Die Entdeckung des Himmels
Straße und auf das Auto, das die Wucht für sie abfing.
Obwohl der Tumult nicht abnahm, war es, als sei plötzlich eine totale Stille eingetreten. Die Scheinwerfer waren gelöscht, Zweige hingen über ihren Köpfen.
»Onno!«
»Ja, ja, alles in Ordnung – aber Ada!«
Sie rappelten sich auf und sahen, starr vor Entsetzen, den Schatten des Stammes, der unter kahlen Zweigen auf dem hellen Verdeck lag.
»Jesus, nein –«, schrie Onno. »Das ist nicht wahr – Ada!«
So schnell sie konnten, befreiten sie sich rutschend und tastend aus dem Chaos und versuchten die Wagentüren zu erreichen, aber es war unmöglich.
»Ada!« schrie Onno wieder.
Er bekam keine Antwort. Halb im Liegen zwängte Max seinen Arm durch die Zweige und versuchte, das Verdeck zu lösen, aber er fand nirgends Halt. »Wir brauchen Hilfe!«
Völlig außer Atem sah er sich um. Gut hundert Meter weiter, in einer Wiese, lag ein Bauernhof, wo noch Licht brannte. Gerade als er hingehen wollte, leuchtete auf der anderen Seite des Straßengrabens eine Taschenlampe auf, und eine Stimme rief:
»Verdammter Mist! Das ist schon der zweite innerhalb von zehn Minuten! Ist da jemand?«
»Hallo! Holen Sie schnell Hilfe!«
»Die Polizei ist schon verständigt.«
»Es muß sofort ein Krankenwagen her!«
Das Licht der Taschenlampe machte einen Bogen und bewegte sich in Sprüngen in Richtung Bauernhof. Verzweifelt und mit all seinen Kräften versuchte Onno, sich einen Weg durch die Äste zu bahnen, aber das Auto war wie in einem Käfig eingeschlossen.
»Gottverdammt!« brüllte er. »Ada! Unser Kind!«
Max erstarrte. Ihr Kind –. Zum zweiten Mal an diesem Tag machte sich dieser monströse Gedanke in ihm breit – er wollte ihn sofort unterdrücken, aber er war bereits da, und jetzt nicht wegen eines Scherzes über den Blitz, sondern während sie unter diesem Berg aus Holz lag und vielleicht tatsächlich tot war. Er bekam das Gefühl, als lege sich ein glänzend schwarzes Leintuch um ihn, das sich wie eine zweite Haut an seinen Körper schmiegte. Im nächsten Augenblick mußte er sich übergeben. Er wandte sich ab und erbrach das Wildschwein. Als er sich aufrichtete, sah er, daß Onno mit dem Gesicht auf einem Arm über den Ästen lehnte und von einem Weinkrampf geschüttelt wurde.
Mit Sirene und roten Signalleuchten näherte sich aus Richtung Dwingeloo die Feuerwehr, gefolgt von einem Polizeiwagen mit Blaulicht. Kurz darauf leuchtete ein greller Scheinwerfer auf, und überall schwärmten Männer in Öljacken aus; rotweiße Bänder wurden über die Straße gespannt, dann kreischten Motorsägen auf und schnitten durch die Äste wie Brotmesser durch Brot. Max und Onno wurden von niemandem angesprochen. Onno registrierte alles, was geschah, lief aber zugleich verstört auf und ab wie ein Tiger im Käfig. Max half beim Wegziehen der Äste und wollte etwas zu ihm sagen, aber er wußte nicht, was, in seinem Mund war nur der bittere Geschmack des Erbrochenen. Der Kofferraum war eingedrückt, die Lochbänder vielleicht verloren. Signalleuchten und Blaulicht überzogen alles rotierend mit einem grausamen Muster, das genau das ausdrückte, was er empfand. Es stürmte und regnete noch immer, aber es schien, als ließe der Sturm jetzt nach.
Als der Fahrgastraum freigesägt war, sah er Ada wie gefaltet unter dem eingedrückten Dach, das keinerlei Schutz geboten hatte, reglos, das Gesicht auf den Knien; der Stamm war direkt neben ihrem Platz niedergegangen, auf seinem. Instinktiv wandte er den Blick ab und sah sekundenlang nicht hin, aber Onno kam stolpernd nach vorne und stützte sich auf die Motorhaube.
Ein Polizeibeamter packte ihn rauh an der Schulter. »Machen Sie, daß Sie wegkommen. Finden Sie den Anblick so schön?«
Zitternd drehte sich Onno um. »Das ist meine Frau.«
Der Beamte ließ ihn los und legte nun beide Hände auf seine Schultern. »Kommen Sie.«
»Lebt sie noch? Ada! Hörst du mich?«
»Kommen Sie.«
Während die Feuerwehrleute vorsichtig das Verdeck lösten und Decken über Ada legten, näherte sich von der anderen Seite mit hoher Geschwindigkeit ein Rettungswagen mit schrillen Sirenen, blendend grellen Scheinwerfern und Blaulicht. Zwei Sanitäter sprangen heraus, und während der eine ans Fahrzeugheck ging, um die Trage zu holen, sprang der andere über die Äste, kniete sich zu Ada und steckte sich ein Stethoskop in die Ohren.
»Sie ist schwanger«, sagte Onno.
Der Sanitäter sah kurz auf und nickte. Ohne sie zu
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