Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
Mann, dessen Rumpf halb hinter dem Stamm des Baums verborgen war, einen Apfel an.
Lady Walsh fuhr fort: »Was den ehelichen Akt selbst angeht, so braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen. Master Frith scheint mir kein roher Mensch zu sein. Er spricht stets mit großer Zärtlichkeit von Euch. Und Ihr braucht im Grunde nichts zu tun als dazuliegen und Euch zu entspannen. Es ist der Mann, der die ganze Arbeit tun muss.«
Daliegen und entspannen! Sie wünschte sich, sie hätte von dem Wein getrunken, den es zum Abendessen gegeben hatte. Sie versuchte sich an den Kuss im herbstlichen Garten zu erinnern, an den Geschmack von Johns Lippen, versuchte sich damit abzulenken, dass sie die Ranken betrachtete, die sich die Bettpfosten hinaufwanden, um am Fuße des Apfelbaums zusammenzulaufen.
»Möglicherweise tut es beim ersten Mal ein wenig weh, danach aber …« – sie gab ein leises, verlegenes Lachen von sich – »kann es durchaus … angenehm sein.«
Es klopfte leise an der Tür. Kate zuckte zusammen, als hätte sie etwas gestochen. Lady Walsh legte die Bürste zur Seite, schüttelte Kates Haare auf und breitete sie auf dem Kopfkissen aus weißem Leinen aus.
»Die Gentlemen warten vor der Tür«, ertönte Gilberts leise Stimme.
»Bitte sie herein«, rief Lady Walsh und tätschelte Kate aufmunternd die Schulter. »Die Braut ist bereit.«
»Ich dachte, sie würden nie gehen«, sagte John, als sich die Tür endlich hinter Lord und Lady Walsh geschlossen hatte.
»Vermutlich ist das beim Adel so.« Kate musste bei ihren Worten ein nervöses Lachen unterdrücken.
Sie wusste nicht, was sie mit ihren Händen anfangen sollte. Also verschränkte sie sie fest vor ihrer Brust. Sie wusste auch nicht, wo sie hinschauen sollte. Sie konnte John nicht ansehen. Die ganze Prozedur war schauderhaft gewesen. Lord Walsh war John beim Ausziehen zur Hand gegangen und hatte ihm ins Bett geholfen. Dann hatten Lord und Lady Walsh sich jeweils rechts und links von ihnen hingestellt, bis das Paar ordentlich gebettet war.
»Ich denke, das hat etwas mit der Rechtmäßigkeit der Erben und der Primogenitur zu tun und …«
Er beugte sich zu ihr herüber und brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen.
»Aber jetzt sind sie weg, und wir sind endlich allein«, sagte er.
Sie klammerte sich noch fester an die Tagesdecke. Er nahm ihre Hände in die seinen und zog die Decke sacht zurück. Einen Moment lang spürte sie, wie die Kälte durch den zarten Stoff ihres Hemdes drang, und dennoch fröstelte sie nicht. Ihre Haut war heiß. John deckte sie rasch wieder zu und legte sich in die Kissen zurück. Er sah sie nicht an, sondern starrte hinauf zum Betthimmel, die Hände hatte er hinter dem Kopf verschränkt.
»John, stimmt irgendetwas nicht …?« Ihre Stimme war sehr leise. Die Worte wollten ihr kaum über die Lippen kommen.
»Nein, Kate. Es ist alles in Ordnung.«
»Dann verstehe ich nicht, warum …« Sie bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen. Der Tag war so lang gewesen – die Fahrt vom Clapham-Hof hierher und dann die eilig abgehaltene Zeremonie. Seit ihrer Rückkehr war sie nicht einen Augenblick lang mit ihm allein gewesen.
»Du bist wunderschön«, sagte er, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie waren sich beide bewusst, dass Gilbert draußen vor der Tür stand. »Ich habe davon geträumt, genauso mit dir zusammen zu sein, aber ich kann nicht … wir können nicht … bevor ich mir nicht völlig sicher bin, dass dir absolut bewusst ist, worauf du dich da einlässt. Nach Auffassung der Kirche ist unsere Ehe erst rechtsgültig, wenn sie vollzogen ist. Du kannst sie jederzeit annullieren lassen, wenn ich weg bin.«
»Ist es das, was du willst, John? Als du mich umworben hast, sagtest du, dass du England nicht ohne mich verlassen willst. War es etwa nur die Jagd, die dich begeistert hat?«
Er stützte sich auf einen Ellbogen und wandte sich ihr zu, sein Gesicht so nah an ihrem, dass sie den Duft des Mets riechen konnte, der noch immer auf seinen Lippen lag.
»Nein, ganz bestimmt nicht. Ich möchte nur vermeiden, dass du etwas bereust. Du heiratest einen Flüchtling, Kate.« Er streckte die Hand aus und berührte ihr Haar, fuhr mit dem Zeigefinger zärtlich über ihre Stirn, liebkoste die blaue Ader, die sie stets gehasst hatte. »Ich weiß nicht, was die Zukunft für uns bereithält, aber ich bin mir sicher, dass sie im Guten wie im Schlechten durch das bestimmt sein wird, was mich antreibt.«
»Hast du vergessen, weshalb
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