Die Entdeckung der Erde
drei Personen gleichzeitig darin waschen oder baden konnten.
Ueber die zwei Tagereisen von Damaskus entfernten Städte Galad und Salkah gelangte Benjamin von Tudela nach dem von Salomo erbauten Balbek, dem Heliopolis der Griechen und Römer, im Thale des Libanon; weiter nach Tadmor, dem heutigen Palmyra, das vollständig aus großen Felsblöcken erbaut ist. Durch Cariatin wandernd, macht er einmal Rast in Hama, das zum Theil durch das Erdbeben zerstört war, welches im Jahre 1157 so viele Städte Syriens sehr hart betraf.
In seinem Berichte folgt nun eine trockene Aufzählung von ihm berührter Städte, bei denen er sich darauf beschränkt, nur deren Namen anzuführen, als: Halab, Beles, Kalatdajbar, Racca, Harran, der Hauptort der Sabiner, Nisibe, Dejeziret, dessen türkischer Name Kora ist, Mossul am Tigris und am Anfange Persiens, und Ninive, von wo aus der Reisende nach dem Euphrat, Rahaba, Karkesia, Juba, Abkera und endlich nach Bagdad, der Residenz des Kalifen, zurückkehrt.
Bagdad gefällt unserem israëlitischen Reisenden ausnehmend gut. Es ist eine große Stadt, drei Meilen im Umfange, in der sich Hospitäler für »gewöhnliche« Kranke und solche für Juden befinden. Gelehrte, in allen Fächern der Wissenschaften bewanderte Philosophen und in allen Arten der Zauberei erfahrene Magiker strömen hier von allen Himmelsgegenden her zusammen. Es ist die Residenz und die Hauptstadt eines Kalifen; nach mehreren Gelehrten hätte das Mostaidjed sein müssen, der über das westliche Persien und das Land längs des Tigris herrschte. Dieser Kalif besaß einen sehr großen Palast inmitten eines, von einem Nebenarm des Tigris bewässerten Parkes, in welchem wilde Thiere hausten. In mancher Hinsicht verdient dieser Herrscher allen Potentaten der Erde als Vorbild aufgestellt zu werden. Er ist ein guter, wahrheitsliebender, leutseliger und gegen Alle, die mit ihm zu thun haben, stets höflicher Mann. Dabei lebt er nur von seiner Hände Arbeit und verfertigt mit seinem Namenszuge bezeichnete Decken, welche er durch die Prinzen seines Hauses auf dem Markte verkaufen läßt, um die Unkosten der Hofhaltung zu decken. Seinen Palast verläßt er im Laufe des Jahres nur ein einziges Mal, und zwar bei Gelegenheit des Ramadan-Festes, wo er sich nach der Moschee in der Nähe des Thores von Bassorah begiebt, um als Iman functionirend seinem Volke das Gesetz auszulegen. Dann kehrt er auf anderem Wege nach dem Palaste zurück, während die von ihm erwählte Straße das ganze Jahr über bewacht wird, um zu verhüten, daß irgend Jemand die Spuren seiner Tritte entweihe oder zerstöre. Alle Brüder des Kalifen bewohnen mit ihm einen und denselben Palast; jeder von ihnen wird mit aller Auszeichnung behandelt und sie besitzen die Oberhoheit von Städten und Flecken, welche ihnen genügende Einkünfte sichert, ein angenehmes Leben zu führen. Da sie sich aber einmal gegen ihren Souverän empört hatten, wurden sie mit eisernen Ketten gefesselt und erhielten seit dieser Zeit eine Wache vor das Haus gestellt.«
Nach Kenntnißnahme dieser Einzelheiten begab sich Benjamin von Tudela weiter nach dem spitzen, vom Euphrat und Tigris bewässerten Winkel Kleinasiens hinab und ging über Gihiagin und Babylon, die Stadt der Ruinen, deren früheres Straßennetz einen Raum von dreißig Meilen Umfang bedeckte. Unterwegs sah er den »feurigen Ofen«, in welchen einst Ananias, Misaël und Azarias geworfen wurden, ferner Hillah und den Thurm von Babel, den er mit folgenden Worten beschreibt: »Solches ist der Thurm, den die in alle Länder zerstreuten Völker erbaut haben. Er ist aus Ziegelsteinen errichtet; die Länge seiner Grundmauern beträgt etwa zweitausend, die Breite derselben zweihundertvierzig Armlängen, seine Höhe gegen hundert Ruthen. Von zehn zu zehn Armlängen besitzt er Wege, welche in Form von Wendeltreppen nach seinen oberen Theilen führen. Von diesem Thurme aus übersieht man das Land in einem Umkreise von zwanzig Meilen, denn die Umgebung ist weithin ziemlich eben; doch das Feuer des Himmels fiel auf den Thurm herab und zerstörte ihn wieder bis zum Grunde«.
Von Babel begab sich der Reisende nach der am Euphrat gelegenen Synagoge Ezechiel’s, einem hervorragenden Heiligthume, nach dem die Gläubigen wallfahrten, um sich an dem von des Propheten Hand geschriebenen, großen Buche zu erbauen. Weiter zog er ohne Aufenthalt durch Alkotzonath, Ain-Japhata, Lephras, Kephar, Kuffa, Sura, ehedem Sitz einer berühmten jüdischen
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