Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
englischen Seeleute. Ich habe noch nie gesehen, wie so schnell so viel Beute gemacht
wurde. Wir mussten kaum darum kämpfen. Das Wetter war auch auf unserer Seite, und jetzt sind wir sicher und mit Kostbarkeiten beladen wieder zu Hause.« Ein mutwilliges Lächeln spielte um seine Lippen. »Siehst du, was passiert, wenn man den Papst auf seiner Seite hat?«
Am Feuer wurden viel sagende Blicke gewechselt, und jemand versetzte ihm einen gutmütigen Rippenstoß.
»Ich weiß nicht, ob Gott da die Hände im Spiel hatte, egal wer die Spieler waren.« Hugh legte den Umhang an. »Aber zumindest sind wir im Moment sicher und haben eine Atempause, um über unseren nächsten Schritt nachzudenken.«
»Wir erobern natürlich die Normandie zurück«, kam es ohne Zögern von Ralph. »Die Männer und Mittel dazu haben wir. Wir sollten zuschlagen, solange wir die Oberhand haben.«
»Man muss auch den Willen dazu haben«, gab Hugh mit einem Blick zu Ranulf zu bedenken. »Daheim gibt es viel zu erledigen, vergiss das nicht.«
Ranulf nickte.
»Nicht jeder tut so bereitwillig alles, was der König von ihm verlangt, wie Longespee, und die Exkommunikation und das Interdikt sind noch nicht offiziell aufgehoben.«
»Aber das wird bald der Fall sein – sehr bald schon«, widersprach Ralph.
Ranulf erhob und streckte sich. Ralph hatte ihm für Marie einen seidenen Beutel mit einer Perlenschnur darin gegeben, den er mit zögernder Höflichkeit in der Hand hielt, als habe er ihn nicht aus freien Stücken, sondern gezwungenermaßen angenommen.
»Ich gehe zu Bett«, sagte er. »Wenn ich noch mehr trinke, habe ich morgen früh furchtbare Kopfschmerzen.« Er verabschiedete sich von den anderen Männern und steuerte auf sein Zelt zu.
Ralph starrte ihm nach.
»Was hat er denn?«
»Er muss über vieles nachdenken«, gab Hugh zurück. »Wie wir alle.« Um Ralph abzulenken, warf er sich mit aufforderndem Blick den Saum des Umhangs über die Schulter, damit man das grau-weiß gemusterte Futter sehen konnte.
Ralph grinste.
»Ich beginne zu bedauern, dass ich ihn nicht für mich behalten habe.« Er füllte seinen Becher neu und fragte fast ängstlich: »Du freust dich doch für unseren Bruder Longespee, oder?«
»Natürlich tue ich das.« Hugh bemühte sich nach Kräften, aufrichtig zu klingen. »Er hat einen großen Sieg errungen, auf den man stolz sein kann.« Was zutraf. Die politische Situation mochte düster und die Zukunft des Reiches unsicher sein, aber das schmälerte Longespees Erfolg nicht. Für derartige Unternehmungen war er geboren; er liebte es, alles auf eine Karte zu setzen, ein Konzept, das sich oft bezahlt machte. »Aber ich bin auch stolz auf dich.« Er drückte Ralphs Schulter. »Ein guter Kommandant ist nichts, wenn er keine guten Männer zur Verfügung hat.«
Als er später auf seiner Pritsche lag, schob Hugh die Hände hinter den Kopf und lauschte dem Schnauben der Pferde und den leisen Stimmen der wachhabenden Männer. Er war müde, aber seine Gedanken wollten nicht zur Ruhe kommen. Longespee hatte den Franzosen eine überwältigende Niederlage zugefügt, und eigentlich sollte die Gunst der Stunde genutzt werden, um mit der Armee nach Poitou zu marschieren, aber das würde nicht geschehen. Es fehlte in dem Trupp an Loyalität und Kampfgeist, und die Männer, auf die zu Hause Arbeit wartete, standen schon zu lange im Feld. Es gab wichtigere Dinge zu regeln, und solange dies so war, würde Johns Armee trotz aller Randerfolge auf der Stelle treten.
30
Kathedrale von Winchester, Juli 1213
Eine Weihrauchwolke schimmerte im Schein der Sonnenstrahlen, die durch die Buntglasfenster der Kathedrale fielen, und regenbogenfarbige Staubteilchen tanzten über die im Kirchenschiff versammelte Menge. Mahelt stand neben ihrer Mutter und ihren Geschwistern und wurde Zeugin, wie König John von Stephen Langton, dem wieder eingesetzten Erzbischof von Canterbury, formell von seinem Exkommunikationsbann losgesprochen und wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen wurde.
John schwor auf das Evangelium, die Kirche zu lieben und gegen alle Feinde zu verteidigen, sich an die Gesetze seiner Vorfahren zu halten und jeglicher Willkür zu entsagen. Während Mahelt lauschte, dachte sie, dass all diese schönen Worte nichts bedeuteten, denn John würde sich an die geleisteten Eide nur halten, wenn er mit allen Mitteln dazu gezwungen wurde. Er legte den Schwur mit inbrünstigem Ernst ab, aber nur weil er mit seiner Armee über das Meer
Weitere Kostenlose Bücher