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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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sich, wie viel Schlaf sie wohl bekommen hatte.
    »Das ist sehr freundlich von Euch. Gilbert hat sich bereits um seine persönlichen Bedürfnisse gekümmert. Ihr müsst einfach nur da sein und ihm, falls er aufwacht, etwas zu trinken geben und ihn beruhigen. Offensichtlich hat er noch Fieber in seinem Blut, das er sich wahrscheinlich in dem Keller zugezogen hat. Ich fürchte, dass seine Flucht und die anschließende Reise hierher in seinem geschwächten Zustand zu viel für ihn waren.«
    »Aber er wird überleben, nicht wahr? Habt Ihr einen Arzt oder einen Bader kommen lassen?«
    Lady Ann lächelte.
    »Wir befinden uns leider in einem gewissen Dilemma, meine Liebe. Seine Anwesenheit hier sollte keinesfalls bekannt werden. Es gibt im Dorf genügend Menschen, die nicht zögern würden, einen Freund von William Tyndale anzuzeigen. Er hat sich beim hiesigen Klerus mehr als nur ein paar Feinde gemacht. Und jetzt, wo so viele verfolgt werden …«
    Kate nickte. Sie begriff – vor ein paar Monaten wäre das vielleicht noch anders gewesen, aber nach dem, was John durchgemacht hatte, wusste sie sehr wohl, wovon Lady Walsh sprach.
    »Deshalb bin ich Euch auch sehr dankbar für Euer Angebot, mir zu helfen. In einem so großen Haushalt, nun, Ihr habt ja selbst erlebt, dass die Diener alles ausplaudern, was sie zufällig mitangehört haben, auch wenn keine böse Absicht dahintersteckt. Je weniger Menschen also von seiner Anwesenheit wissen, desto besser. Deshalb möchte ich auch keinen der anderen Diener bitten.«
    Schließlich gibt es niemanden, zu dem du zurückkehren müsstest , sagte plötzlich eine leise Stimme in Kates Kopf. John Frith, matt und bleich, den Kopf auf die Brust gesenkt, schlafend auf dem Wagen, die schwarzen Wimpern auf den weißen Wangen, sein strahlendes Lächeln tauchte wieder vor ihrem geistigen Auge auf. Spontan sagte Kate:
    »Ich kann sicher noch ein oder zwei Tage länger bleiben, um Gilbert zu entlasten, falls das hilfreich für Euch wäre.«
    Bevor sie über ihr Angebot noch einmal nachdenken konnte, ergriff Lady Walsh ihre Hand.
    »Das würdet Ihr wirklich tun?«
    Während Kate noch über die Dummheit ihres Angebots nachsann, schwebte ein karminrotes Blatt nach dem anderen zu Boden, bis schließlich eine kleine Girlande die Rosmarinsträucher zierte. In der Absicht, ihr Versprechen zurückzunehmen, atmete sie heftig ein. In der Luft lag ein schwacher Geruch von Holzfeuer, gewürzt mit dem bitteren Aroma des Hopfens. Lady Walsh erhob sich lächelnd, in der Gewissheit, dass die Angelegenheit geregelt war.
    »Ihr werdet es nicht bereuen, meine Liebe. Es gibt nichts Schöneres als ein englischer Herbst auf dem Lande«, sagte sie. Die Schatten unter ihren Augen schienen bereits weniger geworden zu sein. »Falls Ihr Euch von unserem Abenteuer letzte Nacht ausreichend erholt habt, könnt Ihr Eure neue Aufgabe in Angriff nehmen und ich werde mich wieder dem Brauen widmen.« Sie nahm Kates Hand und zog sie auf die Füße. »Ich werde Euch gleich zu Eurem Patienten bringen«, sagte sie.
    Es ist ja nur für ein oder zwei Tage , sagte Kate sich. Was macht das schon?

12

    Omnia vincit amor: et nos cedamus amori.
[Die Liebe besiegt alles: So lasst uns auch der Liebe hingeben.]
    Vergil, »Eclogae«.
    D a war etwas. Gerade noch wahrnehmbar, ein flackerndes Licht in der Höhle des blinden Zyklopen. Er kämpfte sich darauf zu, aber das Ungeheuer, dessen Name Erschöpfung war, zerrte ihn immer wieder zurück. Dieselbe Stimme, die ihn von Zeit zu Zeit aus der Bewusstlosigkeit erlöste, flehte: »Master Frith … bitte. Ich habe gesehen, dass Eure Augenlider geflattert haben. Ich weiß, dass Ihr bei Besinnung seid«, und dennoch sank er immer tiefer, bis die Stimme ihn, wie ferne Musik leise an- und abschwellend, kaum noch erreichte.
    Er spürte jedoch eine Berührung, so leicht wie Spinnweben, die seine Stirn mit Wasser kühlte. Dann hallte eine andere Stimme, die eines Mannes, kräftig und kehlig, in die ausgetrocknete Zisterne hinunter, in der sein Wille eingerollt und zerbrechlich wie ein Blatt im Winter lag. »Drei Tage. Ein Mensch kann nicht ohne Wasser leben. Taucht Eure Finger ins Wasser. Benetzt seine Zunge.«
    Schick Lazarus, er soll seine Finger ins Wasser tauchen.
    Aber es war nicht Lazarus. Die Finger waren klein, glatt und kühl wie Perlen, und sie fühlten sich an seiner heißen Zunge köstlich feucht an. Könnte er sie hinunterschlucken, würde es ihn gewiss nie wieder dürsten.
    »Er saugt die

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