Die Enklave
quetschten uns hinein, während Seide die Kampfzettel verteilte, auf denen stand, gegen wen man antreten würde.
»Es ist ein K.o.-Turnier. Wer den Kampf gewinnt, kommt weiter in die nächste Runde, bis nur noch zwei übrig bleiben«, flüsterte der ältere Jäger mir zu.
So viel wusste ich noch. Dann stand Seide vor mir und sagte: »Zwei, dein erster Gegner ist Windrad.« Ein furchtbarer Name. Das Mädchen, zu dem er gehörte, blickte mich finster an. Sie war groß, was bedeutete, dass sie eine gute Reichweite hatte – zumindest besser als meine. Ich sah, wie sie mich ebenfalls musterte.
»Rad«, murmelte die andere Jägerin, als Seide schon zu den Nächsten weitergegangen war.
Seide beendete ihre Runde und holte eine kleine Schachtel. »Der Dienstältere der beiden Gegner zieht eine Nummer, die bestimmt, wann ihr dran seid.«
Ich stand wartend daneben, während Rad unsere Nummer zog. Sie war zweifellos schon länger Jägerin als ich, auch wenn ich eine gefährliche Mission erfolgreich beendet und der Enklave ein paar neue Relikte verschafft hatte. Sie hielt das Holzstück in die Höhe, damit auch ich die 5 darauf sehen konnte. Gut, ein paar würden vor uns kämpfen, aber nicht so viele, dass ich während des Wartens nervös werden würde.
Rad stellte sich neben mich. »Mach dir keine Sorgen. Es geht schnell vorbei.« Ihr Ton war freundlich. Das war ich nicht gewohnt.
»Ich erwarte eine gute Show«, befahl Seide. »Und jetzt los!«
Ich bewegte mich mit dem Knäuel aus Jägern zur Rückwand des Raumes, wo wir uns in geordneter Formation aufstellten. Nach und nach kamen auch die anderen Bewohner und bildeten einen Kreis um den Ring. Als Balg hatte ich mich immer bis nach vorne durchgeboxt und mich dann vor den Ring gekniet, damit niemand sich beschweren konnte, ich würde ihm die Sicht versperren. Bei so vielen von diesen Turnieren hatte ich nur zugesehen, und jetzt würde ich endlich selbst an einem teilnehmen.
Aus Sicherheitsgründen verwendeten wir keine Waffen. Die Paarungen wurden ausgelost, was bedeutete, dass die unterschiedlichsten Niveaus aufeinandertrafen. Ich beobachtete den Kampf zwischen einer hochgewachsenen, schlanken Jägerin und einem älteren männlichen Jäger. Sie kämpfte hart, aber seine größere Erfahrung gab schließlich den Ausschlag. In der nächsten Runde traten zwei Männer gegeneinander an. Sie umkreisten sich, doch der Ältere hatte die größere Reichweite und das bessere Timing. Seine Schnelligkeit würde den Kleineren eines Tages überlegen machen, aber im Moment fehlte ihm noch die Erfahrung, um sie zu einem Sieg zu nutzen.
Die ersten beiden Kämpfe waren also schnell vorbei. Die Gegner waren einfach zu ungleich. Jeder andere Ausgang wäre einer Schiebung gleichgekommen, und so was taten Jäger einfach nicht. In den nächsten beiden aber standen sich erfahrene Jägerinnen und Jäger gegenüber, die so erbittert und elegant zugleich kämpften, dass ich wie alle anderen auf Zehenspitzen umherhüpfte, kreischte und schrie.
Dann war ich dran.
Mit pochendem Herzen betrat ich in den Ring und ging
gegenüber von Rad in Position. Sie sah wild entschlossen und konzentriert aus. Auf Seides Zeichen hin wandten wir uns einander zu und verneigten uns.
»Fangt an!«
Wir umkreisten einander. Rad schien Respekt vor mir zu haben und darauf zu warten, dass ich als Erste in die Offensive ging. Ich nahm es als Kompliment. Als sie aber merkte, dass ich ihr diesen Gefallen nicht tun würde, wirbelte sie herum, um ihren ersten Schlag anzubringen. Ich sprang zur Seite, und ihr Bein zischte wie eine Sichel an mir vorbei. Als ich wieder auf dem Boden landete, tat ich so, als würde ich das Gleichgewicht verlieren, in der Hoffnung, Rad würde sofort nachsetzen. Sie tat es nicht. Stattdessen grinste sie mich nur an und schüttelte den Kopf.
Rad blockte meine beiden Faustschläge und konterte mit einem Tritt nach meinem Knie. Ich packte ihren Arm und verdrehte ihn, um sie zu Boden zu werfen. Ha. Das hast du nicht kommen sehen, wie? Sie schlug hart auf dem Rücken auf, zog mich aber mit und warf mich über sich. Ich rollte mich ab und kam mit einer geprellten Schulter wieder auf die Füße. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf ihre Bewegungen, und der Lärm der johlenden Menge um uns herum wurde immer leiser.
Es folgte ein Wirbel von gegenseitigen Treffern und Abwehrschlägen. Meine Schnelligkeit half mir, aber als Rad einen ihrer Hiebe ins Ziel brachte, schüttelte der Treffer meinen ganzen
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