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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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genannt werden. Zunächst einmal sind die Fakten wichtig, die sich aus der Beobachtung des Konkreten und aus der Herleitung der natürlichen Entstehung und der Überformung durch den Menschen ergeben, dann erst die Ideen, die damit verbunden wurden und werden. Doch schließlich ist es bezeichnend, was Menschen über diese Landschaft dachten: Sie hielten sie für erhaben oder wild. Daher wurde sie oft gemalt, daherdiente sie als Kulisse für Indianerabenteuer, und daher wurde und wird sie auch heute noch gerne von Touristen besucht, die die materielle Welt von Tal und Gebirge vor sich sehen, die Einzelheiten zu einem Ganzen verbinden und dabei auch die immateriellen Werte berücksichtigen – als wichtiger Teil der kulturellen Bedeutung des Elbtals oberhalb von Dresden.

10 Landschaft in Raum und Zeit
Tatsächlicher Wandel und angestrebte Stabilität
    In den letzten Kapiteln wurden einzelne Faktoren dargestellt, die stets auf Landschaften einwirkten und dies auch weiterhin tun; an einem konkreten Beispiel wurde das Zusammenwirken dieser Faktoren gezeigt. Stets bestimmten zahlreiche natürliche Faktoren das Erscheinungsbild von Landschaften, einige von ihnen isoliert, andere im Ökosystem gebündelt. Es kamen verschiedene Einflüsse des Menschen hinzu, die das Bild der Landschaft ebenfalls formten. Sie konnten von interpretierenden Beschreibungen zu einzelnen Landschaften und zu deren Typen beeinflusst sein. Alles Materielle, das sich als Folge natürlicher oder menschlicher Einflüsse in Landschaften ausprägte, Berg und Tal, Vegetation, Siedlungen usw., ist dem permanenten Wandel unterworfen. Dieser Wandel kann natürlicherweise bestehen oder vom Menschen ausgehen. Einige Wandlungsprozesse können abrupt auftreten und sich von einem Moment zum anderen erneut bemerkbar machen, andere Formen von Dynamik wirken sich eher langsam und allmählich aus.
    Menschen stemmen sich gegen jegliche Dynamik; sie wollen in einer stabilen Umwelt leben. Dieser Wunsch basiert auf Vorstellungen, die dem Wandel alles Materiellen widersprechen. Nur mit großen Anstrengungen kann es gelingen, eine Zeitlang Stabilität zu erreichen und, bildlich gesprochen, Haus und Hof zu bewahren. Alle Vorstellungen zur Stabilität von Umwelt, Ökosystem oder Landschaft sind immateriell, genauso wie alle erklärenden Beschreibungen, Ideen und Metaphern zu Landschaften.
    Aus den Befunden zur Geschichte und zum heutigen Bild von Landschaften, mit und ohne Einfluss des Menschen, ergeben sichwichtige Hinweise, aus denen sich Grundsätzliches über das Werden von Landschaften ableiten lässt. Der Zeitraum, in dem sich Landschaften bis zum heutigen Tag entwickelten, hatte keinen fixierbaren Beginn. Stets wandelte sich ihr Bild, zunächst einmal allein durch natürliche Prozesse, die sich bereits abspielten, bevor Menschen erstmals an einem bestimmten Ort auftauchten. Wie die Landschaft «vor dem Menschen» aussah, lässt sich nicht genau beschreiben, nur erschließen (etwa durch Fossilienfunde) und konstruieren. Im Lauf der Zeit nahm die Vielfalt an natürlichen Entwicklungen, die auf einen Raum einwirkten, immer weiter zu. Immer neue Ablagerungen und Gebirge entstanden, an immer mehr Orten entwickelten sich spezielle Typen von Vegetation.
    In den letzten Jahrtausenden wirkten darüber hinaus von Menschen ausgehende Umgestaltungen und Einflüsse auf Landschaften ein. Sie brachten neue Dynamik mit sich. Spuren älterer Entwicklungen wurden damit aber nicht gänzlich weggewischt. Sie sind weiterhin präsent, etwa in Strukturen, die von Geologen untersucht werden. Doch es ist ein Irrtum zu meinen, die Entwicklung einer Lebenswelt, die der heutigen immer ähnlicher wurde, sei erst nach der Fertigstellung der geologischen Strukturen erfolgt. Auch setzte der menschliche Einfluss nicht erst ein, als Pflanzen und Tiere bereits «da» waren. Traten neue Entwicklungen in Landschaften auf, entwickelten sich viele andere weiter. Geologische Prozesse dürfen ebenso wenig als abgeschlossen verstanden werden wie die Entwicklung von Tier- und Pflanzenwelt.
    Während sich stetig wandelnde natürliche Einflüsse mit gleichbleibender Intensität auf Landschaft einwirkten, wandelte sich der menschliche Einfluss im Lauf der Zeit mehrfach grundsätzlich, und zwar dadurch, dass neue Formen des Ressourcenerwerbs und der Landnutzung hinzutraten. Menschen lebten zunächst als Jäger und Sammler. Bauern, die viele Generationen später in einer Landschaft siedelten, bauten zwar Getreide

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