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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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irgend eine abenteuerliche Eroberung einen Namen zu machen. Eine günstige Gelegenheit bot sich ihm durch Folgendes.
    Nahe der Küste Afrikas befindet sich eine Inselgruppe mit dem Namen der Canarischen Inseln, welche früher die Inseln der Glückseligkeit hießen. Juda, ein Sohn des Königs Numidias, sollte sie, der Sage nach, schon gegen das Jahr 776 der römischen Zeitrechnung nach besucht und erforscht haben. Im Mittelalter landeten, wie man aus Ueberlieferungen weiß, Araber, Genuesen, Portugiesen, Spanier und Biscayenser an dieser interessanten Inselgruppe. Im Jahre 1393 ging ein spanischer Señor, Almonaster, der Befehlshaber einer spanischen Flottenabtheilung, hier an’s Land, durchstreifte Lancerote, eine der Canarien, und brachte außer einer Anzahl Gefangener eine Menge Naturerzeugnisse als Belege für die große Fruchtbarkeit des Archipels mit heim.
    Diese Thatsachen trieben den normannischen Ritter zur Ausführung seiner Pläne. Die Eroberung der Canarien schwebte ihm vor den Augen und nebenbei wollte er als frommer Christ die Bewohner der Insel zum katholischen Glauben bekehren. Er war ein kühner, intelligenter, geschickter und an Hilfsquellen reicher Mann. So verließ er denn sein Hôtel de Grainville-la-Teinturière in Caux und begab sich nach la Rochelle. Dort traf er mit dem umherirrenden Ritter Gadifer de la Salle zusammen, der ebenfalls auf Abenteuer auszog. Johann von Bethencourt theilte Gadifer seine Absichten mit. Gadifer machte ihm den Vorschlag, sein Glück in Verbindung mit ihm zu versuchen. Zwischen Beiden wurden »ungeheuer viel schöne Worte« gewechselt und die Sache endgiltig beschlossen.
    Inzwischen hatte Johann von Bethencourt seine Armee gesammelt. Er besaß gute Schiffe mit ausreichender Mannschaft und Proviant. Gadifer und er gingen unter Segel und kamen, nachdem sie bei der Insel Ré durch widrige Winde und noch mehr durch wiederholte Zwistigkeiten unter den Leuten längere Zeit aufgehalten worden waren, in den Hafen von Vivero, an der Küste von Galice, und später nach Corogne. Hier blieb Johann von Bethencourt mit seinen Biedermännern volle acht Tage. Die Franzosen hatten einige Streitigkeiten mit einem gewissen Grafen von Schottland, der ihren Anordnungen nicht Folge leisten wollte, doch ging Alles noch mit einem bloßen Wortwechsel ab. Der Baron stach wieder in See, schiffte um Cap Finisterre, folgte der portugiesischen Küste bis zum Cap Saint Vincent und gelangte nach dem Hafen von Cadix, in dem er ziemlich lange Halt machte. Daselbst entstanden auch einige Zänkereien mit genuesischen Kaufleuten, welche ihn beschuldigten, sich unrechtmäßiger Weise ein Schiff angeeignet zu haben, in Folge dessen er sich sogar nach Sevilla begeben mußte, wo der König ihm jedoch volle Gerechtigkeit widerfahren ließ und ihn von der Anklage freisprach. Johann von Bethencourt kam also nach Cadix zurück und traf dort einen Theil seiner Mannschaft in heller Empörung an. Viele Matrosen wollten, erschreckt durch die Gefahren der Expedition, die Fahrt nicht weiter fortsetzen. Der französische Ritter behielt nur die Muthigen bei sich und ließ die anderen ihres Weges ziehen, dann setzte er sofort Segel bei und steuerte auf das hohe Meer hinaus.
    Drei Tage lang wurde das Schiff des Barons durch Windstillen zurückgehalten; als sich das Wetter geändert hatte, erreichte er eine der kleineren Inseln der Gruppe der Canarien, nämlich Graciosa, und endlich eine bedeutendere Insel, Namens Lancerote, deren Länge vierundvierzig und deren Breite sechzehn Kilometer beträgt, die also ungefähr die Größe und nahezu die Form der Insel Rhodus hat. Lancerote ist reich an Weideplätzen und fruchtbarem Ackerlande, das sehr viel Gerste erzeugt. Wasserkünste und Cisternen liefern ihr reichliches gutes Wasser. Die Farbpflanze Orseille wächst hier im Ueberfluß. Die Einwohner dieser Insel, welche fast nackt zu gehen pflegen, sind groß und schön gewachsen, und ihre Frauen, welche Lederüberröcke tragen, die bis zur Erde reichen, sehr schön und ehrbar.
    Johann von Bethencourt wollte sich, bevor er mit seinem Eroberungsprojecte offen hervortrat, wenigstens die Ergebenheit einer Anzahl der Bewohner versichern. Er kannte jedoch das Land nicht und die Sache bot unerwartete Schwierigkeiten. Er zog sich also einstweilen in den Schutz einer kleinen, mehr im Norden gelegenen Insel zurück, versammelte dort seinen Kriegsrath und legte diesem die Frage vor, was zu beginnen sei? Die allgemeine Meinung sprach sich

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