeihung, störe ich beim Essen?«
Er betrachtete das Tuch. »Nein, überhaupt nicht. Ich habe mir nur gerade die Hände gewaschen. Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?«
»Ich heiße Erica Falck und arbeite gerade an einem Buch …«
»Sie sind also die berühmte Schriftstellerin? Kommen Sie doch mit in die Küche, dann bekommen Sie eine Tasse Kaffee.« Er lächelte freundlich. »Was führt Sie her?«
Sie setzten sich an den Küchentisch.
»Ich möchte ein Buch über die Ereignisse auf Valö schreiben.« Sie meinte, einen Funken Nervosität in seinen Augen aufblitzen zu sehen, aber vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet.
»Nicht zu glauben, wie sich plötzlich alle für Valö interessieren. Wenn ich dem lokalen Klatsch glauben darf, habe ich gestern mit Ihrem Mann gesprochen.«
»Stimmt, ich bin mit einem Polizisten verheiratet. Patrik Hedström.«
»Er hatte jemanden dabei, der ebenfalls einen … gewissen Eindruck auf mich gemacht hat.«
Man brauchte kein großes Kombinationstalent, um herauszuhören, von wem er sprach.
»Sie haben also den berühmten Bertil Mellberg kennengelernt, diese Legende von einem Mann.«
John lachte, und Erica bemerkte, wie sein Charme seine Wirkung nicht verfehlte. Sie ärgerte sich darüber, denn sie hasste alles, wofür er und seine Partei standen, aber privat wirkte er nett und umgänglich. Sogar anziehend.
»Ich kenne solche Typen. Ihr Mann dagegen wirkt tüchtig.«
»Natürlich bin ich nicht unparteiisch, aber er ist ein guter Polizist. Er gibt nicht auf, bevor er einer Sache auf den Grund gegangen ist. Genau wie ich.«
»Zusammen müssen Sie lebensgefährlich sein.« Wieder lächelte John und zeigte dabei zwei entzückende Grübchen.
»Mag sein, aber manchmal steckt man fest. Ich habe mich im Laufe der Jahre immer wieder mit dem Verschwinden der Familie beschäftigt, und nun arbeite ich wieder an der Geschichte.«
»Sie wollen also ein Buch daraus machen?« Wieder dieses Fünkchen Unruhe bei John.
»Das ist mein Plan. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stelle?« Sie zog Stift und Papier aus der Tasche.
Einen Augenblick lang schien er zu zögern. »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Aber wie ich Ihrem Mann und seinem Kollegen schon sagte, ich werde Ihnen wahrscheinlich keine große Hilfe sein.«
»Wenn ich das richtig verstanden habe, gab es in der Familie Elvander Konflikte.«
»Konflikte?«
»Angeblich mochten Runes Kinder ihre Stiefmutter nicht.«
»Wir Schüler haben uns nicht in Familienangelegenheiten eingemischt.«
»Aber die Schule war nicht groß. Die Stimmung in der Familie kann Ihnen doch nicht entgangen sein.«
»Das hat uns nicht interessiert. Wir wollten nichts mit den Leuten zu tun haben. Es war schlimm genug, dass wir uns mit Rune herumschlagen mussten.« John schien zu bereuen, dass er sich auf das Gespräch eingelassen hatte. Er zog die Schultern hoch und rutschte auf seinem Sitz hin und her. Erica stachelte das nur an. Irgendetwas verdarb John offenbar die Laune.
»Was war mit Annelie? Ein sechzehnjähriges Mädchen und ein Haufen Teenager. Wie passte das zusammen?«
John rümpfte die Nase. »Annelie
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