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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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ob ich etwas Neues in Erfahrung bringen kann.«
    Du bist doch gerade erst von der Kaufmannsgilde zurückgekommen. Wenn es irgendwelche Neuigkeiten gäbe, hättest du sie doch bestimmt erfahren , dachte sie, sagte es aber nicht.
    »Willst du mitkommen?«
    »Nein.« Der Gedanke, einen weiteren Abend in der Gesellschaft von Männern zu verbringen und sich mit dem zerrupften Einhorn abgeben zu müssen, erschien ihr wenig verlockend. »Ich bleibe lieber hier im Trockenen.«
    »Du fühlst dich aber nicht unwohl?«
    »Nein. Es geht mir gut. Ich habe einfach keine Lust, nass zu werden. Geh du nur. Ich werde meinem Bruder und Mary einen Brief schreiben, damit die beiden wissen, dass wir in Sicherheit sind und uns hier gut eingelebt haben. Mistress Poyntz sagt, dass sie den Brief zusammen mit ihren Briefen an Lady Walsh abschicken wird.«
    Das war nicht einmal gelogen. Sie wollte diesen Brief schon seit Wochen schreiben, hatte damit aber noch gewartet, weil sie hoffte, ihrem Bruder endlich mitteilen zu können, dass sie schwanger war. Aber sie konnte ihm genauso gut auch jetzt schreiben.
    Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Wenn du es so willst«, sagte er und lächelte dabei so strahlend, als wären die Wolken gerade aufgerissen und die Sonne hervorgekommen. Er zog sich bereits seinen Mantel an. »Ich bleibe nicht lange, und ich bringe dir auch etwas zu essen mit.«
    Nachdem er gegangen war, saß sie noch lange da, während die Dämmerung heraufzog, und lauschte dem Regen, den der böige Wind immer wieder gegen die Scheiben peitschte. Schließlich zündete sie eine Kerze an und schalt sich dafür, dass sie das Tageslicht nicht ausgenützt hatte. Dann nahm sie Feder und Tinte und setzte sich an das kleine Schreibpult in der Ecke, an dem sonst immer John arbeitete.
    Liebster Bruder,
    ich hoffe, dass es dir, Mary und Pipkin gut geht. Ich schreibe dir diese Zeilen, damit du weißt, dass mein Mann und ich wohlbehalten in Antwerpen angekommen sind und wir uns hier bereits gut eingelebt haben. Antwerpen ist eine sehr große Stadt. In den Straßen wimmelt es von Lasttieren, quietschenden Karren und Menschen. Man kann die verschiedensten Sprachen hören. John hat bei den englischen Kaufleuten Arbeit gefunden. Ich habe an einer Art Bibelstunde für einige der hiesigen Frauen und Kinder teilgenommen, bis die winterlichen Regenfälle einsetzten. Wir haben gehört, dass es auch in England Hochwasser gibt. Ich hoffe, das Geschäft unseres Vaters ist einigermaßen trocken geblieben, auch wenn es dort nur noch wenig gibt, das Schaden nehmen könnte. Lord Walsh hat versprochen, dass er die Fenster und die Tür mit Brettern vernageln lassen wird, damit es vor Vagabunden geschützt ist, bis wir endgültig entschieden haben, was wir damit machen wollen. Hast du schon damit angefangen, ein neues Haus zu bauen oder wohnt ihr noch bei den Claphams? Ich vermute …
    Während die Kerze zischte und flackerte, saß sie, mit der Feder über dem Papier verharrend, da und überlegte, was sie denn so »vermutete«. Schließlich legte sie die Schreibfeder mit einem tiefen Seufzer zur Seite und löschte das, was sie bereits geschrieben hatte, mit Sand ab. Sie würde den Brief morgen fertig schreiben.
    Sie ging allein zu Bett, wo sie wie ein Stein in die Federmatratze sank. Sie vermisste John. Sie lag noch wach, als sie seine Schritte auf der Treppe hörte. Als er sich über sie beugte und ihr einen Kuss gab, schlang sie die Arme um seinen Nacken und zog ihn an sich.
    »Ich bin froh, dass du für mich wachgeblieben bist«, sagte er lachend. »Ich habe dich vermisst.«
    Sie versetzte ihm einen liebevollen leichten Schlag auf die Wange.
    »Ich bin nicht wachgeblieben, du Dummkopf. Du hast mich mit deinem vergnügten Pfeifen aufgeweckt. Anscheinend hast du mich nicht besonders vermisst.«
    Aber wie konnte sie so tun, als wäre sie unzufrieden, wo er doch bei ihr war, neben ihr lag und an ihrem Ohr knabberte? Noch lange nachdem sie sich geliebt hatten, lag sie wach, lauschte dem Rauschen des Regens und dem gleichmäßigen Rhythmus seines Atems, während sie sich fragte, ob sie vielleicht heute Nacht endlich ein Kind empfangen hatte.
    Anne Boleyn hatte unmittelbar nach dem Dreikönigsfest die Stadt verlassen. Sie hatte ihren Bruder George gebeten, sie zum Haus ihres Vaters zu bringen, da sie nicht länger in Hampton Court bleiben und sich zum Gespött der Leute machen wollte. Der König war ihr natürlich gefolgt. Er war ihr den ganzen Weg zum Hever Castle

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