Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)

Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
Vom Netzwerk:
berauben.«
     
    Während er beobachtete, wie Ralph wie ein liebeskranker Galan geistesabwesend durch die Kammer schlenderte, unterdrückte Hugh den Drang, ihn zu packen und zu schütteln, bis er wieder zur Vernunft kam. Es lag ihm auf der Zunge, ihn darauf hinzuweisen, dass William Longespee ein sterblicher Mann war und kein Gott, aber er würde nur verdrehte Augen und Feindseligkeit ernten. Ralph musste das selbst herausfinden.
    Er befand sich seit einer Woche in diesem Zustand, seit Longespee voller Überschwang von seinem erfolgreichen Feldzug in La Rochelle zurückgekommen war und ihm angeboten hatte, ihn als Knappen in seine Dienste zu nehmen. Ralph war außer sich vor Begeisterung gewesen und hatte darauf gebrannt, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Longespee hatte die Schmeicheleien genossen, und obwohl kein diesbezügliches Wort gefallen war, war ihm deutlich anzumerken gewesen, dass er meinte, gegenüber seiner Bigod-Verwandtschaft außerordentlich großzügig und edelmütig zu handeln.
    »Es ist alles gepackt.« Ralph blickte zu den zwei Gepäckbündeln neben seinem Bett hinüber. Wehmütig betrachtete er die Wolfspelze auf dem Boden.
    »Longespee würde es dir nicht danken, wenn du sie mitbringst«, meinte Hugh. »Ich schätze, er würde es gar nicht erlauben. Dazu fehlt es ihm an Toleranz.«
    Ralph seufzte.
    »Vermutlich hast du Recht.«
    »Ich weiß, dass ich Recht habe. Ich sage dir was  – ich behalte sie zur Erinnerung an dich, und sie werden hier sein, wenn du zurückkommst … es sei denn, Mutter wirft sie fort.«
    »Das tut sie nicht«, meinte Ralph. »Sie wird sie aufheben, so wie sie unsere Milchzähne und unsere ersten Tuniken aufbewahrt hat.«
    Hugh grinste zustimmend. Er musste an die Truhe in der Kammer seiner Mutter denken, die mit einer bunten Sammlung von Kindheitsandenken gefüllt war. Auch sein erstes Steckenpferd war dabei, geflickt und repariert, wenn auch etwas kahl zwischen den Ohren. Allerdings konnte er sich nicht vorstellen, dass sie dieser Sammlung zwei Wolfspelze hinzufügte, die auch ein Jahr später einen unangenehmen muffigen Geruch verbreiteten, wenn man sie ausschüttelte.
    »Du wirst mir fehlen.« Hugh umarmte Ralph. »Der Earl of Salisbury ist gut beraten, sich um dich zu kümmern, sonst bekommt er es mit mir zu tun.« Er verpasste ihm eine Kopfnuss. Ralph holte zu einem Schlag aus, unter dem sich Hugh rasch hinwegduckte.
    »Keine Sorge«, beteuerte Ralph. »Ich kann auf mich selbst aufpassen. Und ich verspreche, ich werde nach meiner Rückkehr nicht ständig den Hut schwenken und so tun, als müsse mir die ganze Welt zu Füßen liegen.«
    »Wenn du das tust, dann gnade Gott«, warnte Hugh, lachte aber dabei.
    Ralph grinste.
    »Erst musst du mich in die Finger bekommen.« Er versetzte Hugh einen gutmütigen Stoß, ging zum Bett, schwang sich einen Tornister über die Schulter und wuchtete ein Gepäckbündel hoch. »Ich werde dich auch vermissen«, sagte er. »Und unser Zuhause.« Er blickte sich in der Kammer um. »Aber trotzdem kann ich nicht hierbleiben.«
    Hugh nahm das zweite Bündel, und die Brüder begaben sich gemeinsam hinunter in die Halle.
    Longespee unterhielt sich dort mit ihrer Mutter. Seine Kleider waren makellos und sahen so lässig aus, dass Hugh sich fragte, wie viel Übung es erforderte, einen solchen Effekt zu erzielen. Ihre Mutter hörte ihm aufmerksam zu, ihr Gesicht strahlte vor mütterlichem Stolz. Er erzählte ihr von einem Delfinschwarm, der auf der Rückfahrt von La Rochelle um ihre Schiffe herumgetollt war, und unterstrich seine Geschichte durch beredte Gesten, sodass man förmlich sah, wie die silbergrauen Geschöpfe durch das Wasser schossen. Ralphs Erscheinen war das Zeichen dafür, das Gespräch zu beenden, und alle gingen in den Hof hinaus, wo Longespees Gefolge auf den Befehl zum Aufbruch wartete. Weitere Umarmungen
folgten, Schulterklopfen und Mahnungen, vorsichtig zu sein. Ralph kniete vor seinen Eltern nieder und empfing ihren Segen. Ein Stallbursche schnallte sein Gepäck auf das Packpferd, und Ralph bestieg seinen Rotbraunen. Seine grauen Augen leuchteten, und er zitterte vor Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer. Doch als er nach den Zügeln griff, streckte er das Kinn vor und legte ein würdevolles Gebaren an den Tag.
    Ida schniefte und betupfte sich die Augen. Hugh legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern. Sein Vater stand, die Hände am Gürtel, etwas abseits.
    »Nimm dich zusammen«, zischte er seiner Frau

Weitere Kostenlose Bücher