Die Entdeckung der Erde
10.000 Stuten, deren Milch ausschließlich für die Prinzen aus königlichem Blut bestimmt war.
Marco Polo fährt mit folgenden Worten fort: »Diese zweite Mauer hat ebenfalls fünf Thore an der Mittagseite, ähnlich denen der äußeren Mauer. An den anderen Seiten haben die Mauern nur je ein Thor. In der Mitte derselben befindet sich nun der Palast des Groß-Herrn, von dem ich Euch in Folgendem eine Beschreibung gebe. Er ist größer, als man jemals einen sah. Eine zweite Etage besitzt er zwar nicht, doch liegt das Erdgeschoß zehn Handbreiten höher als der Boden der Umgebung. Das Dach desselben ist sehr hoch; die Wände der Säle und Zimmer sind mit Gold und Silber bedeckt, und hat man an denselben Drachen, wilde Thiere, Vögel, Pferde und andere Thiere dargestellt, so daß man nichts sieht als Gold und Malereien. Der Hauptsaal ist so groß und breit, daß 6000 Menschen darin speisen können.
Der Palast enthält so viel Räumlichkeiten, daß es ein Wunder ist, sie zu sehen. Er ist so groß und so schön, daß kein Mensch auf der Erde, auch wenn er die Macht dazu hätte, einen besseren errichten lassen könnte. Das Dach darüber ist ganz ausnehmend hoch, grün, blau, gelb und von anderen Farben, und so herrlich gefirnißt, daß es wie Krystall spiegelt und ringsumher leuchtet. Dabei ist dieses Dach so stark und solid hergestellt, daß es gewiß viele Jahre aushält. Zwischen den Mauern befinden sich Wiesen mit prächtigen Bäumen und mancherlei Thieren. Da giebt es weiße Hirsche, Thiere, welche den Moschus liefern, Ziegen, Damhirsche, Fehs und andere Arten schöner Thiere, welche den ganzen Raum innerhalb der Mauern, mit Ausnahme der für die Menschen bestimmten Wege, füllen. Auf der einen Seite, nach Nordwesten zu, liegt ein sehr großer See mit den verschiedensten Fischen, denn der Groß-Herr hat mancherlei hineinsetzen lassen, und so kann er, sobald er das wünscht, davon ganz nach Belieben haben. Aus diesem See entspringt ein großer Fluß, der nach außen abfließt; man traf aber durch aufgespannte Eisen-und Erzfäden eine Vorrichtung, daß kein Fisch entschlüpfen kann. Gegen Norden, einen Bogenschuß weit vom Palaste, hat der Groß-Herr eine Anhöhe aufschütten lassen. Es ist das ein über hundert Schritt hoher Berg, der im Umfange mehr als eine Meile mißt. Derselbe ist bedeckt mit Bäumen, welche ihre Blätter niemals verlieren, sondern stets grün bleiben. Vernehmt auch, daß der Groß-Herr, sobald er von einem besonders schönen Baum hörte, denselben mit allen Wurzeln und dem anhängenden Erdreich ausheben und durch seine Elephanten nach dem Berge schaffen ließ, so daß er immer gleich große Bäume einsetzte. So besaß er wirklich die schönsten Bäume der Welt. Der Groß-Herr ließ auch den ganzen Berg mit einer besonderen Art Azur bedecken, der lebhaft grün aussieht, so daß die Bäume grün erscheinen, der Berg selbst ebenfalls grün und man nichts Anderes sieht als grün, weshalb der Berg auch den Namen »der grüne Berg« führt. Auf der Mitte seines Gipfels steht weiter ein großer, schöner und wiederum durchwegs grüner Palast. Dieser Berg, die Bäume und der Palast bieten einen so reizenden Anblick, daß Alle, die es sehen, davon entzückt sind, und der Groß-Herr hat diesen Berg auch nur aufschütten lassen, um sich ein so eigenthümliches Vergnügen zu verschaffen.«
Nach dem Palaste des Khans beschreibt Marco Polo den seines Sohnes und Thronerben; dann die Stadt Cambaluc selbst, welche er als eine alte Stadt schildert, die von den neueren Bauten Taidus durch einen Kanal getrennt wird, der das heutige Peking in eine tatarische und eine chinesische Hälfte scheidet. Als scharfer Beobachter belehrt uns der Reisende auch über das Thun und Treiben des Kaisers. Seinem Berichte nach hat Kublaï-Khan eine Leibwache von 2000 Reitern, welche er »jedoch nicht etwa aus Furcht unterhält«. Seine Mahlzeiten sind wirkliche Feierlichkeiten, bei denen die strengste Etiquette herrscht. An seiner über die anderen etwas erhöhten Tafel hat er zur Linken seine erste Frau, zur Rechten und etwas tiefer seine Söhne, Neffen und andere Verwandte; bedient wird er durch hohe Reichsbarone, welche darauf achten, Mund und Nase mit schönen, golddurchwirkten Tüchern zu verschließen, »damit ihr Athem und Geruch nicht die Speisen und Getränke des Groß-Herrn berühren«. Will der Kaiser trinken, so beginnt sofort ein Concert von vielen Instrumenten, und wenn er das Trinkgefäß in der Hand hält, fallen
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