Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
sehr, aber ich mache mir Sorgen um sie. Sie war im Winter schwer krank, und wir fürchteten, sie würde sterben. Jetzt geht es ihr ein wenig besser, aber nicht gut genug, um all ihre früheren Pflichten zu erfüllen.«
»Das tut mir leid. Hoffentlich erholt sie sich bald.«
Mahelt nickte zustimmend.
»Sie wurde krank, ehe der König nach Framlingham kam, und ich musste ihren Platz als Burgherrin einnehmen.« Sie blickte sich um, um sicherzugehen, dass sich niemand in Hörweite befand, und senkte die Stimme. »Der König… als er bei uns zu Besuch war … er wollte, dass ich ihm zu Diensten bin.«
Ihre Mutter sog scharf den Atem ein.
»Er hat doch nicht etwa …«
»Nein!«, entgegnete Mahelt mit gereizter Verachtung. »Ich habe mich zur Wehr gesetzt und ihm beinahe seine Kronjuwelen ausgerissen.«
Isabelle schlug eine Hand vor den Mund und rang nach Luft.
»Er dachte, er hätte mich in die Enge getrieben, er hielt mich für ein leichtes Opfer, aber er hat sich gründlich geirrt.«
»Es ist gut, dass du dich gewehrt hast, Tochter, aber sei vorsichtig, denn er wird nach Wegen suchen, sich zu rächen. John
vergisst und vergibt nicht.« Isabelle runzelte besorgt die Stirn. »Weiß Hugh davon?«
»Ja, aber sonst haben wir niemanden eingeweiht, noch nicht einmal seinen Vater, und ich glaube nicht, dass der König es einem seiner Gefährten gegenüber erwähnt hat. Er behauptete, seine Beschwerden kämen vom langen Sitzen im Sattel.« Bei der Erinnerung sprühten Mahelts Augen vor Zorn. »Hugh hätte beinahe zu Ende gebracht, was ich begonnen hatte, wenn er nicht unser Gast gewesen wäre – und wenn seine Ritter und Söldner nicht in unserem Hof gelagert hätten. Hugh sagt, wir dürfen uns zu nichts Unüberlegtem hinreißen lassen.«
»Er ist ein kluger Kopf.«
Trotz der Hitze des Tages fröstelte Mahelt.
»Ich hasse John«, sagte sie mit verbissener Miene.
Isabelle hob warnend einen Zeigefinger.
»Er ist der gesalbte König, und obwohl du ihn verabscheust, darfst du nicht vergessen, dass er gerissen ist wie ein Fuchs. In diesem Spiel gilt es, Vorsicht walten zu lassen – was sowohl Hugh als auch deinem Vater klar ist.«
»Mama …«
»Ich verstehe dich ja.« Isabelle drückte ihren Arm. »Aber in diesem Fall musst du Herz und Verstand trennen. Und jetzt genug davon, dort kommt der Erzbischof.« Sie sank in einen ehrerbietigen Knicks.
Mahelt folgte stumm ihrem Beispiel. Sie war nicht sicher, ob sie den Rat ihrer Mutter befolgen konnte. Wenn der Preis der Diplomatie darin bestand, ihren Hass auf John tief in sich zu begraben, dann war sie nicht unbedingt bereit, ihn zu bezahlen.
Mahelt drehte sich eine Haarlocke um den Zeigefinger und streckte die Füße zum warmen Kamin hin. Es war spät, und
abgesehen vom Sternenlicht und dem gelegentlichen Aufflackern eines Wachfeuers oder der Laterne eines Postens lag Winchester in tiefe Dunkelheit gehüllt da. Die anderen Mitglieder des Haushalts hatten sich längst zurückgezogen, doch sie wartete auf Hugh, der mit seinem Vater und anderen Edelleuten, darunter auch ihr Bruder und der Erzbischof von Canterbury, Staatsangelegenheiten besprach. Ihr Vater wartete dem König auf. Zwar ziemte es sich durchaus für eine treu ergebene Ehefrau, auf ihren Mann zu warten, aber Mahelt tat dies nicht nur aus Pflichtbewusstsein. Sie war neugierig.
Sie und ihre Mutter hatten den frühen Abend gemeinsam verbracht und die neuesten Klatschgeschichten ausgetauscht, während ihre Kinder miteinander spielten. Ancel und Joanna waren im selben Alter wie Mahelts Söhne. Ihre anderen Schwestern hatten sich je nach Lust und Laune entweder an dem Spiel oder der Unterhaltung beteiligt. Als Mahelt sie zuletzt gesehen hatte, waren sie noch kleine Kinder gewesen. Jetzt bekam die dreizehnjährige Belle allmählich eine weibliche Figur und versprach mit ihrem taillenlangen blonden Haar und den dunkelblauen Augen die Familienschönheit zu werden. Sybire war zwölf und Baby Eve ein hochgeschossenes achtjähriges Mädchen. Gilbert und Walter waren keine übermütigen Jungen mehr, sondern junge Männer im Stimmbruch, die wenig Interesse daran hatten, sich im Frauengemach aufzuhalten. Gilbert wurde zum Geistlichen ausgebildet und hatte schon ein Auge auf eine Diözese geworfen, und Walter war so ruhelos wie ein Fohlen im Frühjahr.
Als ihre Mutter sich verabschiedete, waren die Männer immer noch nicht zurückgekehrt, und erst kurz nach Mitternacht wurde Mahelt von Geräuschen im Hof,
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