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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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von London?« Sie versuchte das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Wie kann …«
    »Wir haben bereits einen Plan.«
    »Wir?«
    »Ich werde ihm helfen.«
    »Das würdet Ihr tun? Euch ist doch wohl bewusst, was Ihr dabei riskiert.« Sie forschte in seinem Gesicht, erinnerte sich, wie er und John auf ihrer Reise nach Antwerpen fröhlich miteinander gelacht, wie gut sie sich verstanden hatten.
    »Ich habe Euch schon einmal gesagt, dass ich nicht die Absicht habe, mich schnappen zu lassen. Aber da ist noch ein anderes Problem. Er muss zustimmen.«
    »Aber warum sollte er das nicht tun? Was könnte …«
    Sie wusste es, noch bevor er es sagte.
    »Ich glaube, Euer Mann legt den Begriff der Ehre sehr eng aus. Ich fürchte, er hat das Zeug zum Märtyrer.«
    Sie bemühte sich um Selbstbeherrschung. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um in Tränen auszubrechen. Weinen würde sie später, wenn sie allein war. Plötzlich erinnerte sie sich wieder an die Verzweiflung auf Marys Gesicht, als man ihren Mann eingesperrt hatte, und an das Schicksal ihrer Mutter, die sich vor Kummer verzehrt hatte, bis sie schließlich vor Gram gestorben war – Kate hatte das nie ganz verstanden. Sie war so naiv, so stolz auf ihren Vater gewesen. Aber ihrem Vater hatte man niemals die Wahl gelassen. War die Entscheidung, für seinen Glauben zu leben, nicht genauso ehrenhaft wie die, für seinen Glauben zu sterben – vor allem, wenn man sich frei entscheiden konnte? Selbst Jesus hatte im Garten Gethsemane gebetet, der Kelch möge an ihm vorübergehen.
    Kate versuchte sich verzweifelt daran zu erinnern, ob sie zu John jemals etwas gesagt hatte, was ihn in seiner Entscheidung beeinflussen könnte. Nun, sie hatte ihm einmal erzählt, welche Scham sie angesichts des Widerrufs ihres Bruders empfunden hatte. Aber so hatte John das sicher nicht verstanden … aber warum eigentlich nicht? Hatte sie nicht gespaltene Gefühle gehabt, als ihr Bruder unter der Folter zusammengebrochen war? Bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass sie John foltern. Lass ihn widerrufen, bevor er so leidet wie mein Bruder. Schick ihn zu mir zurück . Es musste ihr gelingen, ihn davon zu überzeugen, dass er für ihre Sache lebend mehr wert war als tot.
    Plötzlich stand Endor neben ihr und nahm ihre Hand. Sie drückte sie so fest, dass es beinahe weh tat. Sie konnte ihrem Mitgefühl nicht mit Worten Ausdruck verleihen. Aber das brauchte sie auch nicht. Kate sah es in ihrem Gesicht, in ihren blauen Augen, in denen jetzt Tränen schimmerten. In diesem Moment wurde ihr schlagartig bewusst, was Endor bei jenem ersten Mal im Wasser gesehen hatte, als sie so aufgeregt und überstürzt aus der Kabine gerannt war. An diesem Tag hatte derselbe Ausdruck von Mitleid und Kummer auf ihrem Gesicht gelegen. Für Endor war John schon damals ein toter Mann gewesen. Mit dieser Erkenntnis legte sich eine betäubende Ruhe über Kate – ein Gefühl der Distanz, als beobachtete sie sich selbst aus der Ferne.
    »Bringt mich zu ihm«, sagte sie zum Kapitän. »Ich muss ihn sehen.«
    »Das ist zu gefährlich – für Euch und für Euren Mann.«
    »Bringt mich zu ihm«, wiederholte sie gefasst. »Wenn Ihr es nicht tut, werde ich jemand anderen finden. Ich weiß, dass es Schiffe gibt, die regelmäßig den Kanal überqueren und Passagiere mitnehmen.«
    Er sagte nichts, schloss nur die Augen, so als versuche er die Antwort auf eine schwierige Frage zu finden. Als er sie wieder öffnete, sah er sie an und sagte grimmig:
    »Haltet bei Einbruch der Dämmerung am Fenster des Englischen Hauses Ausschau. Man wird mich nicht einlassen. Ich werde einen meiner Männer schicken, der Euch mit Eurem Gepäck hilft.«

39

    Dies ist, was ich, Frith, denke und was ich gesagt, geschrieben, gelehrt, bestätigt und in meinen Büchern veröffentlicht habe.
    John Friths Erklärung, eigenhändig unterschrieben bei seinem Prozess am 20. Juni 1533.
    J ohn Frith blinzelte ins grelle Sonnenlicht, als man ihn ins Freie führte. Die plötzliche Helligkeit schmerzte, aber er wollte die Augen nicht schließen, sondern das strahlende Blau und Grün in sich aufnehmen. Ein zerzauster, kleiner Ginsterbusch im Hof des Beauchamp Tower hatte tapfer zu blühen begonnen. Er war von außergewöhnlicher Schönheit. Er konnte nicht widerstehen, ihn zu berühren.
    »Sollten wir ihm nicht Ketten anlegen?«, fragte der stellvertretende Constable des Tower.
    Die beiden mit Seitenwaffen ausgerüsteten Männer, die gekommen waren, um ihn abzuholen,

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