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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Harold King, hörst du, du Lackaffe? Niemand!«
    »Natürlich nicht«, sagte Julia. »Leo, ich nehme ein Glas Wein. Danke.« Er registrierte, daß ihre Hand zitterte, als sie das Glas festhielt. Nach außen jedoch wirkte sie völlig gelassen. Er konnte es nur bewundern, wie sie mit dem Rohling fertig wurde.
    »Sie haben mich immer sehr neugierig gemacht, Mr. King. Ich hätte Sie gern einmal interviewt. Aber Sie reden nicht mit Journalisten, die für Western arbeiten, stimmt's?«
    »Nein. Leute, die für den Mistkerl arbeiten, kriegen nichts außer einem Tritt in den Hintern«, schnaubte er. Dreist musterte er Julias schlanke Beine. Eilig zog sie ihren Rock über ihre Knie. »Western hat Sie gefeuert, habe ich recht? Warum wollen Sie nicht für mich arbeiten? Sie haben Köpfchen, wenn auch nicht gerade viel Busen. Also, warum nicht, eh? Was hat der Kerl Ihnen bezahlt? Ich biete Ihnen das Doppelte!«
    Schwankend hatte er sich aus dem Sessel erhoben. »Weshalb bleiben Sie nicht sitzen, Mr. King? Dann können wir in Ruhe über die Sache reden.«
    Er zuckte mit den Schultern. Seine Aggressivität legte sich so plötzlich, wie sie gekommen war. »Von mir aus. Von mir aus.« Schwerfällig ließ er sich auf das weiche Polster zurückfallen.
    »Wollen Sie mir nicht etwas über sich erzählen, nun, wo ich einmal hier bin?« fragte Julia. »Es gibt so vieles, was ich gerne von Ihnen wissen würde.«
    King legte seinen Kopf auf die Rückenlehne. »Zum Beispiel? Interessieren Sie sich für meine Lebensgeschichte, für meine Erfolge? Dann kann ich Ihnen nur meine Biographie empfehlen. Ein herzerwärmendes Buch.« Er brach in rohes Gelächter aus. »Aber das ist es nicht, worauf Sie aus sind. Sie haben mir ganz schön zugesetzt mit Ihrer Schnüffelei … Sie sind talentiert, wissen Sie das? Sie waren schon ganz nahe dran. Aber dann ist alles schiefgelaufen. Sie sind Western auf die Schliche gekommen, und er hat Sie rausgeworfen. Ihr Glück. Sonst wären Sie heute nicht mehr am Leben.«
    Leo biß sich auf die Lippen. Julia wurde leichenblaß. »Ja«, sagte sie. »Etwas in der Art habe ich erwartet. Auf Jersey habe ich mich mit einem gewissen Richard Watson getroffen. Ich habe ihm eine Frage gestellt. Wir haben über den Zweiten Weltkrieg gesprochen, und ich wollte wissen, ob er auch getötet hat.«
    Harold King räusperte sich. Julia dachte schon, er würde auf den Teppich spucken. Statt dessen verzog er hämisch das Gesicht. »Der doch nicht. Ein echter englischer Gentleman, ein Mann mit Prinzipien … ein Arschloch, wenn Sie nach meinem Buch gehen.«
    Julia hielt inne. Der Augenblick der Wahrheit näherte sich. King war betrunken. Aber hatte er auch wirklich genug Alkohol intus?
    »Werden denn in Ihrem Buch Menschen getötet?« fuhr sie langsam fort. »Wenn ich Ihnen die gleiche Frage wie Watson stellte, was würden Sie antworten?«
    »Oh, wir sind clever, nicht wahr! Lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen … Was ist am Tod so Besonderes? Jeder muß irgendwann sterben. Was spielt es also für eine Rolle, ob …«
    Er richtete sich abrupt auf, wandte den Kopf und stierte Leo an. »Sie haben mir etwas in den Drink getan, nicht wahr?« Leo schwieg. King lief noch röter an und ballte die Fäuste. Gleich würde er sich auf Leo stürzen.
    Jetzt, dachte Julia, bevor die Situation außer Kontrolle geriet …
    Ihre Stimme durchschnitt die spannungsgeladene Stille. »Mr. King, auch Sie haben am Zweiten Weltkrieg teilgenommen. Ebenso wie Ihr Rivale Western sind Sie in der Sahara gewesen. Nur daß Sie auf der anderen Seite gekämpft haben. Sie gehörten zu Rommels Afrikakorps, nicht wahr? Was haben Sie da draußen in der Wüste verbrochen, daß Sie all die Jahre ein solches Geheimnis daraus machen mußten? Haben Sie etwa wehrlose britische Kriegsgefangene ermordet?«
    Er bekam einen Lachanfall, der nicht enden wollte. Und dann begann er zu reden und zu reden. Die Wahrheit sprudelte aus ihm heraus wie eine Flutwelle, die nicht aufzuhalten war. Die ganze widerliche, abscheuliche Wahrheit über das, was er getan hatte. Plötzlich hielt er inne. Er ballte erneut die Fäuste und torkelte auf Leo zu. »Ich bin betrunken. Ich bin betrunken … du bist schuld, du hast etwas in meinen Drink gekippt … ich bring' dich um …« Er machte einen Satz, doch Leo sprang behende zur Seite. King prallte gegen die Wand und wäre beinahe gestürzt.
    Leo, der sich in Sicherheit gebracht hatte, lachte hämisch und rief: »Und ob ich das getan habe.

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