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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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die ihr Lächeln erwiderte.
    »Du bist nicht mehr Böse?«, wollte sie zaghaft wissen, während sie an dem Tee nippte.
    »Nein«, sie schüttelte den Kopf. »Aber benimm dich ab jetzt, denn wir alle tragen immer einen Teil der Strafe mit, so wollen sie verhindern, dass wir allzu aufmüpfig werden, denn wer möchte schon dafür verantwortlich sein, wenn die anderen sechs für die eigene Dummheit mitleiden müssen.«
    Sofia nahm einen tiefen Schluck.
    Samstag füllte einen Teller mit geschnittenem Obst sowie Gemüse und stellte ihn vor Sofia ab. »Also dann, da du die anderen drei schon kennst, stell ich mich vor. Ich bin Samstag und war die erste Frau in Tom van Darksons Sammlung. Ich hab aufgehört, die Jahre zu zählen, die ich nun schon hier bin.«
    »Was?«, entfuhr es Sofia. »Hast du nie versucht, zu fliehen?«
    Samstags Tonlage wurde tiefer. »Doch, genau zwei Male, aber die Bestrafung des letzten Fluchtversuchs hat mich gelehrt, es nie wieder zu tun.«
    »Tschuldigung«, erwiderte Sofia peinlich berührt. Sie hatte die Frau damit nicht konfrontieren und belasten wollen.«
    »Kein Problem.« Samstag platzierte ihre Tasse klirrend auf dem Tisch. »Es ist dein gutes Recht, zu wissen, ob es Chancen gibt. Aber ich muss dich enttäuschen, egal, was du probierst, es wird nur in Schmerzen enden.«
    »Wie hast du es probiert?« Sofia hatte sich diese Frage nicht verkneifen können.
    »Ich bin krank geworden und sie haben mich auf die Krankenstation gebracht, dort schätzte man meinen Zustand als zu schwach für einen Fluchtversuch ein, sodass man mich ungefesselt ließ. Sobald es mir besser ging, kroch ich in eine Mülltonne, versteckte mich dort die ganze Nacht und hoffte darauf, dass man die Tonne herausbringen würde. Aber sie setzten Hunde ein und fanden mich, bevor der Müll abgeholt wurde.«
    »Und dann?« Sofias Mund wurde plötzlich staubtrocken und die Spannung, die sich über die kleine Gruppe von Mädchen gelegt hatte, knisterte unheilvoll.
    »Und dann?« Samstag lachte humorlos auf. »Folgte die Bestrafung und als wäre das nicht genug gewesen, musste ich die nächsten zwei Wochen jeden Tag isoliert in einer Mülltonne verbringen. Van Darkson meinte, dass er mir gerne meinen dringlichen Wunsch, im Dreck schlafen zu wollen, erfüllen würde.«
    Stille trat ein und Sofia räusperte sich unbeholfen. Doch genauso schnell wie die Ruhe über sie gekommen war, verschwand sie auch wieder und Samstag tippte auf den Teller. »Jetzt iss deine Portion.«
    Sofia stopfte sich gleich zwei Stücke auf einmal in den Mund und kaum hatte sie das Gemüse runtergeschluckt, da drängte sich ihr eine neue Frage auf: »Wo sind die anderen zwei Mädchen?«
    »Heute ist Mittwoch, also ist der Wochentag nicht bei uns und Freitag hat ne Grippe, die arme Maus liegt im Bett und kuriert sich aus.«
    »Ach so.« Sofia angelte sich die Teekanne und goss nach. Die anderen Frauen fingen an, zu reden, manchmal lachten sie auch. Die Fröhlichkeit, die unter den Sklavinnen herrschte, konnte Sofia nicht nachvollziehen, aber sie war schließlich erst wenige Tage in Gefangenschaft, während die anderen Frauen schon mehr Zeit gehabt hatten, sich mit ihrem Schicksal zu arrangieren.
    Irgendwann hielt sie das Gelächter nicht mehr aus. Demonstrativ stand sie auf und ging. Die Kette knirschte über ihr und erzeugte mit jedem Ton ein rasendes Zorngefühl, welches sich zu Hass steigerte. Scheiß Kette. Verdammter Tom.
    Auf dem Weg zu ihrem Zimmer begegnete ihr Samir, der gerade aus einem Zimmer kam, in dem es verdächtig laut hustete. Das musste wohl Freitags Zelle sein.
    Sie wollte sich an ihm vorbeidrängen, aber er dachte nicht daran, ihr Platz zu machen. Erzürnt blinzelte sie ihn an.
    »Sonntag, schön dich wiederzusehen.«
    »Kann ich nicht erwidern«, fauchte sie und zwängte sich an seinem Körper vorbei. Sie bemerkte die Tränen nicht, die über ihre Wangen liefen und hielt auch nicht an, als er ihr etwas hinterher rief. Sie eilte zu ihrem Zimmer und wollte sich im ersten Moment impulshaft aufs Bett werfen, aber sie erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an die Empfindlichkeit des Armbands und ließ sich daher vorsichtig aufs Bett gleiten.
    Sie verbarg ihr Gesicht im Kissen und schluchzte.
    »Was ist los?«, wollte eine Stimme schroff wissen. »Hast du es dir gleich mit den anderen Wochentagen verscherzt, oder was?!«
    Sie senkte das Kissen ein kleines Stück und beäugte Samir, der sich neben ihr aufgebaut hatte, mit verweinten Augen. »Nein«,

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