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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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frischen Sachen neben ihr stehen. Der Essensgeruch erzeugte Übelkeit in Sofias Magen. Auf feste Nahrung konnte sie verzichten, aber das Durstgefühl war so quälend, dass sie den Wasserkrug schnell umstieß, damit sie nicht in Versuchung geriet.
    »Hallo.« Jemand rüttelte sie. »Aufwachen.«
    Sie blinzelte den jungen Sklaven an, der neben ihr in der Wasserpfütze kniete, die schon beinahe verdunstet war, und ihr ein Wasserglas an den Mund führte.
    »Du hast zwei Tage nichts mehr getrunken. Ich flehe dich an, tue es, dann werde ich es den Herren verschweigen und du wirst einer Strafe entgehen können. Aber trink jetzt, bitte!«
    Mit glasigen Augen starrte sie auf das Glas. Ein kleiner Schluck. Nur ein ganz winziger! Nur einmal kosten. Erschrocken über ihre Schwäche holte sie aus und schlug dem Jungen das Glas aus der Hand. Es zerschellte laut auf dem Boden.
    Der junge Mann sammelte die Scherben ein, dann erhob er sich resigniert. »Ich wollte dich vor weiteren Schmerzen bewahren, es ist mir nicht gelungen. Schade.«
    »Ich will sterben«, wisperte Sofia mit tränenerstickter Stimme.
    »Das werden sie nicht zulassen. Sie besitzen dich und dein Leben. Wenn sie wollen, dass du lebst, wirst du leben, wenn sie wollen, dass du stirbst, dann wirst du sterben.«
    »Sie können mich nicht zwingen, am Leben zu bleiben«, hauchte Sofia schwach. Seit dem akuten Wassermangel fiel ihr das Sprechen schwer und ihre Umgebung schwankte bedrohlich, wenn sie den Kopf drehte. Im Zimmer war es sehr warm.
    »Das ist eine Fehleinschätzung«, nahm ihr der Junge jede Hoffnung und fügte hinzu: »Morgen wäre der dritte Tag ohne Wasser. Ich werde dein Verhalten jetzt melden, sei denn du kooperierst doch noch?«
    »Geh«, erwiderte sie nur und tauchte unter der Bettdecke ab.

Sorge
    Rene saß in seinem Zimmer, als der junge Sklave eintrat, der zu Rons Inventar gehörte.
    »Herr«, begann er zögerlich. »Ich sollte euch informieren, falls auf dem Schiff etwas Ungewöhnliches passiert.«
    Der junge Mann, der sich bis jetzt auf dem Schiff versteckt gehalten hatte, stand auf. Niemand sollte wissen, dass er ebenfalls mitreiste. Leon hatte ihn um Geheimhaltung gebeten, aber er sollte ein Auge auf die Kleine haben, ohne dass es besonders auffiel. Er hatte also die meiste Zeit lesend auf seiner Kajüte verbracht. Nur der Sklave und Tristan waren informiert. Sie versorgten ihn mit Nahrung und Informationen.
    »Und was ist passiert?«
    »Das neue Mädchen weigert sich, Essen und Wasser aufzunehmen. Sie wird sterben, Herr.«
    Rene verzog sein Gesicht säuerlich. Er musste für eine wichtige Prüfung lernen und hatte keine Zeit, sich um das verschreckte Gör zu kümmern, aber sein Auftrag lautete klar, es lebend nach Marelando zu bringen.
    »Hol Tristan her. Sofort!«, schrie er den armen Kerl an, der zusammenzuckte und hastig nickte, ehe er verschwand.
    Kurz darauf erschien der junge Diener.
    »Tris«, fuhr Rene ihn an. »Du hast nur eine einzige Aufgabe, nämlich dich um Sofia zu kümmern, und die erfüllst du nicht ausreichend! Jetzt bleibt es an mir hängen! Was ist mit dir los, hm?«
    Der Gescholtene trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Sir, ich bin müde und … «
    »Halt deinen Mund! Ich will keine Ausreden hören. Es wurde mir gerade mitgeteilt, dass sie sich im Hungerstreik befindet und auch kein Wasser zu sich nimmt! Was hast du dazu zu sagen?«
    »Wie bitte?!«, hakte Tristan ungläubig nach und seine gefasste Miene entglitt ihm.
    Rene schüttelte seinen Kopf. »Du weißt, wie böse er werden kann, wenn seine Befehle nicht ausgeführt werden. Muss ich dich wirklich daran erinnern?«
    »Ich hatte doch keine Ahnung«, verteidigte sich der junge Diener und fügte hinzu: »Warum macht sie das?«
    »Was weiß ich, was sie dazu veranlasst hat oder in ihrem störrischen Kopf vorgeht, mir auch egal, Hauptsache du treibst ihr die Flausen schnell aus. Zieh alle notwendigen Register, ich habe keine Lust, den Boss anrufen zu müssen, um ihm zu sagen, dass du versagt hast, klar?!«
    Der junge Mann biss sich auf seiner Unterlippe herum. »Ja, Sir.«
    Dann machte er sich wütend, aber auch sehr ratlos auf den Weg zu Sofia. Er verstand nicht, warum das Mädchen ihm derart in den Rücken fiel.

Streik
    Als Tristan eintrat, lag sie eingerollt auf dem Boden. Neben ihr standen unangerührte Speisen und teilweise umgeworfene Getränke.
    Behutsam beugte er sich über sie, legte seine Finger auf ihren Hals und fühlte den Puls. Sie zuckte unter

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