Die Entlarvung
sich keine Sorgen, ich habe alles durchdacht. Für mich steht schließlich auch einiges auf dem Spiel.«
Julia stand auf und gab Derwent die Hand. »Ich denke, es ist richtig, daß wir etwas riskieren. King ist ein schlechter Mensch. Er wird Zeit, daß ihm jemand das Handwerk legt. Viel Glück, Leo.«
Sein Händedruck war immer noch so schlaff wie vor all den Jahren, als sie ihn zum erstenmal bei William Western getroffen hatte. Irgendwo in einer Kiste lag der unveröffentlichte Artikel, den sie damals über ihn geschrieben hatte. Welch eine Ironie, daß das Schicksal sie unter diesen Umständen wieder zusammengeführt hatte. »Das gleiche wünsche ich Ihnen«, erwiderte er. »Glück können wir beide gebrauchen.«
Dann brach er auf. Julia blieb noch für einen Augenblick in dem Raum sitzen. Zwei der Gäste schauten zur Tür herein, lächelten ihr kurz zu und zogen sich wieder zurück. Dies war der letzte Abend, den sie allein verbringen wollte, entschied Julia.
Kapitel 11
»Daddy«, sagte Gloria. »Sei bitte nett zu ihm, ja?«
Harold King war äußerst schlecht gelaunt. Er hatte keine Lust, noch einmal auszugehen und ins Regent Hotel zu fahren. Dieses Treffen brachte nicht nur seinen Abend durcheinander, es hatte ihm auch schon den ganzen Tag über die Laune verdorben. Glorias Bettelei ging ihm zusätzlich auf die Nerven. »Sie ist total verrückt nach ihm«, hatte Marilyn gesagt. Gloria gab sich tatsächlich keine Mühe mehr, ihre Gefühle für Derwent zu verbergen. King kochte vor Wut und Eifersucht. Da half es auch nichts, daß Gloria sich jetzt an seinen Hals hängte und ihn mit Liebkosungen umschmeichelte.
»Ob ich nett bin oder nicht, hängt davon ab, was er von mir will«, knurrte er. »Wenn er meint, daß ich ihn in den Ministersessel hineinhieve, dann hat er sich gründlich getäuscht.«
Gloria wandte sich ab. »Ich bin sicher, daß es um nichts dergleichen geht«, sagte sie pikiert. »Er würde es nie wagen, dich auszunutzen.«
»Weil er weiß, daß er bei mir auf Granit beißt.«
Gloria trat ein paar Schritte zurück. »Und wenn er nun über mich sprechen möchte?«
Er starrte sie böse an. »Wieso sollte er? Was gibt es da zu besprechen?«
»Unsere Beziehung …«, stammelte sie, den Tränen nahe. Sie wußte, wie grob und unbarmherzig er mit anderen umspringen konnte, hatte es aber am eigenen Leib bisher selten erlebt.
»Deine Beziehung geht mich nichts an. Was bist du denn, ein Kind? Du steigst mit dem Mann ins Bett, bitte sehr. Das ist dein Vergnügen. Aber mich verschonst du damit besser. Du weißt, wie ich über den Kerl denke. Und ich habe meine Meinung nicht geändert. So, jetzt gehe ich. Hoffentlich hat Derwent einen triftigen Grund für all dieses Theater, sonst mache ich Hackfleisch aus ihm.« Er stürmte aus dem Raum.
Sprachlos sah Gloria ihm nach. Die Art, wie er mit ihr umsprang, begann sie zu verärgern. Gelegentlich nahm er sich einfach zuviel heraus. Sie wußte selbst nicht genau, weshalb Leo ihn sprechen wollte. Er hatte lediglich die eine oder andere Andeutung fallenlassen. »Wenn du dich je entscheiden solltest zu heiraten«, hatte er neulich erst bemerkt, »müßte dein Vater natürlich einverstanden sein, nicht wahr?«
Sie selbst ertappte sich in letzter Zeit immer öfter dabei, daß sie sich eine festere Beziehung zu Leo vorstellen konnte. Die sporadischen Schäferstündchen und gelegentlichen Treffs reichten ihr nicht mehr. Sie genoß es, ganze Nächte mit ihm zu verbringen und morgens neben ihm aufzuwachen, auch wenn ihrem Vater das nicht gefiel.
Ihre Mutter saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Die Villa war mit einem Satellitenempfänger ausgestattet, so daß sie Programme aus aller Welt empfangen konnten. Marilyn schwärmte für Sky-TV Sie war hoffnungslos oberflächlich und dumm, dachte Gloria.
»Ist dein Vater schon weg?« erkundigte sie sich jetzt und wandte die Augen für einen Moment vom Bildschirm ab. »Was ist los? Du siehst so merkwürdig aus.«
Gloria hatte sich ihrer Mutter nie anvertraut, auch als kleines Kind nicht. Unvorstellbar, sich bei ihr über den Vater zu beschweren. »Nichts ist los. Müssen wir uns diesen Unsinn ansehen?«
Marilyn war an Glorias Schelte gewöhnt. Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. »Müssen mußt du nicht. Es gibt noch so viele andere Fernseher in diesem Haus. Ich jedenfalls sitze vor diesem hier und denke nicht daran, daß Programm zu wechseln.« Mit einem lauten Knall schlug Gloria die Tür hinter sich zu, als
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