Die Entlarvung
anrufen und die frohe Botschaft mit Ihnen teilen …«
»Julia ist in Gstaad«, erwiderte Ben langsam. »Ich dachte, Sie wären bei ihr …«
»Ich? Ich bin im grauen London, in meinem Büro. Sagen Sie mal, geht es Ihnen nicht gut, Ben?«
Ben holte tief Luft. »Doch, jetzt schon … Entschuldigen Sie, Felix. Was weiß man in der Redaktion? War es ein Unfall? Und stimmt es, daß er in schlechter Verfassung gewesen sein soll?«
»In sehr schlechter«, erwiderte Felix. »Angeblich war er betrunken. Es gibt Zeugen, die gesehen haben, wie er durch die Gegend getorkelt ist.«
»Aber er war doch ein strikter Alkoholgegner … Hat nie einen Tropfen angerührt.«
»Nun, es sieht ganz so aus, als ob er sich letzte Nacht nicht an seine goldene Regel gehalten hat«, antwortete Felix. »Vielleicht, weil dieser Joe Patrick verhaftet worden ist. Ihm wird der Mord an der Witwe vorgeworfen, deren Tod sich Julia so zu Herzen genommen hat. Es muß alles kurz hintereinander passiert sein. Zuerst ist der Handlanger geschnappt worden, dann hat King sich betrunken und ist gegen einen Baum gerast. Was machen Sie eigentlich zu Hause? Wieso sind Sie nicht bei Julia? Und wie, zum Teufel, sind Sie auf die Idee gekommen, daß ich bei ihr sein könnte?«
»Wollen wir die Flasche nicht zusammen aufmachen?« schlug Ben vor. »Das heißt, nur wenn es Ihnen nichts ausmacht, sie mit einem Esel zu teilen.«
Felix Sutton lachte. »Ich trinke mit jedem, solange ich nicht bezahlen muß. Sagen wir, gegen sieben, okay?« Dann legte er auf.
Joe Patrick war wegen des Mordes an Jean Adams verhaftet worden. Davon hatte Ben überhaupt nichts mitbekommen. Er war so sehr mit Lucys Abreisevorbereitungen beschäftigt gewesen, daß er in keine Zeitung geblickt und keine Nachrichtensendung verfolgt hatte.
Jetzt schaltete er den Fernseher rechtzeitig für die Zwölf-Uhr-Nachrichten ein. Dem Unfall wurde ein ausführlicher Bericht gewidmet. Aufnahmen von Harold King flimmerten über den Bildschirm, Medienexperten kamen zu Wort. Und dann, völlig unerwartet, tauchte William Western auf.
»Wir haben einen außergewöhnlichen Vertreter der modernen Verlags- und Kommunikationswelt verloren«, verkündete er mit ernster Miene. »Ich habe Harold Kings Ansichten nicht immer geteilt, aber sein Einsatz und seine Kompetenz verdienen unser aller Respekt. Wir Angehörigen der Medien werden ihn sehr vermissen.«
»Das darf doch nicht wahr sein!« rief Ben empört und verbannte Westerns verlogenes Gesicht vom Bildschirm, indem er das Gerät abschaltete.
Dann griff er zum Telefon und bat um eine Verbindung in die Schweiz.
»Ich dachte nicht, daß du mir verzeihen würdest«, sagte Julia. »Ich habe nicht damit gerechnet, daß …«
»Ich auch nicht«, fiel Ben ihr ins Wort. »Wann kommt dein Flugzeug an?«
»Um sechs Uhr Londoner Zeit. Ben, ich kann es kaum erwarten, endlich nach Hause zu kommen. Bist du sicher, daß es dir nichts ausmacht, mich abzuholen? Ich habe dir soviel zu erzählen. Ich bringe ein Band mit, auf dem Kings Geständnis aufgezeichnet ist. Merkwürdigerweise bin ich nicht so froh darüber, wie ich es sein sollte … Die Sache hat einen üblen Beigeschmack – aber ich mußte es tun, ich hoffe, du verstehst … In meinem Brief habe ich ja versucht, dir alles zu erklären.«
»Ich weiß«, sagte er. »Darüber reden wir später. Eines ist wenigstens erreicht – Gerechtigkeit für Jean Adams.«
»Ja, das ist das einzig wirklich Gute an allem. O Ben, ich möchte mit dir reden, möchte dir sagen, daß …«
Ben Harris unterbrach sie sanft. »Es gibt einiges, was wir besprechen müssen, Julia. Wir sehen uns um sechs.«
»Du warst großartig, Billy«, begeisterte sich Evelyn Western. »So würdevoll und generös. Du hast genau die richtigen Worte gefunden. Ach, was für eine wunderbare Erleichterung!«
Unter dem Tisch drückte er ihre Hand. Sie saßen im Connaught und aßen zu Mittag. Evelyn sah so lebendig, so schön aus, daß es eine Freude war, sich mit ihr zu zeigen.
Er fühlte sich zwanzig Jahre jünger. Er konnte nicht aufhören zu lächeln. »Den Gerüchten nach«, erzählte er seiner Frau, »hat er Selbstmord begangen. Er soll völlig betrunken gewesen sein. In der gleichen Nacht ist doch auch dieser Ire wegen Mordes an Jean Adams verhaftet worden. Ich denke, King wußte, daß das Spiel aus war, und hat sich umgebracht, bevor er selbst hinter Gittern gelandet wäre. Nun, meine Liebe, laß uns auf den glücklichen Ausgang anstoßen.
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