Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
an seinem Totenbett. Er hat euren Vater zu einem der Vollstrecker seines Letzten Willens ernannt und ihm die Fürsorge für seinen ältesten Sohn übertragen.«
»Unserem Vater?«, wiederholte Mahelt. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
»Unter der Oberaufsicht des päpstlichen Legaten. Der König soll in Worcester begraben und der junge Henry in der Abtei von Gloucester gekrönt werden. Es sieht aus, als würde entweder dein Vater oder Ranulf of Chester die Regentschaft übernehmen, bis der Junge volljährig ist.«
Mahelt blickte von ihrem Bruder zu ihrem Mann und sah auf beiden Gesichtern denselben Ausdruck. Sie glichen Schwimmern, die bis zur Erschöpfung gegen eine Strömung angekämpft hatten und jetzt an ein unbekanntes Ufer gespült worden waren, ohne zu wissen, was hinter dem Strand lag. Die Erleichterung darüber, noch zu atmen, wurde von der Qual gemindert, die jeder Atemzug mit sich brachte.
Will atmete nervös ein.
»Fast mein ganzes Leben habe ich unter diesem Mann gelitten. Er hat mich meine Frau, meine Familie und meine Ehre gekostet. Und nun ist er tot … es ist, als hätte ich mit meinem Schwert zu einem Hieb ausgeholt und nichts als Nebel durchschnitten.« Er fuhr sich mit der Hand über das Haar und sprang auf. »Ich muss in Ruhe über alles nachdenken – darüber, was jetzt zu tun ist.«
»Das müssen wir alle.« Hughs Ton klang eher grimmig als erfreut.
Hugh saß neben Mahelt auf ihrem mit neuen Vorhängen versehenen Bett und nahm ihr den Kamm aus der Hand, den sie gerade durch ihr Haar ziehen wollte. Es war schon sehr spät, aber die meisten Leute gingen erst jetzt zu Bett. Ganz London war ob des Todes des Königs in Aufruhr. Die Aleschänken und Garküchen hatten vor Gästen gewimmelt, die über die Neuigkeit diskutierten und Vermutungen darüber anstellten, was jetzt geschehen würde. Die Menschen waren nur zögerlich nach Hause gegangen. Es war zu einigen Ruhestörungen mit Betrunkenen gekommen, und am Morgen würde manch einer mit Kopfschmerzen aufwachen, und zwar nicht nur aufgrund übermäßigen Weingenusses.
Hugh zog den Kamm durch Mahelts glänzendes, dunkles Haar.
»Ich könnte das für den Rest meines Lebens machen«, murmelte er.
»Dein Arm würde bald lahm werden«, erwiderte sie, lächelte aber.
»Das würde ich in Kauf nehmen. Das Vergnügen wiegt die Beschwerden auf.«
Sie lachte leise.
»Wirklich?«
»Das würde ich zumindest hoffen.« Allmählich kehrte die frühere Unbefangenheit zwischen ihnen zurück, zaghaft wie der erste Frühlingstag nach einem langen, harten Winter, obwohl der Boden jederzeit wieder zufrieren konnte. Hugh kämmte ihr Haar, bis es einem schimmernden Schleier glich. Endlich drehte sie sich zu ihm um und schlang die Arme um seinen Hals.
»Dann wollen wir sehen, ob sich deine Hoffnungen erfüllen.«
Ihr Liebesspiel war wild und zärtlich zugleich, löschte Zorn und Hilflosigkeit aus, lockerte Spannungen, heilte Wunden und schmiedete neue Bande. Hugh biss die Zähne zusammen, als er sich dem Höhepunkt näherte, und machte Anstalten, sich zurückzuziehen, aber sie schlang die Beine um seine Hüften und zog ihn fester an sich.
»Nein«, keuchte sie an seinem Ohr. »Ich will alles von dir! Jetzt!«
Ihre Worte raubten ihm die letzte Beherrschung, er presste das Gesicht an ihren Hals und rief ihren Namen, und als sie sich unter ihm aufbäumte, spürte er, dass sie nun wieder bereit war, ein weiteres Kind von ihm zu empfangen – dass sie ihren Groll gegen ihn lange genug genährt hatte.
Danach hielt er sie eng an sich gedrückt und zog die Decke über sie beide. Im schwachen Licht der Bettlampe strich sie ihm über das Gesicht.
»Wenn wir mit einem Kind gesegnet werden«, flüsterte sie, »möchte ich, dass es in einem Land geboren wird, in dem Frieden herrscht. Dann können wir ein neues Leben beginnen.«
Hugh fuhr mit den Fingern durch ihr Haar.
»Die größte Gefahr ist gebannt, aber mein Vater und ich haben Louis einen Eid geschworen und müssen zum Wohle aller vorsichtig vorgehen. Es hängt viel davon ab, was jetzt geschieht.«
»Von meinem Vater, meinst du?«
»Ja, von deinem Vater. Wenn ein Mann uns sicher durch die nächsten Monate bringen kann, dann er.«
Sie hob den Kopf und sah ihn an.
»Würdest du ihm gegen Louis zur Seite stehen?«
»Und eidbrüchig werden?« Hugh runzelte die Stirn. »Wir haben Louis unser Ehrenwort gegeben. Gerade dein Vater wird das verstehen. Wir müssen erst wissen, wo wir stehen, verstehst
Weitere Kostenlose Bücher