Die englische Episode
neuen Zeitschriften für die Damen von Stand als sicherer Weg zum Eheglück empfohlen wurde, nützte nichts, das wusste sie längst. Auch hatte sie nur wenig Talent für diese Dinge.
Jetzt gab es nichts mehr zu verlieren, also entschloss sie sich zur Ehrlichkeit.
«Es stimmt», sagte sie, «wir haben vereinbart, dass jeder seiner Wege gehen kann. Das war dein Vorschlag, und ich dachte – ach, ich weiß nicht, was ich dachte. Nun jedenfalls weiß ich, was es bedeutet, und es gefälltmir nicht. Ich will so nicht leben, William. Vielleicht», fuhr sie zögernd fort, «würde ich es leichter ertragen, wenn es zumindest dich glücklich machte. Aber ich bin nicht blind, und obwohl du das zu glauben scheinst, auch nicht fühllos. Ich bitte dich, lass uns miteinander reden und einen neuen Anfang machen. Lass es uns versuchen.»
«Und wie stellst du dir einen solchen Versuch vor?» Endlich löste er seinen Blick von dem Spiegel, aber er sah sie immer noch nicht an, sondern trat ans Fenster und starrte in den Hof hinunter.
«Ich weiß nicht», sagte sie, «aber vielleicht, wenn wir London verlassen und nach Wickenham fahren, wenn wir dort leben – das wäre doch ein neuer Anfang. Natürlich wäre es harte Arbeit und du müsstest für einige Zeit auf deine Freunde verzichten, doch ich bin sicher, wir können es wieder einträglich machen. Wir stellen einen tüchtigen Verwalter ein, du könntest Pferde züchten, das wolltest du doch früher, und ich könnte das Schloss wieder zu dem machen, was es einmal war. Aber du reitest ständig allein nach Wickenham und bleibst tage-, zuletzt sogar wochenlang fort. Wenn wir gemeinsam …»
«Gemeinsam? Du meinst, ich soll deinen Vater bitten, uns die Mittel dafür zu geben. Dann sollten wir den Besitz am besten gleich in Cutler umtaufen. Und hast du vergessen, was du gesagt hast, als ich dich das erste Mal nach Wickenham mitnahm?»
«Du hast mich überhaupt nur einmal mitgenommen. Dann nie wieder. Und, ja, ich habe gesagt, dass viel zu tun sei, wenn man dort leben wolle. Aber ich war immer dazu bereit. Es wäre mir immer lieber gewesen, als hier meine Tage im Salon mit der Teetasse in der Hand zu verbringenund über das Wetter und die neuen Diamanten der Königin zu plaudern.»
«Du hast gesagt, du könntest dir nicht vorstellen, dass dort irgendjemand anderes als ein Schlossgespenst leben könne. Von deiner Bereitschaft, London zu verlassen, habe ich nie etwas gespürt. Es stimmt, die Gebäude sind alt und seit Jahrzehnten vernachlässigt. Aber Wickenham ist meine Heimat, Florence, wir leben dort seit mehr als zweihundert Jahren. Ich habe sehr genau verstanden, dass dir das nichts bedeutet. Warum sollte es auch? Ich höre schon deinen Vater sagen: ‹Lass uns den alten Kasten abreißen, ich baue euch ein neues Haus mit allem Komfort. Das wird auch viel billiger.› Und du wirst ihm zustimmen, natürlich wirst du das. Nein, Florence, so geht es nicht. Ich werde in diesem Sommer in Wickenham leben, aber ohne dich. Mach dir keine Sorge wegen der Leute. Der Zustand unseres Besitzes ist allgemein bekannt, jeder wird verstehen, dass ich meiner zarten Gattin das Leben dort nicht zumuten kann. Deine Eltern haben für den Sommer wieder ein Haus in Weymouth gemietet, dort wirst du dich viel wohler fühlen. Wo neuerdings der König schwimmt, schwimmen alle, auch wenn fast nie jemand die parfümierte Seide abstreifen wird, um sich der Frische des Meeres auszusetzen. Oh, verzeih. Beinahe hätte ich den letzten Sommer vergessen. Du wirst es natürlich tun. Du wirst nicht nur deine Zehen eintauchen, wie es sich für eine Lady gehört, sondern, anstatt manierlich beim Badekarren zu bleiben, durch die Brandung und ins Meer hinausschwimmen wie ein Dorfjunge. Aber du bist ja diskret, also wirst du es auch in diesem Jahr nur tun, wenn alle Welt noch bei Schokolade und Toast im Morgensalon sitzt. Aber vielleicht», endlichwandte er sich zu ihr um, und sie sah in ein hartes Gesicht, dessen Blässe die Wunde an seiner Stirn umso schärfer hervortreten ließ, «vielleicht entspringt deine plötzliche Sehnsucht nach dem Landleben der Peinlichkeit, die es dir bedeuten muss, mit mir verheiratet zu sein. Ich gebe zu, ein Name und Titel allein, dazu nicht einmal ein besonders glanzvoller, und ein maroder Familiensitz reichen nicht im Wettbewerb auf dem Parkett.»
«Das ist doch alles Unsinn, William!» Florence’ Gesicht brannte. Sie fühlte sich zutiefst beleidigt, die Anstrengung, einen letzten
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